Lucy in the Sky
Willenskraft, mich von ihm zu lösen. Ich lehne an der Wand, er an der Tür, und er sieht mich schwer atmend an.
»Was jetzt?«, fragt er, und wir lächeln beide schuldbewusst.
»Uups«, sage ich.
»Verdammt«, antwortet er. Dann werden wir ernst.
»O Gott«, sage ich. »Jetzt ist alles noch viel komplizierter geworden.« Ich versuche, sauer auf meinen Kopf zu sein, der sich von meinem Herzen hat austricksen lassen.
Nathan zieht mich an sich, schließt mich in die Arme und drückt mich an sich.
»Tut mir leid, dass es so ein Durcheinander ist«, sagt er in meine Haare. »Aber ich will dich nicht verlieren.«
»Nein, mir tut es leid.« Ich löse mich von ihm. »Es ist aus mit James. Ich spreche heute Abend mit ihm. Alles wird gut.« Ich zwinge mich, es zu glauben.
Aber sobald er weg ist, ist mir klarer denn je, in was für einen Schlamassel ich mich da geritten habe.
Als James eine halbe Stunde später nach Hause kommt, sitze ich auf dem Sofa und spiele gedankenverloren mit Nathans Concorde-Anhänger herum.
»Hi«, ruft er lächelnd und zieht sich seine Jacke aus. »Hast du es dir anders überlegt?«, fragt er, als er den vollen Becher mit kaltem Kaffee auf dem Tisch und das Glas Wein in meiner Hand sieht.
»Mhm«, nicke ich.
»Was ist los?«, fragt er, als er mein Gesicht sieht.
»Wir müssen reden«, antworte ich traurig, und sein Gesicht erstarrt, während er sich aufs Sofa setzt.
»Ich kann das nicht mehr, James. Tut mir leid.«
»Lucy, was meinst du denn damit?«, entgegnet er nervös und beäugt dabei misstrauisch das silberne Flugzeug in meiner Hand.
Ich habe mich entschieden. Nathan versteht mich, er begreift mich, er liebt mich. Ich weiß, wir haben keinen einfachen Weg vor uns. Er fliegt bald nach Hause, und der Gedanke erfüllt mich mit Grauen, aber ich kann ihn nicht gehen lassen, ohne uns wenigstens eine Chance zu geben. Ich möchte mit ihm zusammen sein. Ich möchte es so sehr.
»Es ist wegen Nathan«, erkläre ich.
»Was ist mit ihm?«
»Ich liebe ihn.« Ich muss ehrlich sein. Keine Geheimnisse mehr. Keine Lügen.
»Was? Wie bitte?«
»Tut mir leid«, wiederhole ich.
»Lucy, was zum Teufel …? Nein!« Er versucht, meine Hand zu nehmen, aber ich balle sie zur Faust. »Nein, Lucy! Tu das nicht … «, fleht er.
»Es tut mir wirklich leid, James.«
»Hör auf mit diesem blöden ›tut mir leid‹!« Jetzt schreit er.
Aber ich bleibe unerschütterlich ruhig.
»Lucy, ich liebe dich. Ich
liebe
dich! Du kannst uns doch nicht so einfach aufgeben, nicht nach all der Zeit! Bitte! Wir kriegen das wieder hin!«
»Nein, James«, entgegne ich mit einem Kopfschütteln.
»Das weißt du so gut wie ich. Wenn wir füreinander bestimmt wären, würdest du … würdest du nicht mit Zoe schlafen!«
»Was?«
Er sieht mich an, als hätte ich ihm vorgeschlagen, sich die Hand abzuhacken und als Türstopper zu benutzen.
»Ich weiß es, James. Ich glaube, ich habe es immer gewusst. Ich wollte es mir nur nicht eingestehen.«
»Lucy, du bist verrückt, weißt du das? ICH SCHLAFE NICHT
MIT ZOE !«
»Du kannst es leugnen, so lange du willst«, entgegne ich, immer noch ganz ruhig. »Aber ich weiß, dass es die Wahrheit ist.«
Er fährt sich mit den Fingern in die Haare und zieht so heftig daran, dass ich einen Augenblick Angst habe, dass er sie sich ausreißt.
»James, hör auf damit«, bitte ich ihn traurig. »Es ist okay. Es ist okay.«
»Nein, es ist verdammt nochmal nicht okay, Lucy! Ich liebe dich, verfluchte Scheiße! Ich schlafe doch nicht mit irgendeiner Schlampe von der Arbeit. Das würde ich dir nie antun!«, schreit er in totaler Verzweiflung.
Vielleicht hätte ich ihm an einem anderen Tag sogar geglaubt.
Er klappt sein Handy auf.
»Was machst du da?«, frage ich.
»Ich rufe Jeremy an«, antwortet er.
»Warum?«
»Ich möchte, dass er mir sagt, wer diese SMS geschickt hat.«
»James, es ist okay, es ist nicht nötig.«
»Nein, ist es nicht … Hi Jeremy, hier ist James. Hör mal, Kumpel, ich hab hier ein kleines Problem. Ja … ja. Du weißt doch noch, als Lucy im Februar nach Australien geflogen ist? Na ja, da hat ihr jemand eine SMS von meinem Handy aus geschickt. Keine große Sache, ich muss nur wissen, wer das war.«
Geduldig warte ich, während er die Geschichte aus Jeremy herauskitzelt. Schließlich gibt er mir das Telefon. Ich winke ab, ich möchte nämlich nicht mit Jeremy sprechen, aber James besteht darauf.
»Hallo?«
Dann erklärt Jeremy mir in aller
Weitere Kostenlose Bücher