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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schüchtern war. Ich wollte ihn nicht ansehen, konnte aber nichts dagegen tun.
    Er hob die Hand, berührte leicht mein Gesicht, und ich sah ihn an wie das Kaninchen die Schlange. Was zum Teufel sollte das?
    Sanft strich er mir das Haar aus der Stirn, während ich unbeweglich dasaß und ihn wie erstarrt ansah. Dann kam wieder Leben in mich.
    »Gute Nacht«, rief ich munter, nahm meine Tasche und schob mich zur Tür des Wagens.
    »Vielen Dank fürs Mitnehmen. Bis bald.«
    »Ach ja und bon soir «, rief ich Hassan zu. »Bonne chance mit dem Innenministerium.«
    »Salut «, gab er zur Antwort.
    Ich rannte zum Haus und schloß die Tür auf. Meine Hände zitterten, und ich konnte nicht schnell genug hineinkommen. Mir stand der Sinn nach nichts anderem als der Sicherheit meines Zimmers. Ich hatte richtig Angst. Was hatte diese plötzliche Spannung zwischen Daniel und mir zu bedeuten? Ich hatte kaum Freunde und kannte nur wenige Menschen, bei denen ich mich wohl fühlte. Die Vorstellung, daß ich mit meiner Beziehung zu Daniel Schiffbruch erleiden könnte, war mir unerträglich.
    Aber etwas stimmte mit Sicherheit nicht, irgend etwas an der Sache kam mir unwirklich vor. Womöglich hatte er sich über mich geärgert, weil ich ihn wegen seiner Frauengeschichten angegriffen hatte, oder er hatte sich in Karen verliebt und entwickelte ihr gegenüber Beschützerinstinkte.
    Sollte letzteres stimmen und er in ihr eine Seelenfreundin gefunden haben, brauchte er mich möglicherweise nicht mehr. So etwas kam von Zeit zu Zeit vor. Wie viele Freundschaften gingen in die Brüche, wenn sich einer der Beteiligten verliebte? Wahrscheinlich Hunderte. Es hätte mich überhaupt nicht gewundert, wenn das auch bei Daniel und mir so gewesen wäre.
    Auf jeden Fall hatte ich Gus. Ich hatte andere Freunde. Ich würde schon zu Rande kommen.

38
    E s war etwa sechs Wochen darauf, spät an einem Sonntag abend.
    Wir waren schon eine ganze Weile aus der Currykiste zurück, und Gus war vor etwa einer Stunde gegangen. Karen, Charlotte und ich fläzten uns auf der Wohnzimmergarnitur vor dem Fernseher, knabberten Chips und erholten uns vom Wochenende. Plötzlich setzte sich Karen kerzengerade auf. Es sah so aus, als habe sie eine wichtige Entscheidung getroffen.
    »Am Freitag abend geb ich ein großes Essen«, erklärte sie, »und ihr beide seid mit Simon und Gus eingeladen.«
    »Danke, Karen«, sagte ich ganz aufgeregt.
    Mir war von vornherein klar gewesen, daß sie etwas plante, denn sie hatte eine volle halbe Stunde mit abwesendem Blick ins Feuer gestarrt.
    »Kommt Daniel auch?« fragte Charlotte wirklich ziemlich naiv. Natürlich würde Daniel kommen. Er war schließlich der Anlaß.
    »Natürlich kommt Daniel«, sagte Karen. »Schließlich ist er der Anlaß.«
    »Ich verstehe«, nickte Charlotte. Ich verstand auch.
    Karen würde ein über alle Maßen kompliziertes Diner mit einer zweistelligen Anzahl von Gängen auf den Tisch bringen und das Ganze hochelegant servieren, ohne rot zu werden oder ihr Kleid zu bekleckern. Sie würde wunderschön aussehen, witzig und der Mittelpunkt der Gesellschaft sein, und all das, um Daniel zu zeigen, daß er ohne sie nicht leben könne.
    »Ich koch was ganz Raffiniertes«, sagte sie, »und ihr müßt euch richtig in Schale werfen.«
    »Das klingt toll«, sagte Charlotte. »Ich kann mein Cowgirl-Kostüm anziehen.«
    »Es ist kein Maskenball«, sagte Karen beunruhigt. »Ich stelle mir vor, daß ihr euch richtig schön macht, mit bodenlangem Rock, Schmuck, hohen Absätzen und so weiter.«
    »Ich weiß nicht, ob Gus einen bodenlangen Rock hat«, gab ich zu bedenken.
    »Haha, sehr witzig«, sagte Karen, die das nicht lustig zu finden schien. »Sieh zu, daß er was Anständiges anzieht und nicht in seinem üblichen Aufzug von der Altkleidersammlung hier auftaucht.«
    »Und jetzt müßt ihr beide«, fuhr Karen fort, »sagen wir... nun... pro Nase dreißig Pfund beisteuern. Über den endgültigen Gesamtbetrag rechnen wir später ab.«
    »Waas?« fragte ich entsetzt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Und danach zu urteilen, wie Charlotte die Kinnlade heruntergefallen war, ging es ihr genauso.
    Vor allem: Das ganze Wochenende war ich mit Gus von Party zu Party gezogen und fühlte mich für eine ›Diskussion‹ mit Karen viel zu geschwächt.
    »Ja«, sagte sie ärgerlich. »Ihr erwartet ja wohl nicht, daß ich selber für alles aufkomme, oder? Ich organisiere das Ganze und koche.«
    »Nun ja«, sagte Charlotte, »wir können

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