Lucy in the Sky
lächeln.
»Ein Rückfall«, gesteht er.
»Bist du schon lange hier?«
»Halbe Stunde, vierzig Minuten … «
»Komm rein, du frierst bestimmt.«
Er schließt sein Auto ab und folgt mir die Treppen hinauf.
In der Wohnung schalte ich den Wasserkocher an und biete ihm Bier, Wein oder Kaffee an, bevor ich mich selbst für ein Glas Wein entscheide. Er wählt Kaffee, weil er noch fahren muss.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkomme, sitzt er vornübergebeugt auf dem Sofa, den Kopf in die Hände gestützt. Ich setze mich ans andere Ende, ziehe die Beine an und schaue ihn an. Ich nippe an meinem Wein, warte und betrachte ihn dabei. Seine Haare fallen ihm sexy ins Gesicht. Wann war er denn beim Friseur?
Schließlich halte ich es nicht mehr aus.
»Was willst du hier, Nathan?«
Er seufzt und lehnt sich zurück. »Ich weiß es nicht.« Er hebt den Kopf und sieht mich an. Sein Blick ist voller Schmerz. Eine Sekunde lang streckt er mir die Hand entgegen, aber als ich sie nicht nehme, lässt er sie aufs Sofa sinken.
Ich möchte ihm nahe sein. Ich möchte seine Hand nehmen, mich an seine Brust kuscheln und mich von ihm festhalten lassen. Ich möchte ihn küssen. Ich möchte mit ihm schlafen.
Ich möchte nicht, dass er in etwas mehr als zwei Wochen nach Australien zurückgeht.
»Dein Kaffee wird kalt«, sage ich.
»Ist mir egal.«
»Wenn ich dir Tee gemacht hätte, wäre dir das aber nicht egal.«
Einen flüchtigen Augenblick lächelt er, und ich ebenfalls.
»Bitte, Lucy, komm her.« Abermals streckt er mir die Hand entgegen. Ich rutsche ein Stück näher und lasse ihn meine nehmen. Er sieht mich traurig an. »Ich weiß nicht, was hier vorgeht«, sagt er schließlich. »Und ich weiß nicht, was los ist. Ich sehe dich hier, in dieser grandiosen Wohnung mit deinem tollen Job und deinen wirklich sehr netten Freunden … «
»Und vergessen wir James nicht«, sage ich, bevor ich mich zurückhalten kann.
»Als könnte ich den vergessen.«
Einen Moment lang herrscht wieder Schweigen.
Schließlich sage ich: »Was ist mit dir? Du gehst in zweieinhalb Wochen zurück nach Sydney. Du überlegst doch bestimmt nicht, hierzubleiben, oder?«
»Selbst wenn ich meinen Flug ein bisschen verschieben könnte, was würde uns das bringen? Irgendwann würde ich doch nach Hause wollen. Ich vermisse den Strand. Das Surfen. Und meinen Bruder – er ist die einzige Familie, die ich habe.«
»Meine Mum ist die einzige Familie, die ich habe«, erwidere ich leise.
»Ich weiß. Und es tut mir leid. Es ist ein Albtraum.«
»Ich weiß ja nicht mal, was du für mich empfindest.«
»Doch, das weißt du.« Er sieht mir tief in die Augen. »Du weißt es.«
Mein Herz klopft wie verrückt. »James kommt bald von der Arbeit«, sage ich schließlich.
»Dann sollte ich jetzt wohl besser gehen, was?« Er steht auf, aber ich bleibe sitzen. O Gott, ich möchte ihn nicht gehen lassen. Aber ich muss.
»Was machst du an Weihnachten?«, platze ich heraus, als er bei der Tür ist, in dem Versuch, den Abschied hinauszuzögern. Ist es das jetzt? Ist das jetzt der Moment, in dem er aus meinem Leben für immer verschwindet?
»Ich bin bei Richard und Ally und den anderen im Haus. Keiner von uns hat hier Familie, weißt du … «
»Tja, dann wünsche ich euch eine schöne Feier«, bringe ich mühsam hervor. Bitte geh nicht. Bitte.
»Danke ebenfalls.« Ein trauriges Lächeln. »Vielleicht können wir uns nochmal sehen, wenn du zurück bist? Bevor ich fliege?«
»Vielleicht.« Lass ihn gehen, Lucy. Lass ihn gehen.
Er öffnet die Tür und hält noch einen Moment inne, um mich anzusehen. O Gott, nein! Er geht weiter, aber dann bleibt er abrupt stehen und zieht etwas aus der Tasche.
»Du hast deine Kassette vergessen … nach der Beerdigung«, sagt er und legt das Tape aufs Regal.
Aber dann ist er weg.
»Nathan! Warte!« Ich renne zur Tür, reiße sie auf und ziehe ihn in die Wohnung zurück. Und dann küsst er mich, drückt mich gegen die Wand, presst die Lippen auf meine, und ich möchte, dass er nie, nie, nie wieder damit aufhört.
Dann macht er sich los, aber seine rauen Hände halten immer noch mein Gesicht fest. Dann beugt er sich wieder über mich und küsst mich, diesmal langsamer, streicht mit seinen Lippen über mein Kinn, meinen Hals und kommt dann wieder zu meinen Lippen zurück. Ich lasse meine Hände unter seinen Pullover gleiten und fühle seinen festen, muskulösen Oberkörper. Ich weiß, ich muss aufhören. Es erfordert meine gesamte
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