Lovers (German Edition)
Mittagsimbiss eingenommen. Jack und Leo sind zurück zum Haus gegangen, um Kenneth bei einem Problem mit seinem Wagen zu helfen. Patrice und Viviane haben es sich unter dem Sonnenschirm bequem gemacht und brainstormen an einem von Vivs Plotlöchern herum.
Bleiben nur noch Audrey und ich.
Sie hat heute wie verrückt auf ihren Block gekritzelt, aber nachdem die Männer verschwunden sind, hat sie den Stift auf die bunt gewebte Decke gelegt und beobachtet mich nun. Ich versuche noch ein paar Minuten, mich zu konzentrieren und schreibe was auf meinen Block. Aber sie lenkt mich ab. Schließlich lege ich den Stift auch beiseite.
“Was ist los, Audrey?” Meine Stimme klingt schärfer als beabsichtigt.
“Lust auf einen Spaziergang?”
Die habe ich und doch wieder nicht. Ein wenig fürchte ich mich davor, mir ihr allein zu sein. Ich habe Angst, worüber sie mit mir reden will. Und worüber nicht.
“Klar, wieso nicht.” Ich wende mich an Viviane und Patrice. “Seid ihr beide noch länger hier?”
“Eine Weile schon”, antwortet Viviane. “Ihr könnt eure Sachen hierlassen. Wenn ihr nicht zurück seid, wenn wir wieder zum Haus gehen, nehmen wir einfach alles mit.”
Ich nicke, und wir stehen auf. Sie wendet sich nach Norden, also in die entgegengesetzte Richtung von Charles’ Haus. Ich folge ihr.
Der Tag ist heiß und die Sonne knallt auf das Wasser und lässt es so hell funkeln, dass ich kaum hinsehen kann, obwohl ich die Sonnenbrille aufhabe. Sogar der feuchte, von Schaum gekrönte Sand an der Wasserkante fühlt sich unter meinen nackten Zehen warm an.
Wir sind stumm, bis wir ein Stück weit den Strand entlanggewandert sind und Viviane und Patrice hinter uns aus dem Blick verschwunden sind.
“Also”, sage ich.
Audrey wendet sich mir zu.
“Ja.”
Sie lächelt mich strahlend an. Da ist wieder die alte Audrey, und das unbehagliche Gefühl verschwindet, und ich frage mich sogleich, warum es überhaupt da war.
“Ich habe dich vermisst”, sage ich. Die Worte sind heraus, ehe ich mich daran hindern kann.
“Ich hab dich auch vermisst. Und Jack.”
Mein Herz setzt einen kurzen Moment aus, aber dann fügt sie hinzu: “Ihr zwei seht zusammen glücklich aus. Das freut mich.”
“Ich … danke.” Ich schaue nach unten und bohre den großen Zeh in den Sand und zeichne einen großen Bogen in den Sand. Die Hände habe ich tief in den Taschen meiner Shorts vergraben.
“Denk aber dran, was ich dir gesagt habe, Bettina. Darüber, sie nicht an dich heranzulassen.” Ihr Blick ist jetzt intensiver. Aber so ist Audrey nun mal.
“Das vergess ich nicht.”
Und es stimmt. Obwohl ich mich mit Jack ein bisschen gehenlasse, ist ein Teil von mir immer noch darauf bedacht, mich zu beschützen. Vor Verletzungen. Vielleicht auch vor der Liebe.
Ich will lieber nicht darüber nachdenken, was ich tue, wenn dieser Teil das nicht mehr schafft. Aber es ist ja schon längst geschehen.
Wir gehen ein Stück weiter, und Audrey geht dichter am Wasser, die Wellen schwappen ihre Knöchel hoch, verharren und ziehen sich zurück. Ich stehe neben ihr und lasse zu, dass das kühle Wasser den Sand in die Zwischenräume meiner Zehen spült und wieder abzieht. Und einmal mehr habe ich das Gefühl, wie die Welt mich ganz erfüllt und dann um mich versinkt, wie ich es als Kind geliebt habe. Bloß, dass es sich jetzt anfühlt, als sei das ein Sinnbild für mein Leben.
Ich hasse es, wenn ich philosophisch werde.
“Er und Viv waren mal zusammen, wusstest du das?”, sagt Audrey so leise, dass ich sie kaum über das Rauschen der Wellen höre, die an den Strand branden.
“Wie bitte?”
“Sie hatten da was laufen. Es war nichts Ernsthaftes. Zumindest nicht für Jack. Für Viv allerdings …”
“Was war mit Viviane?”
Audrey dreht sich zu mir um. Ihre rauchblauen Augen sind riesig, und das Weiß ist von dem gleichen perfekten Weiß wie ihre schönen Zähne. Der Kontrast mit ihrer von der Sonne gebräunten Haut ist umwerfend.
Sie sagt einfach: “Viviane hat es das Herz gebrochen.”
“Ich … oh.”
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hasse es, das zu hören. Ich liebe Viviane.
Und ich liebe Jack.
“Audrey, wieso erzählst du mir das? Mich geht das doch nichts an.”
“Wirklich nicht? Du bist schließlich jetzt mit Jack zusammen, und ich fände es schrecklich, wenn mit dir dasselbe passiert wie mit ihr. Ich mache mir Sorgen um dich, verstehst du?” Etwas schwingt in ihrer Stimme mit, das in mir ein unschönes Gefühl
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