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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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ganzer Kerl.«
    Â»Lass mich los.« Wieder versuchte ich, seine Hand abzuschütteln, wieder erfolglos. Plötzlich lehnte Tobias sich zu mir herüber, und noch bevor ich so ganz begriff, was er vorhatte, drückte er mir seine Lippen auf den Mund und schob seine Zunge zwischen meine Zähne. Für ein paar Sekunden war ich zu überrumpelt, um mich zu wehren, doch dann riss ich meine Hände hoch und boxte Tobias mit aller Kraft gegen den Brustkorb, um ihn wegzustoßen. Das war ja ekelhaft! Tatsäch lich ließ Tobias mich los und nahm beschwichtigend die Hände hoch. »He, schon gut.«
    Im selben Moment hörten wir einen schrillen Schrei. »Du Dreckskerl!« Juli stürzte sich auf Tobias und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. »Da dreh ich mich einmal um, um aufs Klo zu gehen, schon knutschst du mit meiner Schwester rum. Das darf ja wohl nicht wahr sein!«
    Â»Mach mal halblang«, warf Tobias beschwichtigend ein.
    Â»So war es nicht«, brachte ich zu meiner eigenen Verteidigung hervor. Mein Mund fühlte sich taub an und mein Körper zitterte unkontrolliert. Juli hörte weder Tobias noch mir überhaupt zu.
    Â»Halt du bloß den Mund, du Miststück«, schnauzte sie mich an und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit dann wieder Tobias, um ihn mit wüsten Beschimpfungen zu überhäufen. Zwar fühlte ich mich absolut ungerecht behandelt, weil Juli offenbar glaubte, ich hätte ihren Freund freiwillig geküsst, aber gleichzeitig empfand ich eine gewisse Befriedigung, weil Tobias diese Tirade total verdient hatte. Trotzdem sah ich mich verstohlen um, ob Julis Wutausbruch bereits das Interesse aller anderen Strandbesucher erregt hatte. Und da entdeckte ich Felix.
    Mit hochgezogenen Schultern stapfte er entschlossen auf die Strandpromenade zu. Die Eishörnchen steckten nur ein paar Meter von uns entfernt achtlos hingeworfen im Sand. Shit! Ich spürte einen schmerzhaften Stich in der Brust. Felix musste genau gesehen haben, wie Tobias mich geküsst hatte. Er musste, genau wie meine Schwester, glauben, ich hätte den Kuss erwidert. Und aus irgendeinem Grund schien er darüber massiv verärgert zu sein, so viel war klar. Ich sprang auf, um ihm hinterherzulaufen.
    Â»Mensch, was regst du dich so auf?«, versuchte Tobias gerade, sich vor meiner Schwester zu verteidigen. »Hast du etwa geglaubt, das mit dir und mir wäre was Ernstes? Süße, bleib locker. Das war ein netter Urlaubsflirt. Mehr nicht.«
    Juli verpasst ihm eine weitere Ohrfeige. Ich wandte mich von der Szene ab und rannte in die Richtung, wo ich Felix gerade noch gesehen hatte.
    Â»Felix, warte!«, rief ich. Aber ich konnte ihn nirgendwo mehr entdecken. Er war schon im Strom der Passanten auf der Promenade verschwunden.
    Â»Nun hör schon auf zu flennen«, schnauzte Juli mich ungeduldig an. Es waren die ersten Worte, die sie seit Stunden an mich richtete, und ich hätte ihr – und mir selbst – den Gefallen gern getan. Aber es ging nicht.
    Von dem Moment an, als ich allein in dem Gedränge auf der Promenade von Barcelona gestanden hatte, flossen meine Tränen unaufhörlich und waren durch nichts zu stoppen. Es fühlte sich an, als sei in meinem Inneren eine Schleuse geöffnet worden, durch die sich die Tränenflut ihren Weg nach draußen bahnte und alles mitnahm, was sich in mir befand. Ich war mittlerweile so leer geweint, dass ich das Gefühl hatte, gar nichts mehr zu empfinden, und das war nicht tröstlich, sondern so ungeheuer traurig und trostlos, dass immer neue Tränen nachströmten.
    Hätte mich jemand gefragt, hätte ich gar keinen Grund für diese unstillbare Flut nennen können, ich grübelte schon die ganze Zeit darüber, was mich eigentlich so unglücklich machte. Natürlich war ich schockiert über Tobias’ Übergriff und gab mir, obwohl ich wusste, dass das Unsinn war, auch ein bisschen selbst die Schuld daran, weil ich ihn nicht rigoroser von mir weggestoßen hatte. Das Schlimmste war jedoch nicht der Kuss, zu dem mich Tobias gezwungen hatte, sondern die Erinnerung, die wieder hochgekommen war, die Erinnerung an den miesen Marco Messmann. Warum, dachte ich, gerate ich eigentlich immer an solche Typen, denen es völlig egal ist, was ich fühle?
    Und warum – und damit waren wir bei Punkt zwei auf der langen Liste meiner verzweifelten Gedanken –, warum rennt der einzige Junge, der

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