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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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ich. »Ich will . . .«
    »Schluss jetzt!« Michelle war zwischen uns getreten. »Das geht zu weit, Alec«, sagte sie. »Ich will nicht, dass in diesem Haus gebrüllt wird. Ich will, dass das . . .« Michelle zeigte auf mich, als wäre ich eineEpidemie oder ein Fluch. ». . . endlich aufhört. Warum wir? Warum müssen wir uns darum kümmern? Was geht uns das an? Sag es mir. Sag mir, warum ihre verdammte Mutter . . .«
    Sie kam nicht weiter, denn jetzt fing Val an zu schreien, so laut und hoch, dass ich dachte, gleich zerspringen die Fensterscheiben in tausend Stücke.
    Michelle drückte Vals Kopf an ihre Brust und gab einen beruhigenden Laut von sich. Sie sprach zu Val, als wäre sie ein Baby. »Ist ja gut, mein Kleines. Es tut mir so leid. Alles ist gut. Mommy ist bei dir. Komm, wir gehen raus. Wir schauen, wie weit die Männer mit dem Pool sind. Was meinst du, wollen wir schwimmen gehen?«
    Schon war sie in der Tür. Dort drehte sie sich noch einmal zu mir um. »Denk an das, was ich im Auto zu dir gesagt habe«, zischte sie mir zu. »Ich meine es ernst.«
    Dad schloss die Tür. Er trat auf mich zu, die Arme ausgebreitet. »Little Wolf, was ist denn mit dir los, du . . .«
    »Rebecca! Ich heiße Rebecca!«, fauchte ich. »Und ich will wissen, wer dieser Mann neben deinem Großvater ist.«
    Dad zuckte mit den Schultern. Seine Ahnungslosigkeit schien echt zu sein, er schien wirklich nicht zu verstehen, was in mich gefahren war.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er ratlos. »Ich habe das Bild gefunden, nachdem du mir damals diese Mail wegen Grandpa Will geschickt hast. Es hat mir gefallen, deshalb hab ich es aufgestellt. Ich kenne den Mann nicht. Ich weiß nur, dass die Frau auf dem Bild die Verlobte deines Urgroßvaters war. Ihr Name war ein Tabu in unserer Familie, sie muss damals für einen Riesenskandal gesorgt haben. Soweit ich weiß, war sie Tänzerin und hat deinen Urgroßvater quasi vor dem Altar stehen lassen. Wegen . . .«
    Dad betrachtete die Radierung. Plötzlich runzelte er die Stirn. Auchihm schienen die Zusammenhänge erst jetzt klar zu werden. » . . . ich schätze, seinetwegen.«
    Ich musste an die Biografie meines Urgroßvaters denken. Er hatte eine junge Engländerin kennengelernt, die ihn in der Nacht vor der Hochzeit für einen anderen verlassen hatte. Zum ersten Mal sollte ich erleben, was es heißt, aus Liebe sterben zu wollen.
    »Und mehr«, fragte ich Dad. »Mehr weißt du nicht?«
    Dad schüttelte den Kopf. »Ich war noch zu klein«, sagte er. »Ich weiß nur das wenige, was ich dir gerade erzählt habe. Aber warum interessiert dich das? Warum kommst du ausgerechnet jetzt damit?«
    Ich biss mir auf die Lippen. Vorhin wäre ich beinahe mit Tyger herausgeplatzt, in dem absurden Glauben, dass Dad oder Janne hinter dem plötzlichen Erscheinen meines Englischlehrers stecken könnten. Aber das hier war keine Verschwörung, sondern eine Sackgasse. Tygers Erscheinen musste andere Ursachen haben und mein Dad konnte mir nicht weiterhelfen.
    »Ich hab’s einfach wissen wollen«, sagte ich. »Das ist alles.«
    Ich sah zur Tür und dann wieder zu Dad. »Ich möchte noch etwas anderes wissen. Michelle. Warum hasst sie mich so?«
    Dad machte einen Schritt auf mich zu. Um seinen Mund zuckte es, dann fiel sein Blick auf die Dinge, die ich aus seinen Schubladen gezerrt hatte. Als er das Foto von Janne entdeckte, das ich sprichwörtlich mit Füßen getreten hatte, holte er Luft. Er hob es auf und strich über Jannes Wangen.
    »Du hast Michelle das Leben nicht leicht gemacht in der letzten Zeit«, murmelte er.
    »Daran liegt es nicht, und das weißt du genau«, entgegnete ich schroff. »Es war immer schon so. Ich war nicht viel älter als Val, als du mit Michelle nach Amerika gegangen bist. Ich war ein kleines
    Mädchen, kein durchgeknallter Psycho wie jetzt. Warum, Dad? Ist es wegen Janne? Was kann ich dafür? Was habe ich Michelle getan?«
    »Du bist meine Tochter.« Dad sah mir in die Augen. »Du bist mein Fleisch und Blut.«
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich starrte ihn an.
    »Das ist doch kein Grund! Ihr habt Val. Sie ist . . .« Ich wiederholte Dads altmodische Ausdrucksweise. » . . . sie ist euer Fleisch und Blut.«
    Dad schüttelte den Kopf. »Das ist sie eben nicht«, sagte er. »Michelle kann keine Kinder bekommen. Wir haben Val adoptiert.«
    Er legte Jannes Bild auf seinen Schreibtisch, dann drehte er sich um und verließ das Gartenhaus.
    Val tobte im Pool, sie trug rote Schwimmflügel und spritzte

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