Love Train
mir bewusst. Ob ich wirklich krank wurde? Oder war meine unablässige Heulerei schuld an meinem miesen Zustand?
Mit ihrer kühlen Hand befühlte Juli meine Stirn und wiegte unzufrieden den Kopf hin und her. »Nicht gut, gar nicht gut«, beschied sie. »Trink mal was und nimm zwei Kopfschmerztabletten, dann schläfst du und morgen geht es dir wieder besser.«
Tatsächlich fielen mir fast die brennenden Augen zu. Also befolgte ich Julis Rat, und als ich sie bat, neben mir sitzen zu bleiben, bis ich eingeschlafen war, legte sie mir erneut die Hand auf die Stirn und strich sachte darüber. Ich fühlte mich getröstet. Trotzdem fand ich keinen Schlaf, sondern wälzte mich die ganze Nacht im Bett herum und fing immer wieder an zu weinen. Und am nächsten Morgen ging es mir eher schlechter als besser.
»Wir fahren nach Hause«, entschied Juli, als sie mich nach dem Aufstehen mit glühender Stirn und rot geheulten Augen im Bett fand.
»Quatsch«, widersprach ich schwach. »Morgen bin ich bestimmt fit.« Dabei fühlte es sich nicht so an. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass es ziemlich lange dauern würde, bis ich wieder halbwegs auf die Beine kam. Aber ich wollte auf keinen Fall, dass Juli meinetwegen die Reise abbrach. Die Tickets waren noch eine Woche lang gültig. Wir hatten vorgehabt, nach Südspanien zu fahren, uns Sevilla, Granada und Cordoba anzuschauen und am Ende in Malaga zu entspannen und zu feiern, bevor wir die Heimreise antraten. Ich wollte nicht, dass Juli darauf verzichten musste, aber ihre Miene war entschlossen, als sie sich auf meine Bettkante setzte.
»Hör zu«, erklärte sie knapp. »Ich habe Mama versprochen, dass ich gut auf dich aufpasse, und das werde ich tun. Wenn ich sage, wir fahren nach Hause, dann tun wir das. Immerhin bin ich deine groÃe Schwester, und du tätest gut daran, wenigstens ein Mal auf mich zu hören.«
Wider Willen musste ich lächeln. Unsere Mutter hatte Juli also dasselbe Versprechen abgenommen wie mir. Typisch! Wahrscheinlich steckte irgendeine Erziehungsstrategie dahinter. Und falls es ihr Plan gewesen war, Juli und mich durch die Reise einander näherzubringen, dann war ihr das definitiv gelungen. Na, vielen Dank, Mama, dachte ich und merkte plötzlich, dass ich heftiges Heimweh hatte. Ich wollte nach Hause. Lieber heute als morgen!
»Okay, groÃe Schwester, lass uns heimfahren«, gab ich mich geschlagen und Juli seufzte erleichtert.
Habe ich euch schon erzählt, dass ich ein groÃer Fan von Liebesgeschichten bin? Besonders von solchen, die richtig kompliziert sind! Kennt ihr »Stolz und Vorurteil« von Jane Austen? Das ist mein Lieblingsbuch, und es ist eine der verworrensten Lovestorys, die man sich vorstellen kann. Lizzy, die Hauptfigur, bekommt einen Heiratsantrag von dem vornehmen Mr Darcy, den sie ablehnt, weil sie sich herablassend behandelt fühlt. Dummerweise stellt sie hinterher fest, dass sie sich in Darcy verliebt hat, aber nun hat der alle Hoffnung aufgegeben. Nur weil seine unmögliche Tante sich einmischt, finden die beiden am Ende zusammen. Ein wirklich toller Roman! Aber auch das Leben schreibt manchmal solche Geschichten und eine davon will ich euch heute erzählen.
Stellt euch Folgendes vor: Ein Mädchen trifft einen Jungen, den sie zuerst arrogant findet und für einen Streber hält, aber dann stellt sie fest, dass er der süÃeste und verständnisvollste Typ ist, den sie je getroffen hat und der ihr sogar ihren allergröÃten Wunsch erfüllt. Also, was tut sie? Sagt sie ihm, wie viel er ihr bedeutet? Nein, ihr könnt es euch schon denken, natürlich sagt sie nichts. Und durch einen schrecklichen Zufall glaubt dieser Junge nun auch noch, sie hätte mit seinem besten Kumpel geknutscht! Dabei hat der sie geküsst, ohne dass sie es wollte. Aber der Junge hat das beobachtet und ist weggerannt, bevor sie ihm irgendwas erklären konnte. Er ist nun logischerweise stinkwütend und das Mädchen ziemlich verzweifelt, weil sie keine Ahnung hat, was sie tun soll!
Diese Geschichte ist so kompliziert, dass sie bestimmt auch einen spannenden Roman abgäbe, findet ihr nicht? Blöd nur, dass sie kein Happy End hat. Liebesgeschichten ohne Happy End kann ich nämlich nicht ausstehen!
dreamgirl-blog.de
Ich fuhr den Rechner runter und lehnte mich geschafft auf dem unbequemen Holzstuhl zurück. Seit Juli und ich am Morgen
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