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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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sie.
    Wieder startete ich meine App, und nachdem ich mich eine ganze Weile durch die verschiedenen Einträge geklickt hatte, kannte ich die Antwort: »Ferragosto.«
    Â»Gesundheit«, sagte Juli abwesend.
    Â»Es ist Ferragosto«, wiederholte ich. »Einer der wichtigsten italienischen Feiertage. An diesem Tag sowie auch an den Tagen davor und danach hat kein Laden in ganz Italien geöffnet. Alle Italiener machen Ferien am Meer.«
    Juli riss sich von dem Schaufenster los und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Das ist nicht wahr, oder?«
    Â»Ich fürchte schon.« Nicht nur für Juli bedeutete diese Information einen herben Schlag, auch für meine eigenen Pläne sah es düster aus.
    Â»Deswegen hat die Oma in der Jugendherberge uns so mitleidig angeschaut«, schloss Juli mit einem Seufzen. Ich nickte.
    Â»Und was jetzt?«
    Â»Eis essen«, schlug ich vor. Wenn wir schon im Land des Gelato waren, dann konnten wir uns diesen Tiefschlag wenigstens damit versüßen! Wir mussten nicht lange suchen, bis wir eine kleine Eisdiele fanden, und die hatte zum Glück geöffnet. Der Eisverkäufer Marke Italian Gigolo schenkte meiner Schwester zum Eis noch ein zuckersüßes Lächeln, aber sie schien das gar nicht zu bemerken.
    Jede mit einem Eisberg in der Hand – ich Schoko, Juli Bacio, was so viel wie Kuss bedeutete, wie der Italian Gigolo ihr in holprigem Englisch erklärt hatte – schlenderten wir gemächlich zum Corso Buenos Aires , der Mailänder Shopping-Adresse für junge Leute, wo sich die Geschäfte der bekannten und bezahlbaren Labels aneinanderreihten. Aber auch dort herrsch te, wie kaum anders zu erwarten, tote Hose. Wir waren kurz davor, aufzugeben und zur Jugendherberge zurückzufahren, als direkt vor uns ein kleiner Lieferwagen in eine unscheinbare Hofeinfahrt einbog. Da ich ein Fan von Hinterhöfen bin, fasste ich Juli, die wie eine ferngesteuerte Schaufensterpuppe neben mir herlief, am Handgelenk und zog sie durch den mit Mosaiken verzierten Torbogen.
    Wir gelangten in einen Innenhof zwischen mehreren hohen Häusern mit ebenfalls mosaikgeschmückten Fassaden. Im Erdgeschoss all dieser Häuser waren kleine Boutiquen untergebracht, deren Schaufenster nicht die Namenszüge angesagter Marken zierten. Auch die Dekorationen dieser Fenster waren weniger uniform als in den Filialen der weltweiten Ketten. In einem hingen die Kleider mit Klammern an einer Wäscheleine befestigt, in einem anderen dienten die edlen Lederhandtaschen als Blumentöpfe für Kakteen. Auf Julis bislang erstarrtes Gesicht schlich sich ein Lächeln.
    Und dann entdeckten wir den Laden, vor dem der Transporter gehalten hatte. Das Schaufenster dieses Geschäfts stand leer und in der oberen Ecke klebte ein Zettel, auf dem in Italienisch und Englisch geschrieben zu lesen war, dass es zu vermieten sei. Allerdings schien sich mittlerweile ein Mieter gefunden zu haben, denn aus den geöffneten Heckklappen des Transporters hoben gerade zwei muskulöse Männer eine fahrbare Kleiderstange, an der eine Reihe von Kleidern hin und her schwankte. Eine junge Frau mit hennaroten Haaren, einem Paillettentop und einer bauschigen Hose stand in der Ladentür und rief den beiden Helfern aufgeregte Kommandos zu.
    Wie magnetisch angezogen steuerte Juli auf den Wagen zu, und ich folgte ihr, wobei ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Mit leuchtenden Augen beobachtete Juli die Männer, die noch zwei weitere Kleiderständer, einen mit fliegenden Oberteilen aus Seide und einen mit bunt gemusterten Röcken, in den Laden beförderten. Anschließend knallten sie die Türen des Lieferwagens zu, und die Frau drückte einem von ihnen einen Geldschein in die Hand, bevor sie wieder abfuhren. Erschöpft ließ sie sich auf die Treppenstufen vor dem Geschäft sinken und zündete eine Zigarette an.
    Â»Hi«, sprach Juli sie an und fragte auf Englisch: »Ist das Ihr Geschäft?«
    Die Frau nickte und blies den Rauch der Zigarette in die Luft. »Ja. Ich will nächste Woche eröffnen. Aber es ist noch so viel zu tun! Und das bei dieser Hitze!« Mit der freien Hand fuhr sie sich über den Nacken und das weite Dekolleté ihres Tops. »Ich komme aus Norwegen. Da sind wir diese Hitze nicht gewöhnt. Vielleicht hätte ich mit der Eröffnung lieber bis zum Winter warten sollen, aber als ich gehört habe, dass

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