Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
überhaupt nicht zurück auf die Erde! Lucy hätte es Ephirania am liebsten ins Gesicht geschrien, aber sie brachte keinen Ton heraus. Stattdessen verschwamm plötzlich Ephiranias Gesicht vor ihr. Sie sah das Gesicht ihrer Mutter, wie sie Kim anlächelte, hörte die fast zärtliche Stimme ihres Vaters, als er mit seiner Pflegetochter geredete. Sah plötzlich die skeptischen Blicke ihrer Eltern auf sich selbst gerichtet. Sie hörte wieder die Frage, ob sie noch die Tochter war oder die Außerirdischen sie verändert hätten. Lucy wollte etwas sagen, sich irgendwie verteidigen. Es kam nur ein Schluchzer aus ihrer Kehle. Sie spürte, dass ihr die Tränen die Wangen hinunter liefen.
»Lucy du brauchst dich nicht vor deinen Gefühlen zu fürchten. Sie sind nur in deinem Kopf«, sagte Ephirania sanft.
Lucy spürte, wie ihr der Kopf gestreichelt wurde. Zärtlich fuhr eine Hand über ihren Rücken. Das konnte nicht sein! Ephirania hatte keine Hände!
»Weißt du, ich kann deine Gefühle nicht vollkommen nachvol lziehen. Ich bin ganz anders aufgewachsen als du. Ich konnte niemals meine Mutter in den Arm nehmen. Ich bin ein völlig anderes Wesen, ich brauche so etwas nicht. Trotzdem bin auch ich manchmal einsam. Mein Volk hat nur die gedanklichen Verbindungen untereinander. Über sie tauschen wir Gedanken aus und auch Gefühle. Meine Mutter, meine Schwestern und Cousinen haben mich zwar nicht verstoßen, aber sie halten Abstand zu mir. Sie finden es merkwürdig, dass ich hier bei euch bin, dass ich mit euch rede und dass ich mich für eure Ziele einsetze. Sie reden nicht mehr so oft mit mir. Sie halten sich zurück und sind nicht offen zu mir. Ich spüre nicht mehr die liebevollen Gefühle in ihren Gedanken. Trotzdem weiß ich, dass sie mich noch lieb haben. Sie werden sehen, dass ich noch zu ihnen gehöre, wenn es soweit ist. Wenn ich ihnen zeigen kann, dass ich das Richtige tue.«
Ephirania schwieg einen Moment. Lucy starrte auf die Tr änen, die von ihrer Wange auf ihre Hose tropften. Sie spürte wieder diese unsichtbare Hand. Sie legte sich sanft unter ihr Kinn und hob es an, bis Lucy aus ihren feuchten Augen Ephirania ansehen musste.
»Ich habe gespürt, dass es bei dir ganz ähnlich ist«, redete Eph irania mit sanfter Stimme weiter. »Du fühlst dich genauso von deinen Eltern und Geschwistern abgeschnitten. Sie verstehen nicht, was du hier tust. Eines Tages werden sie es erfahren und dann werden sie stolz sein. Du solltest daran denken, dass sie dich noch immer lieben, auch wenn sie im Moment nichts mit dem anfangen können, was du machst.«
Lucy nickte schwach. Ihr war womöglich noch kälter als vo rher.
»Hilfst du mir aus dem Stuhl? Ich möchte mich zu dir setzen«, sagte Ephirania. Lucy und der Stuhlroboter setzten sie auf die Liege neben Lucy.
»Danke, dass ich neben dir sitzen darf.«
»Dafür brauchst du dich doch nicht bedanken«, schniefte L ucy.
»Ich sage dir ein paar Dinge, die dir wehtun. Andere Leute hier auf dem Schiff hätten mich entweder rausgeschmissen oder wären we ggelaufen.« Ephirania grinste wieder frech.
»Wieso sollte ich dich rausschmeißen? Du hast ja recht. Ich bin in diesen idiotischen Gefühlen gefangen. Alle um mich h erum machen etwas. Ich sollte die Anführerin sein, aber ich bekomme nichts zustande. Ich bin einfach zu schwach. Mir ist nur noch kalt. Ich kann nichts mehr tun«, schluchzte Lucy. »Bitte sucht euch doch jemand anderen als Anführer. Ich kann das nicht. Ich kann meine Leute nicht beschützen. Durch meine Schuld ist auch schon Gerizan gestorben. Ich kann nicht siegen. Ich kann nicht mal die Flucht vorbereiten.«
»Siehst du, das ist doch ein Grund, warum wir dich brauchen. Die Aranaer planen, ihre eigene Spezies irgendwie zu retten. Die Imp erianer haben diesen Teil der Galaxie schon aufgegeben. Sie bereiten nur noch die Rettung des Bundes selber vor. Glaube mir, auf diesem Schiff gibt es nur sehr, sehr wenige wie ich und Srandro, die über die Grenzen der Spezies hinweg denken und auch fühlen.«
»Aber ich bin nicht wie Srandro. Ich schaffe das nicht. Ich bin nicht so ein Anführertyp wie er.«
»Du darfst dich nicht immer mit Srandro vergleichen und ihm auch nicht mehr böse sein, dass er gegangen ist. Er hat seinen Teil erfüllt. Er ist dorthin gegangen, wo er hingehört. Er hätte niemals bei euch bleiben können, für längere Zeit meine ich. Das weißt du doch selbst.«
»Aber ich denke doch gar nicht mehr an ihn. Der ist mir völlig egal«, empörte
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