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Loving

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Titel: Loving Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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seinen alten Platz, hinten in der Klasse. Erst da wird mir klar, dass ich immer noch erwarte, dass wir etwas klären, miteinander reden, etwas verbessern. Aber Luca hat daran offenbar kein Interesse mehr. Es trifft mich unerwartet.
    Es ist der letzte Tag vor den Osterferien, sage ich mir während der Deutschstunde und den restlichen Schultag über. Es ist der letzte Schultag und danach muss ich Luca erst einmal nicht mehr sehen. Und das ist gerade eine sehr erleichternde Vorstellung.
    Nach der Schule fahren Zoe und ich zu mir. Auf dem Weg halte ich an einem Supermarkt, um mich mit Schokolade einzudecken. Nur Joggen reicht nicht mehr aus.
    »Wann fährst du weg?«, frage ich Zoe an der Kasse, während sie die Schokoladentafeln nach Farbe auf dem Transportband sortiert.
    »Über Ostern. Wann kommt Alex?«
    »Morgen. Ich dachte, wir kochen am Montagabend was zusammen? Meine Eltern sind abends bei Freunden.«
    Zoe grinst. »Und du bist den Abend allein mit Alex!«
    Ich lächele die Verkäuferin entschuldigend an, die drauf wartet, dass wir bezahlen. Ich finde nicht, dass dies ein gutes Thema für die Supermarktkasse ist und warte mit der Antwort, bis wir draußen sind.
    »Ich fände es wirklich sehr nett, wenn du dabei wärst.«
    Zoe schaut mich zweifelnd an. »Wieso willst du nicht einen netten Abend mit Alex haben?«
    Okay, die Wahrheit ist, Alex schüchtert mich ein. Er ist älter und ernsthaft und ich kann nicht einen ganzen Abend über Literatur mit ihm reden.
    »Er will vielleicht gar nicht über Literatur mit dir reden«, sagt Zoe mit der besonderen Stimme.
    Aber dieser Gedanke macht mich nur noch nervöser.
    »Das haben wir doch geklärt. Er ist ein Freund. Mehr nicht.«
    »Okay, ich komme. Wollen wir Sven noch einladen?«
    Ich bin mit allem einverstanden, ich habe nur keine Lust auf Melanie.
    »Oh, keine Sorge, die ist mit ihrer Familie nach Mallorca gefahren«, sagt Zoe.
    Alex hat mir gemailt, dass er am Samstagnachmittag kommen wird. Mit dem Auto. Ich habe das Gästezimmer für ihn fertig gemacht und mein Vater will sogar kochen.
    »Magst du ihn?«, fragt meine Mutter mich beiläufig am Freitagabend nach dem Essen.
    »Er ist nett.«
    »Verstehe«, sagt meine Mutter. »Und was ist mit diesem Luca?« Ich spüre, wie mir sofort das Blut in den Kopf schießt.
    Wann hört das auf?
    »Nichts.«
    Es wirkt nicht sehr glaubwürdig. Ich bin eine Schiffbrüchige, ich treibe auf offenem Meer.
    »Und was ist mit der Arbeit, die ihr gemeinsam macht?«
    »Jeder macht seinen Teil. Wir haben ja alles besprochen.«
    Ich halte mich wirklich ganz hervorragend auf diesem kleinen Holzbrett und hoffe nur, dass rechtzeitig ein Ozeandampfer vorbeikommt und mich rettet. Keine Ahnung, wer oder was das sein wird, aber bis dahin will ich nicht aufgeben.
    Aber ich habe noch eine Geheimwaffe gegen jede Art von Traurigkeit oder Einsamkeit oder dem Gefühl, verlassen zu sein: Bücher.
    Am Samstagvormittag radele ich in die nächstgelegene Einkaufsstraße zu meiner Lieblingsbuchhandlung. Wir sagen Mitte zu dem Ort, wo das Bezirksrathaus steht und das Standesamt und ein H&M ist und zwanzig Bäckereien und hundert Apotheken und sogar ein Starbucks, obwohl es nicht Berlin Mitte ist, sondern nur die Mitte von Zehlendorf. Der Buchladen heißt Holzapfel und es gibt ihn schon seit 85 Jahren und ich kenne ihn, seit ich mir dort als Kind Pixibücher aus einer riesigen Schüssel aussuchen durfte, die von einer noch viel größeren Pixifigur gehalten wurde. Nun, damals kam sie mir groß vor. Die Buchhandlung ist schmal und langgestreckt und hat auf beiden Seiten so hohe Bücherregale, dass man die oberen Fächer nur mit einer Leiter erreichen kann, die vor den Regalen hin- und hergeschoben wird. Ich habe immer vermieden, samstags in den Laden zu gehen, da es dann so voll ist, dass man sich dort kaum umdrehen kann, aber jetzt besteht ein Notfall.
    »Hallo, Ella!«
    Die Besitzerin kennt mich, weil sie meine Mutter kennt und natürlich, weil ich hier regelmäßig einkaufe. Zoe kann das nicht verstehen, wozu gibt es das Internet und so weiter, aber es ist eben etwas anderes, ob man in den Büchern blättert und das Gewicht spürt, und die Farbe des Covers und die Prägungen betrachtet, und das Buch umdreht und den Rückentext überfliegt, und es aufschlägt und die ersten Sätze liest und so herausfindet, ob das Buch zu einem gehört. Ein Buch, das man nicht mehr weglegen kann, bei dem man Angst hat, dass es vielleicht ein anderer kauft, weil in dieser

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