Lucy kriegt's gebacken
zu. „Gegen mein unglaubliches Tempo kommst du nicht an.“
„Scheint so“, murmelt er, ein Lächeln um die Lippen. Mein Magen zieht sich zusammen, und ich werfe einen Blick auf die dritte Base. Die müsste ich auch noch schaffen.
„Netter Versuch, Ethan!“, ruft Ash von der Tribüne.
„Danke, Ash“, erwidert er und salutiert in ihre Richtung. Sie wird so rot, dass allen anderen um sie herum heiß wird. Arme Ash - sie braucht wirklich Freunde in ihrem eigenen Alter.
So ziemlich jeder gehfähige Erwachsene unter siebzig spielt in der Mackerly-Softball-League, und jedes einzelne der sechs Innenstadtgeschäfte unterstützt ein Team. So auch International Food Products, Ethans Arbeitgeber, die Mannschaft, die heute Abend gegen das Bunny‘s-Bakery-Team spielt.
Nicht nur bin ich die Chefin unseres kleinen Baseball-Clubs und verbringe meine Winterabende damit, die Mannschaft aufzustellen, Termine zu organisieren und die Ausrüstung zu warten, ich bin auch eine der besten Spielerinnen der Liga, wie ich stolz berichten kann. Meine Schlagquote in dieser Saison beträgt Punkt fünfhundertdreizehn (verrückt, ich weiß!). Als Pitcher habe ich die meisten Strikeouts der ganzen Liga, und ich habe mehr Bases gestohlen als alle meine Mannschaftskollegen zusammen. Man könnte durchaus sagen, dass ich wahnsinnig gern Softball spiele.
Ellen Ripling ist dran und schlägt. Sie war seit dem zweiundzwanzigsten Juni nicht mehr auf dem Spielfeld, und da wir inzwischen Mitte September haben, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie mich zur dritten Base bringt. Wie auch immer, es steht vier zu eins für Bunny‘s, und wir sind am Ende des achten Innings. Ich warte den richtigen Zeitpunkt ab. Zweiter Ball. Ich schiele zu Ethan, der klug genug ist, in der Nähe der Base zu bleiben, falls ich lossause. „Wie läuft es in deinem neuen Job?“, frage ich. Von einigen zufälligen Treffen im Eingang unseres Gebäudes abgesehen, haben Ethan und ich nicht mehr richtig miteinander gesprochen, seit er wieder in Mackerly lebt.
„Ist okay“, sagt er. „Viele Besprechungen.“
„Du hast mir noch gar nichts darüber erzählt.“
„Mhm. Nun, ich war ziemlich beschäftigt. Umzug und so’n Kram.“
Er wirft mir aus seinen braunen Augen einen schnellen Blick zu und beginnt automatisch zu lächeln, dieses schelmische, jungenhafte Lächeln.
„Möchtest du später vorbeikommen? Und mir davon erzählen?“
Sein Blick flitzt zurück zu Ellen, die gerade ins Aus schlägt. Inning vorüber. „Ich weiß nicht so recht.“
Charley Spirito, Bunny‘s’ Right Fielder, schlendert auf uns zu, als Ethan und ich gerade das Innenfeld verlassen. „Hey, Lucy. Was höre ich da, du suchst nach einem Mann? Deine Tanten erzählen, dass du wieder auf dem Markt bist. Stimmt das?“
Ich krümme mich innerlich. Meine Tanten sind vielleicht nicht begeistert von meinem Vorhaben, was sie aber nicht davon abhält, mich jedem Mann, der in die Bäckerei kommt, lautstark anzupreisen. Iris‘ Methode, einfach das Wechselgeld nicht herauszugeben, bis ich zur Schau gestellt wurde, haben die anderen inzwischen ebenfalls übernommen. Heute Morgen hat Rose mich Al Sykes präsentiert und ihn gefragt, ob er mit mir ausgehen wolle. Angesichts der Tatsache, dass er früher mein Gemeinschaftskundelehrer war und grob geschätzt vierzig Jahre älter ist als ich, war ich über seine Absage höchst erfreut.
„Also?“, hakt Charley nach.
„Das stimmt“, gestehe ich. „Warum? Kennst du irgendwelche Männer?“
Grinsend zieht er seine Sporthose hoch und starrt auf meine Brust. „Ich bin ein Mann, Lucy. Möchtest du mit mir ausgehen? Wir könnten eine Menge Spaß zusammen haben, falls du verstehst, was ich meine.“
Ethan wirft ihm einen kalten Blick zu, sagt aber nichts.
Ein Del‘s-Lemonade-Lastwagen fährt auf den Parkplatz, und ich würde jetzt nur zu gern ein eiskaltes Getränk zu mir nehmen … oder den Lastwagen fahren … oder unter seinen Rädern liegen - alles wäre besser, als auf dem Innenfeld über mein Liebesleben zu reden. Ich kenne Charley schon ein Leben lang. Die Vorstellung, ihn zu küssen, ihn nackt zu sehen … Ich unterdrücke ein Schaudern.
„Andererseits würde ich damit mehr oder weniger mein eigenes Todesurteil unterschreiben, richtig, Lucy?“, fährt Charley fort, offenbar gekränkt durch mein langes Zögern. „Ich meine, wer will es schon mit einer schwarzen Witwe treiben?“
Mein Mund klappt auf vor Überraschung, aber bevor ich
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