Lucifer - Traeger des Lichts
gab eine Menge Sterbliche, die einem lästig werden konnten.
Nachdem er also seinem sechsten Sinn zu den Stufen der Polizeiwache gefolgt war, wo nur einen Tag zuvor ein Haftbefehl mit seinem Foto ausgehängt worden war, gab Sam sich einige Mühe, seinen Plan durchzuführen.
Auf seinem Rücken trug er einen anderen Rucksack, ebenso neu wie die Dinge, die er enthielt. Er blickte hinauf zu dem gelben Ziegelsteingebäude mit dem Schriftzug »POLICE« auf einer blau erleuchteten Fläche am Eingang und ohne jegliche Fenster im Erdgeschoss. Während er so da stand, begann sein Gesicht sich zu verändern. Versuche nie, mit schwerem Geschütz zu schießen, wenn du denselben Zweck mit einem Trick erreichen kannst.
Er wurde, in einem Wort, zu einem Polizisten. Ja, in jenem Augenblick wäre ein scharfer Beobachter vielleicht überrascht gewesen, wie sehr er zu einem Polizisten wurde. In seinem festen, aber freundlichen Gesicht, das nicht die geringste Ähnlichkeit mit Sams eigenem aufwies, hätte ein Fremder keinen Polizisten gesehen, wie es ihn in Wirklichkeit gab, einen Vollzugsbeamten, der ein paar Verbrechen zu viel gesehen hatte, sondern die naive Interpretation eines Filmregisseurs, wie ein Polizist aussehen sollte - ein guter pflichtbewußter Mann.
Doch am bezeichnendsten war nicht die scheinbare Authentizität von Sams neuen Gesichtszügen oder die Uniform, die immer schon da gewesen sein musste. Wenn jemand ihn hätte beschreiben sollen, auf einen flüchtigen Blick hin, wäre alles, was er hätte sagen können, dass er eben keine besonderen Merkmale aufwies. Er war einfach ... typisch.
Mit unbewegtem Illusionsgesicht lief Sam kaltblütig die Stufen hinauf und in die Polizeiwache. Der Trick besteht darin, so auszusehen, als wüsste man, was man tut. Menschen widerstrebt es, andere zu befragen, die absichtsvoll dreinschauen, aus Angst, dass deren Absicht auf sie zurückfallen könnte.
Der müde Polizist am Empfang blickte auf, doch als er die Uniform sah, schaute er wieder weg. Sam trottete so viele zugängliche Flure entlang, wie er finden konnte, bis sein sechster Sinn ihn informierte, dass er eines der vielen Türschlösser würde knacken müssen, um an seine Beute zu gelangen.
An der Tür, zu der ihn seine Sinne gelenkt hatten, war ein Zahlenschloss. Er gab irgendeine sinnlose Kombination ein, während sein Geist durch die Tür zu dem Schloss auf der anderen Seite drang und gegen ein Dutzend komplizierter Mechanismen drückte, bis er eine Feder fand, die ihm Widerstand entgegensetzte. Er verstärkte den Druck und spürte, wie es klick machte. Die Tür war offen.
Als er den kleinen Raum betrat, der von grellweißem Neonlicht erhellt war, hätte er bei dem Anblick, der sich ihm bot, beinahe laut aufgelacht. Auf dem Tisch vor ihm lagen sein Schwert und seine Krone. Er konnte sich gerade noch beherrschten, nicht darauf loszustürzen und sie zu packen. Eine Frau in einem weißen Kittel drehte sich zur Tür um. Ihr Gesicht war nachdenklich.
»Wer sind Sie?«
Ein Dutzend Antworten kamen ihm in den Sinn, die er sich vorher zurechtgelegt hatte. Dennoch zögerte Sam, lange genug.
dass sie ihn erneut fragte, wobei sie ihm ins Gesicht sah und versuchte, die nicht erkennbaren Züge zu erkennen. »Ich soll die Sachen hier holen«, antwortete er schließlich.
»Davon hat man mir nichts gesagt.« In ihrem leicht gekränkten Tonfall lag eine Aufforderung, ihr irgendein offizielles Formblatt vorzulegen, das keine noch so geschickte Illusion hervorzaubern konnte. Illusionen brauchten genaue Vorstellungen als Grundlage, und Sam hatte keine Ahnung, wie so ein Formular aussehen sollte.
Um Zeit zu gewinnen, versuchte er das Thema zu wechseln, und dazu fiel ihm nichts Besseres ein, als zu fragen: »Haben Sie das Metall analysiert? Was haben Sie herausgefunden?«
Sie runzelte die Stirn, aber er hatte sie richtig eingeschätzt. Eine Wissenschaftlerin, die man nur nach ihrem Spezialgebiet zu fragen brauchte, um alle anderen Gedanken in ihrem Kopf zu verdrängen. Sie nahm die Krone mit behandschuhten Fingern auf und drehte sie um. »Es ist ein Metall, wie ich es nie zuvor gesehen habe. Irgendeine Legierung, vermute ich, aber woraus? Ich weiß es nicht Es spricht auf keinen der Standard-Tests an. Und sehen Sie sich das an!«
Sam zuckte zusammen, als sie den Reif so hart, wie sie konnte, gegen die Tischkante schlug. Als sie ihn wieder hob, war nicht einmal ein Kratzer zu sehen. Ein Bunsenbrenner stand in der Nähe, und sie hielt die
Weitere Kostenlose Bücher