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Luciano

Luciano

Titel: Luciano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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die in steifen Fingern ein Ende der
Klingelschnur hielten.
      Neben einem reichverzierten schwarzen
Sarg war eine rote Pfütze. Er kauerte nieder, um sie genauer
anzusehen, und dann sträubte sich sein Nackenhaar, als ein
Glöckchen schwach zu bimmeln anfing.
      Er stand auf und spähte
über den Rand des Sarges. Der Tote lag ganz friedlich da, die
Hände um eine elfenbeinerne Madon na gefaltet. Friedlich und
schön. Suslow beugte sich dichter über den Sarg, und der Tote
schlug die Augen auf. Es klickte, als die Madonna in der rechten Hand
des Mannes nach oben stieß.

      Hochwürden Collura stand an der
Kirchenmauer vor einem Exekutionskommando aus sechs Ukrainern,
während die Be völkerung von Bellona zusah. Meyer, der in
einem Gelände fahrzeug stand, nickte, Schüsse bellten, und
der alte Priester fiel zu Boden.
      »Bloß damit ihr seht,
daß ich es ernst meine«, rief Meyer. »Ihr alle
wißt, wen ich suche. Ihr habt fünf Minuten Zeit, um den Mund
aufzumachen. Wenn ich dann nichts höre, hole ich mir zwei weitere.
Danach vier, und so weiter. Es liegt jetzt bei
    euch.«
      Maria, die aus dem oberen Fenster von Barberas Haus blick te, sagte: »Wir müssen etwas tun.«
    Barbera sagte: »Wir können nicht viel
tun. Die meisten jun gen Männer sind in den Bergen. Wir hatten
keine Zeit mehr, uns zu sammeln. Es kam alles so plötzlich.«
      »Was ist mit den amerikanischen
Truppen?« sagte Luciano. »Wie lang wird es noch dauern, bis
sie hier sind?«
      »Ich weiß nicht, was vorgeht.«
      »Dann versuchen wir, ob wir über Funk etwas erfahren.«
      Sie gingen hinaus, Luciano zog das
verbundene linke Bein mühsam nach. Maria öffnete das Fenster,
gerade als Meyer sagte:
      »Der Engländer, Carter, und die Frau, Maria Vaughan.«
      Die Leute standen schweigend im
ständig fallenden Regen. Meyer gab einen Befehl, und zwei Ukrainer
holten zwei alte Männer aus der Menge.
      Ohne weiter zu überlegen, ging
Maria die Treppe hinunter, öffnete die Vordertür und gelangte
durch die Seitengasse auf den Dorfplatz. Bei ihrem Erscheinen erhob
sich ein Gemurmel aus der Menge. Sie blieb vor dem Geländewagen
stehen und blickte zu Meyer auf.
      »Ich bin Maria Vaughan«, sagte sie schlicht. »Sie können diese Leute freilassen.«
      Meyer starrte sie an. »Und Ihre Freunde?«
      »Da kann ich Ihnen nichts sagen. Ich spreche nur für mich.«
      Er sah sich um. »Wo ist Leutnant Suslow?«
      »Ich weiß es nicht, Herr
Major«, erwiderte einer der Unter offiziere. »Macht
vermutlich noch Haus-zu-HausDurchsuchung.«
    »In Ordnung«, sagte Meyer.
»Stellt diese Frau an die Wand.« Wieder blickte er auf sie
herunter. »Es sei denn, Sie hätten es sich inzwischen
überlegt.«
      »Ich habe nichts zu sagen«, erwiderte sie ruhig.
      Zwei Ukrainer packten sie und zerrten
sie zur Kirchenmauer. Dort stellten sie sie neben die Leiche von
Hochwürden Collura. In aller Eile wurde neuerlich ein
Erschießungskommando ge bildet. Maria bekreuzigte sich und
schloß die Augen, um zu beten. So sah sie nicht, daß Koenig
mit einer Handvoll seiner Fallschirmjäger auf der anderen Seite
des Dorfplatzes auftauch te.
      »Nein!« rief Koenig.
      Sie waren zu Fuß vom Kloster
heruntergekommen, und er war todmüde. Die Schmerzen in seinem Arm
wurden fast uner träglich, und sein Gesicht war von getrocknetem
Blut verkru stet. Er trat zu Meyer, die Fallschirmjäger,
angeführt von Brandt, bildeten hinter ihm einen Halbkreis.
      »Wer ist diese Dame?«
      »Das ist die Vaughan. Sie weigert sich auszusagen, wo ihre Spießgesellen sind.«
      Koenig rief: »Miß Vaughan, würden Sie bitte hierherkom men.«
      »Nein!« sagte Meyer heftig. »Das dulde ich nicht.«
      Koenig schenkte ihm keinen Blick. »Hier befehle ich, Mey
    er. Was Sie wollen oder nicht wollen, ist belanglos.«
      »Verdammt noch mal,
Koenig«, schrie Meyer, und der lang angestaute Haß machte
sich endlich Luft. Er zog die Walther und schoß Koenig zweimal in
den Rücken.
      Koenig tat ein paar taumelnde
Schritte vorwärts, und Maria versuchte ihn aufzufangen. Das
Gewicht seines stürzenden Körpers wirbelte sie halb um die
eigene Achse.
    Meyer schoß in einer Art wahnsinniger Wut
immer weiter, Kugeln durchschlugen Marias Körper, warfen sie
zugleich mit Koenig aufs Pflaster, wo sie liegenblieben, eng
umschlungen wie ein Liebespaar.
      Die Menschen liefen auseinander,
stürzten in panischem Schrecken in die Häuser. Brandt kniete
neben

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