Loving
Abend und bemühe mich, normal zu erscheinen. Zu essen, zu reden, zu lächeln. Alles im richtigen Moment und zur richtigen Zeit, was mir alle Konzentration abverlangt. Nach dem Essen kommt Alex und trinkt mit meinen Eltern und mir noch einen Kaffee. Zum Glück übernimmt er den Smalltalk. Ich verschwinde irgendwann in meinem Zimmer, um mich auf den Abend vorzubereiten.
Was zieht man an einem Abend an, an dem man sowohl attraktiv als auch reuevoll erscheinen will? Kein Kleid, entscheide ich. Am liebsten würde ich den Hoodie tragen, den Luca bei mir vergessen hat. Und dann entscheide ich mich doch für ein Kleid. Das Blaue, denn es hat schon eine Katastrophe erlebt und es steht mir wirklich gut. Mit einer Leggings, darüber ein weites Hemd und dazu werde ich meine Laufturnschuhe tragen. Ein Style, den ich mir gerade ausgedacht habe. Nicht sehr typisch für mich, aber dafür der Situation entsprechend improvisiert.
»Wow«, sagt Alex und ich bin mir nicht sicher ob es ein echtes Wow ist oder nur ein verwunderter Ausruf über meinen Kleidermix.
Ruby's beginnt um halb elf, und als ich bei Alex ins Auto steige ist es draußen dunkel und kühl und ungemütlich. Warum fahre ich überhaupt da hin? Luca wird nicht da sein. Gerade ist es ganz klar. Weil er weiß, dass ich vielleicht komme und Alex und Zoe da sind, lauter Leute, die ihm gerade auf die Nerven gehen.
Auf der Fahrt nach Potsdam schweigen Alex und ich. Ich bin mit Zoe vor dem Eingang verabredet und schaue alle zwei Minuten nervös nach, ob ich meinen Personalausweis dabei habe. Sie kontrollieren am Eingang, hat mir Zoe gesagt und wenn man mich nicht rein lässt, dann kann ich Luca nicht sehen und drehe durch. Falls er überhaupt kommt.
Zoe steht mit Sven vor dem Waschhaus. Alex ist einfach auf das Gelände gefahren und parkt sein Auto ganz in der Nähe. Wir steigen aus und gehen den beiden entgegen.
»Hab ihn noch nicht gesehen«, wispert Zoe.
»Ich gehe schon mal rein«, beschließe ich. Alex folgt mir. Wir zahlen den Eintritt und drängen uns in den dunklen, vollgestopften Raum. Unmöglich hier jemanden zu treffen, außer, man fällt über ihn.
»Tanzen?«, fragt Alex.
Ich schüttele den Kopf. Ich habe die irre Hoffnung, dass mein Körper instinktiv zu Luca findet, aber dafür muss ich mich frei im Raum bewegen. »Ich schau mal, ob ich ihn finde«, schreie ich Alex ins Ohr. Er nickt.
Ich lasse mich durch den Raum treiben oder drängen und halte Ausschau nach Luca. Mir ist vollständig klar, dass es nicht damit getan ist, ihn zu entdecken, denn wie spreche ich ihn an? Wird er überhaupt mit mir reden wollen? Hier? Wohl kaum. Ich entdecke ein paar Leute und dann sehe ich Fritz. Fritz ist mit Luca befreundet, wenn Luca hier ist, wird Fritz es vielleicht wissen. Ich erwische ihn am Rand der Tanzfläche.
»Hey, ich suche Luca!«, schreie ich. Fritz zuckt mit den Achseln.
»Ist er da?«, hake ich nach.
»Du weißt, dass es diese Dinger gibt, mit denen man Menschen anrufen kann?«, sagt Fritz dicht an meinem Ohr und grinst.
Ja, ich weiß. Aber ich will nicht am Telefon hören, dass Luca mich nicht sehen will, sondern den Überraschungsmoment nutzen. Vielleicht keine gute Idee.
»Frag doch Hannah!«, sagt Fritz und deutet durch die Menge auf ein Mädchen mit einer Bierflasche in der Hand. Ich erkenne sie kaum. Ihre langen blonden Haare hängen ihr ins Gesicht, sie sieht - betrunken aus. Ich schiebe mich zu ihr durch.
»Hannah?« Sie schaut auf, ihr Blick ist glasig.
»Alles okay?«
Eine Freundin neben ihr verdrückt sich. Ich frage mich, ob Hannah schon sechzehn ist. Sie antwortet mir nicht, vielleicht, weil sie es gar nicht mehr kann.
Ich nehme ihr die Bierflache wie einem Kleinkind die Nuckelflasche aus der Hand. Ich dachte, ich hätte großen Liebeskummer, aber das hier sieht nach einer größeren Katastrophe aus.
»Komm, wir gehen nach draußen an die frische Luft.«
Ich sage das, was man so sagt, damit sie mich versteht. Ich nehme sie an die Hand. Sie lässt sich von mir durch die Menge ziehen, ohne zu protestieren. Ich habe sie fast am Ausgang, als sie stehen bleibt.
»Wo ist Luca?«, presst sie hervor.
»Weiß ich nicht.«
Sie sieht mich an, als ob sie mir nicht trauen würde und ich begreife, dass sie ihm auf keinen Fall begegnen möchte.
»Wir haben uns gestritten«, sage ich, obwohl das nicht ganz stimmt, aber es kommt auf das Gleiche hinaus. Sie lässt sich weiter ziehen. Irgendwie habe ich erwartet, draußen auf Zoe und Sven zu
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