Lucy in the Sky
zu seinen Eltern schon vor Wochen gekauft.
Ich schaue in James’ hoffnungsvolles Gesicht. »Okay«, sage ich schließlich, und er presst mich so heftig an sich, dass es mir die Luft abdrückt.
»Danke. Danke«, schnieft er in meine Haare.
Mir ist übel.
Später am Abend sage ich James, dass ich ein bisschen spazieren gehen will. Ich möchte Nathan anrufen, und das kann ich nicht von der Wohnung aus. Aber James errät natürlich, was ich vorhabe, und fleht mich an zu bleiben. Er sieht so verzweifelt aus, dass ich es nicht ertrage. Also finde ich mich damit ab, dass ich Nathan am nächsten Tag von der Arbeit aus anrufen muss, und lenke mich ab, indem ich eine Tasche packe, die ich über Weihnachten zu James’ Eltern mitnehmen will. Aber ich kann mein Unbehagen nicht abschütteln.
In der Nacht will James mit mir schlafen. Als ich mich weigere, hält er mich einfach nur ganz fest. Ich habe das Gefühl zu ersticken.
»Treffen wir uns später?«, fragt er mich am nächsten Morgen. Es ist der Freitag vor Weihnachten, und er geht nach der Arbeit mit seinen Kollegen noch was trinken. »Ich muss da aber nicht unbedingt hin«, sagt er. »Wenn du nicht möchtest, dass ich gehe, dann lass ich es.«
»Nein, ist schon okay.« Ich lächle, und ich fühle mich unwohl damit, dass er so nachgiebig ist. »Ich kann ja später mit Chloe vorbeikommen.«
Er umarmt mich wieder, und ich fühle mich total hilflos und ausgeliefert.
Ich beschließe, zu Fuß zur Arbeit zu gehen, und als ich die belebte Marylebone Road hinter mir lasse und durch die stilleren Straßen gehe, wähle ich Nathans Nummer.
»Hi«, antwortet er herzlich.
Ich kann nicht glauben, dass ich das tue. »Nathan … «, setze ich an.
»Du machst doch nicht Schluss mit ihm, stimmt’s?«, unterbricht er mich. Sofort füllen sich meine Augen mit Tränen, und ich habe einen riesigen Kloß im Hals, egal wie sehr ich versuche, ihn runterzuschlucken. Ich gehe durch die Paddington Green Gardens, vorbei an der weißen Statue des kleinen verloren aussehenden Jungen und setze mich auf eine Bank.
»Ich … ich weiß nicht … « Ich krame in meiner Manteltasche nach einem Taschentuch.
»Ist schon okay, Lucy«, sagt er. »Ich verstehe.«
»Wirklich? Ich nämlich nicht. Ich weiß überhaupt nicht, was ich da eigentlich tue!«
Eine Frau im Businesslook kommt an mir vorbei und mustert mich versuchsweise unauffällig.
»Doch«, sagt er. »Ich verstehe es.«
Einen Moment herrscht Schweigen, und ich sitze nur da und halte das Telefon an mein Ohr, während die Tränen auf meinen Wangen Mascaraspuren hinterlassen.
»Molly ist schwanger«, sagt er nach einer Weile ruhig.
»Wirklich?«, stoße ich hervor. »Das ist toll!« Auf einmal freue ich mich.
»Du darfst ihr nicht sagen, dass du es schon weißt. Sie hat die ersten zwölf Wochen noch nicht hinter sich, aber Sam konnte es nicht für sich behalten. Wenn sie anruft, musst du bitte so tun, als wärst du überrascht. Tut mir leid, wenn es das jetzt für dich unangenehm macht.«
»Aber nein! Ich freue mich so für die beiden.«
»Ich mich auch.« Er zögert. »Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum ich zurückmuss.«
Etwas in mir stirbt, als mir klar wird, was ich getan habe. Das war’s. Ich hab ihn verloren. Obwohl ich James gesagt habe, ich würde mit ihm über Weihnachten zu seinen Eltern fahren, habe ich nicht wirklich geglaubt, dass es tatsächlich so kommen würde. Aber jetzt holt mich die Realität ein.
James ist meine Zukunft. Eines Tages werden seine Eltern meine Schwiegereltern sein, und ich sehe viele, viele Weihnachtsfeiern vor mir, Jahr für Jahr, an denen wir unsere Zuneigung zwischen Kent und Somerset aufteilen, und irgendwann feiern wir dann in unserem eigenen Heim, mit unserer eigenen Familie. O Gott, ich weiß nicht, ob ich das ertrage.
»Bleiben wir in Kontakt?«, frage ich schließlich, während ich mich weiterhin bemühe, den Kloß zu schlucken, der aber leider inzwischen noch größer geworden ist.
»Natürlich.«
Wir wissen beide, dass es zwischen uns niemals wieder so sein wird, wie es war. Und es war nicht viel, aber genug. Ich weiß, er wird immer zu meinem Leben gehören, durch Molly und Sam, aber wenn ich mir vorstelle, irgendwann zu erfahren, dass er mit einem anderen Mädchen zusammengezogen ist, dass er sie heiratet und mit ihr Kinder hat … Ich schluchze lautlos.
»Lucy«, sagt Nathan. »Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben.« Seine Stimme bricht, und ich weine noch
Weitere Kostenlose Bücher