Lucy im Himmel (German Edition)
habe ich mir kurzerhand von einem Goldschmied zu einem Nasenstecker umarbeiten lassen.«
»Oh, so einen Nasenflügelglitzerstein hätte ich auch gerne«, murmelte ich und dachte an meinen Ehering, der ebenfalls mit einem kleinen Diamanten verziert war. Seit meinem Tod lag er in der obersten Schublade des Nachtkästchens meines Mannes.
»Warum lässt du dir dann kein Nasen-Piercing stechen? Es würde dir sehr gut stehen.«
»Findest du?«
Bea nickte. »Wenn du Schiss hast, halte ich Händchen.«
Irgendwie fand ich es schade, dass ich es nicht machen lassen konnte. Seufzend schüttelte ich den Kopf. »Das geht leider nicht. Mein Mann wäre total dagegen.«
Armer Gregor!, dachte ich. Wofür er alles herhalten musste. Dabei hätte es ihn sicher ganz und gar nicht gestört.
Siebzehntes Kapitel
In dem Lucy ein Déjà-vu hat
Es ging schon auf Mitternacht zu, als ich mich von Bea verabschiedete und in der lauen Sommernacht auf den Heimweg machte. Als ich gegen ein Uhr endlich zu Hause ankam, blieb ich wie angewurzelt im Garten stehen: In unserem Häuschen herrschte Festtagsbeleuchtung. Die Schiebetür zum Wohnzimmer stand weit offen, auf der Terrasse saßen Gregor und seine beiden Kollegen Claudia und Tobias. Vor ihnen standen leergegessene Teller, eine Schüssel mit einem Rest Spaghetti und ein großes, zur Hälfte geleertes Glas Pesto. Ich war sprachlos. Kaum war die Katze aus dem Haus, schon tanzten die Mäuse auf dem Tisch. Irgendwie schien mein Göttergatte allein doch gar nicht so schlecht zurechtzukommen.
Während ich nähertrat, erhob sich Claudia, stellte die Teller zusammen und trug den Stapel Geschirr in die Küche, wo sie begann, ihn in die Spülmaschine zu räumen – natürlich ganz anders, als ich es meinem Mann beigebracht hatte. Er unternahm jedoch nichts, außer einem einzigen, äußerst vagen Versuch, sie überhaupt von dieser Tätigkeit abzuhalten. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass er es genoss, es nicht selbst machen zu müssen und seiner jungen Kollegin unter dem Vorwand, noch eine Runde Bier zu holen, gerne dabei zusah.
Schlussendlich war es sein entspanntes Lächeln, das mich dazu verleitete, Claudia versehentlich einen Teller herunterfallen zu lassen.
Am Morgen überraschte mich mein Mann damit, dass er die hellblaue, ausgewaschene Jeans anzog, in die ich ihn vor ein paar Tagen gezwungen hatte. Zwar wählte er schwarze Socken und ein ebensolches Hemd mit feinen orangefarbenen Streifen dazu, aber es hatte ganz offensichtlich ein Wandel eingesetzt. Hoffentlich merkte Gabriel das nicht sofort, sonst wäre meine Mission auf der Erde schneller beendet, als mir lieb war.
Selbstverständlich blieb Gregors Kollegen die veränderte Kleiderwahl nicht verborgen. Ich erkannte es an den Blicken, mit denen sie ihn musterten, und dem darauffolgenden wohlwollenden Lächeln. Aber es war natürlich mal wieder Tobias, der jedermanns Gedanken in Worte fasste.
»Sind dir die schwarzen Klamotten ausgegangen oder hast du endlich festgestellt, dass das im Sommer eine megaunpraktische Farbe ist, weil man sich damit zu Tode schwitzt?«
Mein Mann sah ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Na, egal. Ich finde es jedenfalls einen erfreulichen Anblick. Und den Damen im Sekretariat geht das ganz genauso.«
Ein paar Minuten später steckte Claudia den Kopf ins Zimmer und fragte Gregor schüchtern, ob er einen Augenblick Zeit für sie habe.
»Natürlich, Claudi. Was ist denn unklar?«
»Es geht noch mal um die Zuständigkeiten im nordbayerischen Raum. Du hast mir doch gestern gesagt, dass du mir das auf der Karte zeigst.«
»Stimmt.« Er setzte seine Brille auf und wandte sich seinen Monitoren zu. »Hol dir einen Stuhl, und komm zu mir hinter den Schreibtisch.«
Ich hielt die Luft an. War das wirklich mein um mich trauernder Mann, der auf einmal zu solch raffinierten Schachzügen im Stande war? Das Mädel ließ sich jedenfalls nicht lange bitten. Flugs setzte sie sich neben ihn. Und wieder konnte ich genau dasselbe Phänomen beobachten wie vor zwei Tagen: Anfänglich hielt sie mit züchtig übereinandergeschlagenen Beinen sittsam Abstand. Doch je länger das Gespräch dauerte, desto näher rutschte sie an meinen Göttergatten heran. Diesmal ließ ich sie keine Sekunde aus den Augen. Ihre Bewegungen wurden immer ausladender, immer wieder kam es
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