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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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das, was gut verborgen in meiner Schwester steckte, und ich konnte mir vorstellen, dass sie genau wie ich Bedenken hatte, ob es jemandem gefallen würde.
    Ich musste ihr meine ehrliche Meinung sagen, beschloss ich. Doch als der Zug schon in den Bahnhof Milano Centrale einfuhr und ich zurück zu unserem Abteil eilte, um meinen Reiserucksack zu holen, hatte ich plötzlich eine andere Idee, eine vage Idee, aber sie gefiel mir ausgesprochen gut.

Ich hätte nicht gedacht, dass es in der Fashionmetropole Mailand so schwierig sein würde, jemanden zu finden, der sich mit Mode auskennt.
    aus Lenas Tagebuch
    Beinahe eine ganze Stunde saß ich im Aufenthaltsraum unserer Jugendherberge vor dem Internet und googelte mir die Finger wund. Natürlich gab es hier eine Menge Leute, die Ahnung von den aktuellen Trends hatten. Allen voran die Dozenten der angesehenen Hochschulen für Design, die sogar Sommerkurse veranstalteten, sowie jede Menge Nobelboutiquen, in denen die berühmtesten Labels der Welt vertrieben wurden, aber das war mir alles eine Nummer zu hoch gegriffen. Nein, ich brauchte jemanden, der etwas von Klamotten verstand, aber doch nicht gleich einen Fashiongott!
    Juli, die am Computer neben mir saß und erst ihre Mails und etwa eine Million neuer Statusmeldungen auf Facebook abfragte, um anschließend eine halbe Stunde mit Tobias zu chatten, fing langsam an zu drängeln. Und ich hatte noch immer nicht gefunden, wonach ich suchte.
    Â»Lass uns shoppen gehen, bevor alle Läden geschlossen sind«, nörgelte sie – es war früher Nachmittag, die Gefahr, vor verschlossenen Ladentüren zu stehen, erschien mir deswegen relativ gering. Außerdem war Shoppen so ziemlich das Letzte, wonach mir der Sinn stand, schon weil ich mir nicht einmal mehr ein paar Socken hätte leisten können, ohne meine wackelige Finanzplanung damit endgültig zu ruinieren. Obwohl ich vor unserer Abfahrt aus Paris meine Eltern um eine kleine Finanzspritze angebettelt hatte, war bisher noch nichts auf meinem Konto angekommen, und ich war mir im Klaren, dass das sicher noch zwei oder drei Tage dauern würde. Trotzdem schloss ich mich Juli in Ermangelung einer besseren Alternative an, möglicherweise ergab sich ja etwas, das meinen Plan voranbringen würde, wenn wir uns in die Modewelt Mailands stürzten.
    Die Dame des Hauses – eine betagte Italienerin mit breiten Hüften, die einen geblümten Faltenrock und karierte Oma-Hausschuhe trug – schenkte uns ein mitleidiges Lächeln, als wir sie nach dem Weg zu den bekanntesten Einkaufsmeilen fragten. Wahrscheinlich sahen wir nicht so aus, als könnten wir uns Designerkleidung leisten. Mit einem nicht enden wollenden Wortschwall und unter Einsatz ihrer fleischigen Hände erklärte sie uns etwas, was wir leider nicht verstanden, da sie außer »Shopping« kein Wort Englisch sprach. Schließlich drückte sie uns einen Stadtplan in die Hand und markierte mit mehreren kleinen Kreuzen unsere Ziele.
    Wir starteten im Quadrilatero della Moda in der Nähe des Doms – dem Viereck der Mode, wie mir meine Mailand-App verriet, die ich mir während der Fahrt mit der Metro in die Innenstadt heruntergeladen hatte. Wie im virtuellen Reiseführer angekündigt, war es ein wunderschönes, altes Viertel mit Kopfsteinpflastergässchen, in denen sich die Läden der namhaftesten Modeschöpfer aneinanderreihten: Armani, Gucci und Prada, Valentino und Dolce & Gabbana, Trussardi, Hermès und noch viele mehr. Was mir meine App allerdings nicht verraten hatte, war, dass alle diese Läden zuhatten! Und die Sträßchen, in denen sich nichts als die Nachmittagshitze staute, wirkten wie ausgestorben.
    Beim ersten geschlossenen Geschäft dachten wir noch: Was für ein blöder Zufall. Beim nächsten wurden wir bereits stutzig. Und spätestens, als wir auch an der dritten Nobelboutique vor versperrten Türen standen, wurde uns klar, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Juli befand sich kurz vor einem Herzinfarkt, mit verzweifeltem Gesicht stand sie vor dem Schaufenster, die Hände an die Scheibe gepresst, und starrte auf die Kleiderkreationen. Preisschilder gab es übrigens keine, uns war ohnehin klar, dass wir uns nichts von alledem hätten leisten können, aber Juli sah aus wie eine Verdurstende, die auf der anderen Seite ein unerreichbares Glas Wasser entdeckt hatte.
    Â»Was ist hier los?«, keuchte

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