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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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realistisch einzuschätzen – und er wusste, was er wollte.
    Â»Warum möchtest du ausgerechnet hier studieren? Was ist daran so wichtig?«, hakte ich nach.
    Â»Wie gesagt«, wieder zuckte er mit den Schultern und lächelte mich ein bisschen schief an, »das ist eine der renommiertesten Hochschulen in ganz Europa. Wer hier seinen Abschluss macht, hat einen guten Job quasi in der Tasche.«
    Â»Und warum ist dir das so wichtig?« Ich ließ nicht locker. »Willst du bloß unfassbar reich oder unfassbar berühmt werden? Ist das alles, was dich im Leben interessiert?« Ich merkte selbst, dass meine Frage beinahe ein bisschen scharf geklungen hatte, aber Felix ging mit einem Lachen darüber hinweg.
    Â»Nein, das Geld interessiert mich nicht im Geringsten. Aber es ist doch so: Nur wenn man Erfolg und genug Geld hat, ist man wirklich unabhängig. Und das möchte ich sein: unabhängig!« Felix sprach mit Nachdruck, doch das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden, und ich beschloss, nicht weiter nachzufragen.
    Â»Sag mal«, wechselte Felix abrupt das Thema. »Hast du eigentlich auch so einen Hunger?« Mit einem vernehmlichen Knurren gab mein Magen für mich die Antwort.
    Â»Los, lass uns was essen gehen.« Wieder übernahm Felix wie selbstverständlich die Führung, und nach zehn Minuten Fußweg gelangten wir in eine belebte Straße, in der sich Cafés und Restaurants aneinanderreihten und durch die sich die Touristenströme schoben. Zielsicher dirigierte Felix mich zu einer Bar an einem kleinen Platz, in dessen Mitte Bäume und ein Brunnen standen. Wir suchten uns einen freien Platz an einem der Bistrotische unter der roten Markise und ließen uns auf die Korbstühle fallen. Vom Laufen taten mir bereits die Füße weh, und ich war froh, meine Beine von mir strecken zu können.
    Â»Was möchtest du essen?«, fragte Felix und betrachtete die Speisekarte.
    Â»Egal, irgendwas mit Pommes.« Ich hatte die Augen geschlossen und lauschte auf das Rauschen der vielen Gespräche und Geräusche um mich herum.
    Â»Wir sind in Frankreich«, belehrte er mich nun schon zum zweiten Mal, wobei man hören konnte, dass er grinste. »Nirgendwo bekommt man schlechtere Pommes. Nimm lieber eine Crêpe.«
    Â»Was nimmst du denn?« Unwillig öffnete ich die Augen.
    Â»Einen Salat mit Chèvre, denke ich.«
    Â»Mit was?«
    Â»Ziegenkäse.«
    Â»Brr. Dann lieber Crêpes. Gibt es die auch mit Nutella?«
    Felix lachte bloß. Ich fing an, sein Lachen richtig zu mögen, vor allem natürlich die Grübchen, die er dabei bekam. Ein Kellner im schwarzen Anzug näherte sich unserem Tisch und notierte sich mit unbewegter Miene die Bestellung, die Felix in fließendem Französisch bei ihm aufgab.
    Während wir eine geschlagene Viertelstunde auf unsere Getränke und das Essen warteten, beobachtete ich das Treiben auf dem Platz vor dem Straßencafé. Nicht nur Touristen waren hier unterwegs, sondern auch viele junge Leute, die in der Gegend zu wohnen schienen, trafen sich auf diesem Platz und begrüßten einander mit den üblichen Küsschen rechts, Küsschen links. An dem niedrigen Zaun, der die Bäume und den Brunnen in der Platzmitte umgab, lehnte ein Junge mit zerrissenen Jeans. Im Arm hatte er ein Mädchen, von der ich nur die langen, dunklen Locken sehen konnte, weil die beiden ausgiebig knutschten.
    Â»Schön hier«, bemerkte ich nach einer ganzen Weile des einvernehmlichen Schweigens.
    Â»Ja, nicht? Und ziemlich berühmt ist die Gegend auch. In den Bars und Cafés gingen früher zahllose Dichter und Literaten ein und aus. Ernest Hemingway hat hier um die Ecke gewohnt.« Er erzählte das ganz selbstverständlich, nicht als ob er mit diesem Wissen angeben wollte.
    Â»Sag mal«, fragte ich, als der Kellner endlich unsere Teller vor uns abstellte. »Wieso kennst du dich in Paris eigentlich so gut aus?«
    Â»Ach, das ist eine längere Geschichte«, wehrte Felix ab.
    Ich pikste mit der Gabel in meine Crêpe, worauf ein bisschen flüssige Schokolade aus dem kross gebackenen Teig quoll.
    Â»Erzähl«, sagte ich. »Wir haben doch Zeit.«

War das ein perfekter Tag? Sagen wir es mal so: Wenn ich die Wahl hätte zwischen diesem und jedem anderen Tag unserer Reise, würde ich mich definitiv für diesen entscheiden.
    aus Lenas Tagebuch
    Â»Mein Vater

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