Love Train
Stück am Ufer entlang und winkten den Touristen auf den Booten zu, die alle paar Minuten an uns vorbeifuhren.
»Vor uns siehst du die Ãle de la Cité «, erklärte Felix im Frem denführerstil, als im Wasser des breiten Flusses die Spitze einer Insel auftauchte. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger deutete Felix auf zwei eckige Kirchtürme. »Und die Kathedrale dort ist die berühmte Notre-Dame .«
»Ich bin hungrig«, nörgelte ich.
»Hey, hab Geduld. Nur noch ein klitzekleines bisschen. Ich verspreche dir, es lohnt sich.«
Felix lotste mich weiter am Seineufer entlang zu einer Brücke mit geschwungenen Bögen, die wir überquerten, um auf die Insel zu gelangen. Dann liefen wir weiter durch einen kleinen Park, bis wir die andere Spitze der Insel erreichten, wo eine einsame Trauerweide ihre langen Zweige zum Boden hängen lieÃ. Die Dämmerung war inzwischen hereingebrochen, und der Blick auf das dunkelblaue Wasser und die unzähligen Lichter, die das Ufer, die Brücken und die Boote erhellten, war überwältigend. Wir waren nicht die Einzigen, die diesen Anblick genossen. Mehrere Grüppchen hatten es sich bereits auf dem Boden gemütlich gemacht, aÃen ihr mitgebrachtes Picknick und tranken Wein dazu.
»Setz dich doch«, forderte Felix mich auf.
Ich suchte mir einen Platz auf den groÃen Pflastersteinen, wo ich mich mit dem Rücken an eine Steinmauer anlehnen konnte. Felix lieà sich neben mir nieder und packte seine Tüte aus. Zu dem Baguette gab es neben einem cremigen Käse auch eine Salami, die Felix mit seinem Taschenmesser in Stücke teilte. Er hatte zudem eine Flasche Rotwein und zwei Pappbecher besorgt, und weil das so herrlich französisch war, lieà ich mich sogar dazu überreden, einen Becher von dem schweren Wein zu trinken, der mir fast sofort zu Kopf stieg.
Einer der jungen Männer in der Gruppe neben uns packte eine Gitarre aus und begann zu spielen. Ein Mädchen begleitete ihn mit rauer Stimme und sang einen Chanson. Es war wunderbar. Wir saÃen und aÃen und hörten der Musik zu. Dass wir dabei kaum redeten, erschien mir passend, es war ein einvernehmliches Schweigen.
Doch plötzlich schaute Felix auf seine Armbanduhr und sprang unvermittelt auf.
»Wir müssen los.«
»Was?«, fragte ich perplex. Die plötzliche Hektik passte überhaupt nicht zu der friedlichen Stimmung und mein Kopf war von dem Wein ohnehin etwas verlangsamt.
»Wir müssen zur Metro«, bestimmte Felix und streckte mir seine Hand entgegen, um mir hochzuhelfen.
»Aber warum?« Ich hatte zwar keine Ahnung, wie viel Uhr es war, aber so spät konnte es eigentlich noch nicht sein, denn es war ja gerade erst dunkel geworden.
»Weil ich mir mit dir den Eiffelturm anschauen will«, erklärte Felix.
»Sehr witzig. Bis gerade eben dachte ich, dass du eigentlich ganz nett bist.«
»Dachtest du das?« Er fixierte mich von der Seite mit einem fast unverschämten Grinsen, selbst seine Grübchen wirkten ein bisschen spöttisch. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Mist! Ich hatte mal wieder schneller geredet als nachgedacht. Aber es stimmte. Genau das hatte ich heute ein paar Mal gedacht. Hoffentlich konnte er die verräterische Färbung meiner Wangen dank der Dunkelheit nicht sehen.
»Na, dann will ich dich nicht enttäuschen. Ich will mir den Eiffelturm ja nicht von oben mit dir anschauen!«
»Sondern?«
Statt einer Antwort griff Felix nach meiner Hand, was mich so erstaunte, dass ich sie ihm widerstandslos überlieÃ, und zog mich mit schnellen Schritten zur Metrostation. Während der ganzen Fahrt versuchte ich, ihm seinen Plan zu entlocken, aber er lieà sich nicht erweichen.
»Wirst schon sehen«, war das Einzige, was er jedes Mal erwiderte. Als wir schlieÃlich an der Station Trocadéro aus der Metro stiegen, checkte Felix noch einmal seine Uhr und nickte dann zufrieden. Ich warf einen Blick auf die Anzeige am Bahnsteig: 22.56 Uhr.
»Ich hoffe, du hast einen echt guten Grund, mich so zu scheuchen«, keuchte ich, während ich hinter Felix, der immer zwei Stufen auf einmal nahm, die Treppe hochhetzte.
Wir verlieÃen die Station und gelangten auf einen freien Platz, wo sich schon eine gröÃere Menge anderer Touristen versammelt hatte. Felix blieb so abrupt stehen, dass ich ihn beinahe über den Haufen gerannt hätte, und
Weitere Kostenlose Bücher