Loving
frage ich.
Meine Eltern sehen sich an. »Wenn du möchtest ...«
Es ist nicht so richtig warm, eher noch ziemlich kühl.
Langsam bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich einen Stern bekomme. »Ich dachte nur ...«
»Okay, dann aber warm anziehen!«, sagt meine Mutter.
Bevor wir uns auf dem Dach treffen, gehe ich in mein Zimmer an meinen Mac. Er ist immer auf stand-by. Auch wenn ich keinen Wert darauf lege, dass mir in der Schule alle möglichen Leute gratulieren, lege ich Wert auf die Geburtstagswünsche meiner Bloggerfreunde. Einige denken, dass ich heute gegen 24 Uhr online bin, denn das habe ich eigentlich auch vorgehabt. Also gehe ich zu Facebook und poste, dass ich meinen siebzehnten Geburtstag mit einem Blick in die Sterne beginnen und daher nachts nicht online sein werde und mir durchaus vorstellen kann, dass mir in ein paar Stunden ein Stern geschenkt wird, der meinen Namen trägt.
Kurz vor Mitternacht bin ich auf einmal richtig aufgeregt.
Meine Mutter hat die Plastikplane von den Gartenmöbeln auf dem Dach genommen, Decken darauf gelegt und den Schnee etwas beiseite gefegt. Auf dem Tisch stehen eine Flasche Champagner und Orangensaft und drei hohe Sektkelche. Der Himmel ist sternenklar, aber das Teleskop ist nicht aufgestellt.
Meine Mutter setzt sich auf die Bank und winkt mich zu sich.
»Schön, dass du noch einmal mit uns feierst«, sagt sie, als hätte ich viele Alternativen gehabt. »Wir haben das übrigens besprochen, du kannst gerne eine Party mit deinen Freunden machen. Nach den Winterferien liegt hier oben vielleicht auch kein Schnee mehr.«
»Ich dürfte auch auf's Dach?«
Mein Vater nickt. »Das Teleskop würde ich nicht gerne aufstellen, aber ansonsten ist das Haus an deinem Wunschtermin für dich frei. Ihr seid doch vernünftig, oder?«
Ich lächele. Nun, ganz sicher bin ich mir da allerdings nicht.
»Drei, zwei, eins!«
Es macht PLOP und der Korken fliegt weit über die Dachbrüstung irgendwo in den Garten. Mein Vater füllt zwei Gläser sehr voll und eines für mich halbvoll und verteilt sie.
»Liebe Tochter, alles Gute zum siebzehnten Geburtstag!«
Meine Mutter umarmt mich, küsst mich und ich stehe auf, damit mich mein Vater kräftig drücken kann, was er immer etwas tapsig macht.
Ich trinke einen Schluck, der Champagner prickelt eisig in meinem Hals. Ich lege den Kopf in den Nacken und sehe in den dunklen Nachthimmel und da entdecke ich sie.
»Eine Sternschnuppe!«
»Wünsch dir was!«, sagt meine Mutter ganz unwissenschaftlich.
Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf fliegt, ist: Ein Freund! Ich werde rot, was man im Dunklen zum Glück nicht sieht. Ich bin bestimmt nicht die Art von Mädchen, die sich unbedingt einen Freund wünscht. Vielleicht liegt es am Champagner oder den Sternen oder der Sehnsucht, die ich in letzter Zeit habe, von jemanden sehr stark geliebt zu werden, der mich weder gezeugt hat noch seit dem Kindergarten kennt.
»Da hast du aber wirklich Glück gehabt«, sagt mein Vater, »dieses Jahr sind die Februar-Leoniden nicht sehr zahlreich. Erstaunlich.«
Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht.
»Und nun zu deinen Geschenken!«, sagt meine Mutter, zieht eine Tüte unter der Bank hervor und reicht sie mir.
Natürlich erkenne ich schon die Hardcover-Bücher und CDs, die sicher von meiner Wunschliste kommen. Ich packe sie als erstes aus und freue mich ehrlich, auch, wenn es nicht wirklich Überraschungen sind. Ich bedanke mich und doch bin ich noch angespannt, denn da ist noch ein großer Briefumschlag in der Tüte. Die Sternen-Urkunde!
»Tja, dann werde ich das hier mal auspacken«, sage ich und meine Eltern nicken.
»Ist das die große Überraschung?«
Wieder nicken sie.
Okay. Es fühlt sich an wie eine Urkunde. Und jetzt will ich den Stern auch haben. Und natürlich am Himmel gezeigt bekommen.
Langsam ziehe ich eine Mappe aus dem Briefumschlag. Mein Vater leuchtet mit seinem iPhone.
»Ein Gutschein?«
Beide nicken.
»Für eine Lasik? Was ist das?« Ich starre überrascht auf das Deckblatt einer Broschüre auf der der Gutschein klebt.
»Eine Lasik ist eine Augenoperation!«, erklärt meine Mutter. »Du hast uns doch immer gesagt, wie sehr du deine Brille hasst und weil du keine Kontaktlinsen verträgst ...«
»Die Hornhaut deiner Augen wird mit einem Laser wie ein Brillenglas geschliffen und dann kannst du ohne Brille sehen!«, ergänzt mein Vater begeistert.
Ich denke an das Schweineauge und mir wird etwas übel. Dass man an einem toten Auge
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