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Lucy in the Sky

Lucy in the Sky

Titel: Lucy in the Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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er und nimmt mich in den Arm.
    Für ihn muss das alles auch schwer sein. Aber er ist sensibel genug, um zu wissen, dass es an diesem Wochenende um Mum und mich geht, und es ist eine Erleichterung, mich einfach in mein Zimmer zurückziehen zu können, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass er beleidigt sein könnte.
    Wenig später klopft Mum an meine Tür. Ich liege auf dem Bett und starre an die Decke.
    »Lucy, bitte rede mit mir.« Sie hat eine Tasse Tee für mich gemacht und setzt sich zu mir aufs Bett. »Erzähl mir von der Beerdigung. Ist James mitgekommen?«
    Ich setze mich auf. »Nein, Nathan war dabei«, antworte ich, und hoffe, dass sie mich jetzt nicht böse anschaut. Tut sie nicht. »Ich hab deinen Brief gefunden«, füge ich hinzu. Sie sieht mich verwirrt an. »Du weißt schon, mit dem Foto von mir, als ich fünf war … « An ihren Augen sehe ich, dass sie sich erinnert, und ich sehe ihren Schmerz. »Sag mir, wie es damals war, Mum. Bitte. Ich muss es wissen.«
    Mein Vater hat getrunken, er war brutal, gemein und tyrannisch, hat meine Mutter immer wieder betrogen. Einmal ist sie nach Hause gekommen und hat ihn mit zwei Nutten im Bett erwischt. Als sie ihn daraufhin verlassen wollte, hat er sie an den Haaren gepackt und so fest gegen den Schrank geschleudert, dass sie ohnmächtig wurde. Damals war sie mit mir schwanger.
    Die Misshandlungen gingen weiter. Wenn er keine anderen Frauen vögeln konnte, hatte er meine Mutter vergewaltigt. Einmal fand seine Mutter – meine Großmutter – Mum schluchzend und blutend in der Wohnung, weil mein Vater sie in blinder Wut in den Hals gebissen hatte. Die Narbe hat sie immer noch. Aber meine Großmutter hat nichts unternommen.
    Als ich geboren war, beschloss meine Mutter, mit mir zu fliehen, aber einer der Nachbarn, der sie beim Kofferpacken gesehen hatte, rannte los, um meinen Vater aus dem Pub zu holen. Er drohte damit, mich gegen die Wand zu werfen, und sagte meiner Mutter, er würde uns beide töten, wenn sie es wagen sollte, ihn zu verlassen.
    Aber schließlich hat sie ihn doch verlassen. Denn sie wusste, dass er uns töten würde, wenn wir blieben. Sie suchte mit mir Zuflucht in einem Londoner Frauenhaus, und mit Hilfe der Frauen, die dort arbeiteten, fand sie für uns eine winzige Wohnung. Dann nahm sie einen Job als Sekretärin an, und im Lauf der nächsten Jahre wurde das Leben ruhiger.
    Aber dann tauchte eines Tages meine Großmutter vor ihrer Tür auf. Sie hatte einen Privatdetektiv engagiert, um uns zu finden, denn sie hoffte verzweifelt auf eine Versöhnung. Sie wollte Mum überreden, nach Dublin zurückzukehren und sich mit meinem Vater zu treffen. Sie schwor, dass er sich geändert hätte. Aber meine Mum weigerte sich strikt, ihn zu sehen. Im Jahr danach schrieb meine Großmutter regelmäßig und schickte auch Geld. Irgendwann hatte meine Mutter so viel gespart, dass es für ein einfaches Ticket nach Australien reichte. Mit dieser Wendung hatte meine Großmutter nicht gerechnet.
    Jetzt erzählt mir meine Mum, dass mein Dad oft geschrieben und sie angefleht hatte zurückzukommen. Er wollte mich kennenlernen. Aber sie hat ihm nur dreimal geschrieben. Einmal, um ihm das Foto von mir zu schicken, weil sie sich gerade großmütig fühlte, das zweite Mal, um ihn zu bitten, seiner Mutter zu sagen, dass sie uns nicht mehr schreiben solle, und das dritte und letzte Mal, um die Scheidung zu fordern.
    »Wo sind die Briefe von meinem Vater und Großmutter
    denn jetzt?«, frage ich.
    »Ich hab sie verbrannt. Tut mir leid«, antwortet sie.
    Als ich abends ins Bett gehe, ruft Nathan an. Seit Dienstagabend habe ich achtzehn Anrufe nicht angenommen, aber jetzt gehe ich dran.
    »Lucy! Da bist du ja!« Offensichtlich hat er wieder die Voicemail erwartet. »Wo bist du?«
    »In Dunster.«
    »Wo?«
    »In Somerset. Da, wo ich wohne. Wo meine Mum wohnt«, verbessere ich mich.
    »Ach so.«
    Ich sage nichts und warte, dass er weiterspricht.
    »Lucy … «
    »Was?«, fauche ich.
    Schweigen.
    »Nathan, wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sag es einfach! Warum sagst du es nicht?«
    »Was erwartest du denn, was ich sage?«, fragt er.
    Mein Herz pocht heftig, aber ich antworte nicht.
    »Lucy … Lucy. Wegen neulich … «
    Ich warte.
    »Mann, musst du es mir denn so schwer machen? Wann kommst du zurück? Wann können wir in Ruhe reden?«
    »Jetzt wäre doch ein sehr guter Zeitpunkt.« Keine Ahnung, warum ich so gemein bin. Aber ich kann nichts dagegen machen.
    »Ich … ich weiß

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