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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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der Hand, dass der Kugelschreiber, mit dem sie darin zugange gewesen war, einen langen Ratscher auf dem karierten Blatt hinterließ.
    Â»Was fällt dir ein? Du spinnst ja wohl!« Meine Stimme überschlug sich und mein schmerzender Kopf explodierte fast von der schnellen Bewegung und meiner Wut.
    Â»He, bleib easy«, versuchte Juli zu beschwichtigen. »Ich hab doch gar nichts gemacht!«
    Â»Du hast mir mein Tagebuch geklaut«, gab ich noch immer stinkwütend zurück, aber eine Spur leiser, weil ich meine eigene Lautstärke nicht ertragen konnte. Außerdem blickte die alte Dame, die mit ihrem Mops an der Tür unseres Sechserabteils saß, missbilligend zu uns herüber, und ihr Hündchen kläffte, was meine Kopfschmerzen ebenfalls verschlimmerte.
    Â»Die ganze Zeit bist du schon scharf darauf, in meinem Tagebuch zu lesen. Aber das geht dich nichts an. Hast du gehört? Das geht dich überhaupt nichts an!« Ich funkelte Juli wütend an und stopfte meine Kladde demonstrativ in meinen Rucksack. Aber so einfach ließ meine Schwester sich nicht einschüchtern.
    Â»Jetzt hör mir mal zu«, ereiferte sie sich. »Ich habe mir das Teil nur mal ausgeliehen. Du hast ja geschlafen und mir war langweilig. Deshalb wollte ich ein bisschen zeichnen, aber ich hatte kein Papier. Also dachte ich mir, ich könnte mir von dir bestimmt ein paar Seiten borgen.« Sie sah mich mit einem Ausdruck an, der keineswegs zerknirscht wirkte, eher bockig, so, als hätte sie Grund, sauer zu sein. Dieser Gesichtsausdruck strafte ihre Worte Lügen, jetzt war ich mir absolut sicher: Sie hatte in meinem Tagebuch gelesen!
    Â»Wenn hier einer einen Grund hätte, beleidigt zu sein, dann wohl eher ich«, erklärte sie prompt. »Was du über mich schreibst, ist an Unverschämtheit kaum zu überbieten!«
    Tja, Juli, dachte ich. Das stimmt wohl. Meinem Tagebuch vertraute ich unzensiert all die scheußlichen Sachen an, die ich über meine Schwester dachte. Denn das, was ich schrieb, war ja nicht für ihre Augen bestimmt. Das sollte niemand lesen. Und Juli am allerwenigsten! Ich war bloß froh, dass ich dieses Tagebuch erst kurz vor Beginn unserer Reise angefangen hatte – nicht auszudenken, wenn Juli auch etwas über die Sache mit Marco Messmann gelesen hätte! Aber meine intimen Träumereien von Joey waren darin natürlich bis ins kleinste Detail festgehalten – allein bei dem Gedanken, dass Juli das alles gelesen hatte, wurden meine Wangen heiß.
    Â»Dein Pech, wenn du die Wahrheit nicht vertragen kannst«, konterte ich kalt. »Dann darfst du deine Nase eben nicht in Dinge stecken, die dich nichts angehen.«
    Â»Pff«, machte Juli. Ich wusste gar nicht, dass man so ein Ge räusch wirklich machen kann. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, wandte ihr Gesicht ab und schaute starr aus dem Zugfenster. Ich schloss die Augen und versuchte, meine Wut unter Kontrolle zu bringen, denn je heftiger sie wurde, desto schlimmer wurde auch das Hämmern in meinem Kopf. Aber es gelang mir nur unzureichend. Ich war natürlich unendlich wütend, und was vielleicht noch schlimmer war: Ich fühlte mich bloßgestellt und nackt, nicht nur bis auf die Haut, sondern bis auf die Knochen. Juli wusste alles. Was ich über sie dachte, was ich über diese Reise dachte und auch, was ich über die Jungs dachte – wobei mir egal war, was ich über Tobias geschrieben hatte, aber meine ziemlich unklaren Gefühle für Felix gingen meine Schwester überhaupt nichts an! Das war Verrat, Hochverrat, unverzeihlich!
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich es schaffen sollte, ihr je wieder in die Augen zu sehen. Weil ich so sauer auf sie war, aber auch, weil sie so sauer auf mich war. Wir hatten uns schon über vieles gestritten, aber diese Sache erschien mir endgültig. Mir war nicht klar, wie ich nun die Reise gemeinsam mit meiner Schwester fortsetzen sollte.
    Und dann lachte Juli plötzlich. Schallend. So laut, dass es wieder in meinem Kopf dröhnte und ich überhaupt nicht begriff, was jetzt passiert war. Ich dachte, wir hatten einen Streit! Einen enormen Streit! Aber Julis Lachen klang nicht bösartig, sondern einfach nur amüsiert.
    Â»Lena«, sagte sie, als sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie wieder normal reden konnte. »Dein Tagebuch ist genial!«
    Â»Was?« Wahrscheinlich sah ich ungefähr so intelligent aus wie der Mops

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