Lucy in the Sky
er wegen so etwas lügen würde.«
Gemma nickt zustimmend.
»Kennst du ihn auch?«, frage ich sie erstaunt.
»Ja«, erwidert sie. »Martin und ich sind gestern Abend mit Chloe und William ein Bier trinken gegangen.«
»Dann warst du also dabei, als er das gesagt hat?« Mir wird noch übler bei dem Gedanken, dass meine Freundinnen ein nettes Schwätzchen über die arme kleine Lucy und ihr schreckliches Dilemma gehalten haben. Gemma nickt verlegen. Natürlich sollte man nie den Überbringer einer schlechten Nachricht strafen, aber ich bin auf einmal total wütend. Ich habe keine Lust auf diese ganzen Verwicklungen!
»Er hat sich nur nach dir erkundigt, weiter nichts«, erklärt Chloe. »Und ich hab ihm gesagt, wie es dir geht«, fügt sie matt hinzu.
»Tja«, sage ich und versuche, meine Stimme nicht zu kalt klingen zu lassen. »Vermutlich finden wir die Wahrheit raus, wenn wir uns nachher mit ihnen treffen.« Dann entschuldige ich mich und gehe zur Toilette.
Die Person, die mich dort aus dem Spiegel anstarrt, erschreckt mich. Die Diamanten in ihren Ohren glitzern gefährlich. Ich spritze mir Wasser in mein blasses Gesicht, hole ein paar Mal tief Luft und versuche mich zu beruhigen.
Als ich zurückkomme, ist die Stimmung düster und unbehaglich. Zwar geben wir uns Mühe, wieder leichtere Themen anzuschneiden, aber es klappt nicht. Schließlich unterhalte ich mich mit einem Mädchen aus der Buchhaltung. Um vier schickt James mir eine SMS .
Kommst du noch? Ich vermisse dich.
Ich antworte mit einem schlichten »Ja«, und als ich auf Senden drücke, wird mir schon wieder kotzübel.
Nach dem Essen küssen Chloe und ich Gemma, die über die Feiertage mit Martin zu ihren Eltern nach Berkshire fährt, zum Abschied auf die Wange und gehen dann nach draußen, um ein Taxi zu suchen.
»Tut mir leid, dass ich mich vorhin so doof benommen habe«, sagt Chloe, als wir im Auto sitzen.
»Schon okay«, erwidere ich. »Mir tut es auch leid, dass ich mich vorhin doof benommen habe.«
Sie legt kurz die Hand auf mein Bein. »Ich bin sicher, dass alles gut wird.« Sie lächelt, aber ich bringe kein Lächeln zustande.
Als wir im Pub ankommen, ist die Party bereits in vollem Gang. Jeremy entdeckt uns als Erster, eilt auf uns zu, umkreist mich im Rhythmus der Musik und stößt mich dabei immer wieder an. Er ist total besoffen.
Ich dränge mich an ihm vorbei zu den anderen. William kommt sofort zu uns und gibt Chloe einen dicken Kuss auf den Mund. Sie lächelt ihn verlegen an.
»Hi Lucy.«
»Hi.« Ich betrachte ihn argwöhnisch, habe aber intuitiv kein schlechtes Gefühl ihm gegenüber. Immer noch etwas benommen mache ich mich auf die Suche nach James. Wenigstens habe ich heute mit dem Alkohol aufgepasst, ich muss einen klaren Kopf behalten. Schließlich entdecke ich meinen Freund in einer dunklen Nische ganz hinten. Er redet mit Zoe, und mir wird wieder übel, als würde ein Minihurrikan in meinem Magen herumwirbeln.
Ich muss hier nicht bleiben. Ich könnte auch umkehren und die Leute sich selbst überlassen. Aber bei mir gewinnt immer der Instinkt zu kämpfen gegen den Instinkt zu fliehen. Ich gehe auf die dunkle Nische zu.
Zoes Gesicht kann ich nicht sehen, aber James hat die Stirn gerunzelt. Als er mich sieht, hellt sein Gesicht sich auf, und er stößt Zoe an, damit sie aufsteht und ihn durchlässt.
»Hi du!«, ruft er fröhlich und mit ziemlich schwerer Zunge. Dann zieht er mich an sich und küsst mich, gefolgt von einer langen Umarmung, bei der er hin und her wankt. Als er mich loslässt, sehe ich, dass Zoe neben uns steht und uns mit kaltem Blick mustert.
»Hallo Zoe.«
»Hi«, antwortet sie, ohne das Gesicht zu verziehen. »Ich gehe an die Bar. Soll ich dir auch was holen?«, erkundigt sie sich, an James gewandt.
»Lucy, was möchtest du?«
»Getränke sind gratis heute«, erklärt Zoe mir, als sie sieht, dass ich nach meiner Handtasche greife, und verzieht den Mund. Ich hätte nicht gewollt, dass sie meinen Drink bezahlt.
»Oh, okay. Dann bitte einen Wodka-Cranberry.«
»Und du, James?«
»Ich nehm noch einen Whisky, danke, Sü- äh, Zoe.«
»Nein, ich meine, kannst du mir helfen? Drei Drinks schaff ich nicht allein.«
Ich sehe ihn an. Ob er es wagt, mich hier stehen zu lassen?
»Sei nicht albern, Zoe, du kannst fünf Drinks alleine tragen, wenn du willst. Das hab ich schon mit eigenen Augen gesehen!«, sagt er betont wohlwollend. Zoe hebt die Augenbrauen und stolziert davon. James wendet sich wieder mir
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