Love Train
blätterte.
»Reist du gern?«, fragte ich, während wir uns auf den Weg zu der Uni machten, die Felix sich anschauen wollte.
»Ja«, bestätigte er und wich einem Radfahrer aus, der uns auf dem Gehweg entgegenkam. Dabei stieà er mich leicht an der Schulter an, was er gar nicht zu bemerken schien. »Aber bisher habe ich nur einen Bruchteil der Länder bereist, die ich gerne sehen würde.«
»Und welche sind das?« Ich musste ebenfalls ein Ausweichmanöver machen, um nicht mitten in einen Hundehaufen zu treten, wobei ich gegen Felixâ Arm stolperte. »Sorry«, murmelte ich, aber wieder registrierte er den Zusammenstoà nicht.
»Asien reizt mich, allerdings war ich bisher nur mal auf Bali zum Tauchen. Lateinamerika finde ich auch total spannend. Das einzige Land, das ich dort kenne, ist Mexiko, aber ich würde gerne mal eine längere Tour machen. Belize soll groÃartig zum Tauchen sein. Und wo wir schon beim Thema Tauchen sind: Das Great Barrier Reef in Australien steht natürlich ganz oben auf meiner Liste.«
»Aha«, machte ich nur. Sowohl die lange Liste der Reiseziele als auch der Plan, dort tauchen zu gehen, überstiegen meine Vorstellungskraft. Wie bereits erwähnt, bevorzuge ich eigentlich eine Hängematte in unserem Garten und unternehme Reisen lieber mithilfe eines guten Buches in meinem Kopf.
»Und was machst du gern?«, fragte er.
»Lesen.« Da musste ich nicht lange überlegen.
Felix lachte, aber es klang freundlich und nicht so, als würde er sich über mich lustig machen. »Ja, Kopfreisen sind die besten«, bestätigte er und ich schaute ihn ein bisschen überrascht von der Seite an.
»Da wären wir«, unterbrach Felix unser Gespräch. Wir bogen in eine schmale StraÃe ab, aus der uns eine Gruppe Studenten entgegenkam, und gingen nun an einer mehrere Meter hohen Mauer entlang. Am Ende der StraÃe erhob sich unübersehbar ein riesiges Gebäude, auf dem eine Kuppel thronte.
»Das Panthéon «, erklärte Felix beiläufig. Aha, dort ruhten also die berühmten Toten. Dann löste ein schmiedeeisernes Gitter mit goldenen Spitzen die Mauer ab und dahinter öffnete sich der Blick auf ein lang gestrecktes helles Steingebäude.
»Wollen wir reingehen?«, schlug Felix vor, als wir das offen stehende Tor erreichten.
»Meinst du wirklich?« Ich war mir nicht sicher, ob es Fremden erlaubt war, einfach so hineinzuspazieren.
»Was soll passieren?« Er hielt bereits schnurstracks auf den Haupteingang zu, und ich musste mich beeilen, um ihm zu folgen.
»Wow.« Wir waren durch das Gebäude gegangen, ohne dass uns jemand aufgehalten hätte, vielleicht sahen wir ja aus wie ganz normale Studenten. Allerdings waren davon nur wenige unterwegs, vermutlich war ein Sonntag in den Sommerferien nicht der ideale Termin, um sich eine Uni anzuschauen. Doch der Innenhof, in dem wir nun standen, strahlte auch ohne stu dentisches Leben eine ganz besondere Atmosphäre aus. Er war quadratisch und wurde eingerahmt von den hellen Fronten der Gebäude, vier gerade Wege führten zu einem Rondell in der Mitte, und auf den Rasenflächen standen Bäume, die mit ihren ausladenden Ãsten Schatten spendeten.
»Ganz nett, oder?« Felix war offenbar ähnlich angetan wie ich. »So lässt es sich wohnen. Kein Vergleich zu den Studentenwohnsilos in Köln!«
»Wohnen? Ich dachte, das wäre eine Uni.«
»Schon, aber wenn ich es richtig verstanden habe, befinden sich hier auch Zimmer für die Studenten. Es ist eine Art Internat, auf dem Campus kann man sowohl leben als auch lernen.« Felix sah sich begeistert um. Ob er sich in Gedanken schon selbst unter einem dieser Bäume sitzen und für eine Prüfung büffeln sah?
»Und hier willst du studieren?«
»Würde ich schon gern.«
»Aber?«
»Dafür muss ich erst mal die Aufnahmeprüfung bestehen.« Felix zuckte mit den Schultern. »Jedes Jahr werden nur zwanzig ausländische Studenten angenommen, da kannst du dir vorstellen, wie groà die Konkurrenz ist.«
Wieder musterte ich Felix aufmerksam, der ganz in die Betrachtung der Gebäude versunken zu sein schien, vielleicht sah er auch Bilder von seiner möglichen Zukunft vor seinem inneren Auge. Blöd war er nicht, das war mir längst klar, ein Streber vielleicht, aber er wirkte nicht eitel dabei. Er schien sich selbst
Weitere Kostenlose Bücher