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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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weiter zu verfolgen. Oder überhaupt irgendwann.
    »Wollen wir?« schlug er höflich vor und wies auf die Tür zum Restaurant.
    »Warum nicht?«
    Wir gingen in den riesigen Saal, wo uns ein kleiner Puertoricaner an einen Tisch am Fenster führte. Ich setzte mich. Chuck nahm mir gegenüber Platz. Zögernd und nervös lächelten wir einander an.
    Ich begann zu sprechen, und er setzte im selben Augenblick an. Dann hörten wir beide auf, dann sagten wir beide gleichzeitig »Sprechen Sie ruhig«, dann lachten wir, dann sagten wir beide gleichzeitig »Bitte nach Ihnen«. Es war irgendwie nett und brach das Eis.
    »Bitte«, sagte ich und übernahm die Initiative, weil ich fürchtete, daß das sonst den ganzen Abend so weitergehen würde. »Fangen Sie ruhig an. Ich bestehe darauf.«
    »Von mir aus«, sagte er lächelnd. »Ich wollte Ihnen gerade sagen, daß Sie schöne Augen haben.«
    »Danke.« Freudig erregt lächelte ich zurück.
    »Ich mag braune Augen«, sagte er.
    »Ich auch«, stimmte ich ihm zu. So weit, so gut. Es war nicht zu übersehen, daß wir dieses und jenes gemeinsam hatten.
    »Meine Frau hat braune Augen«, sagte er.
    »Ihre Frau?« fragte ich matt.
    »Besser gesagt, meine Ex-Frau«, korrigierte er sich. »Wir sind geschieden, aber ich vergeß das immer wieder.«
    Was sollte ich dazu sagen? Ich hatte gar nicht gewußt, daß er verheiratet gewesen war. Ach was, mahnte ich mich und riß mich zusammen. Jeder hat eine Vergangenheit, und er hatte nie gesagt, daß er nicht verheiratet gewesen war.
    »Ich bin jetzt drüber weg«, sagte er.
    »Äh... Gut, gut«, sagte ich und bemühte mich, das ermutigend klingen zu lassen.
    »Ich wünsch ihr alles Gute.«
    »Wunderbar«, sagte ich munter.
    Dann trat eine kleine Pause ein.
    »Ich grolle ihr nicht«, sagte er mit Groll in der Stimme und sah grollend auf das Tischtuch.
    Wieder eine kleine Pause.
    »Meg...« sagte er.
    »Wie bi... bi... bitte?« sagte ich.
    »Meg«, sagte er wieder. »So heißt sie. Eigentlich Margaret, aber ich hab sie immer Meg genannt. Ein Kosename.«
    »Wie hübsch«, sagte ich leise.
    »Ja«, sagte er mit seltsamem in die Ferne gerichteten Lächeln. »Ja. Das war’s.« Ein unbehagliches Schweigen folgte.
    Ich hörte, wie etwas abrutschte. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, daß es mein Herz war, das mit einem Expreßaufzug ohne Halt und ohne Wiederkehr in die Stiefel sackte.
    Vielleicht war ich aber auch nur zu negativ eingestellt. Möglicherweise konnten wir uns gegenseitig helfen, einer des anderen gebrochenes Herz heilen. Eventuell fehlte ihm lediglich die Liebe einer verständnisvollen Frau. Eventuell fehlte mir lediglich die Liebe von Chuck Thaddeus Mullerbraun aus – woher war er noch? – irgendwo aus Arizona.
    Die Kellnerin kam, um unsere Getränkebestellung aufzunehmen.
    »Für mich ein Glas Ihres besten englischen Leitungswassers«, sagte Chuck, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und klatschte sich die Hand auf den Bauch. Ich hatte den entsetzlichen Verdacht, daß sein Hemd aus Nylon war.
    Und was war das mit dem Leitungswasser? Trank er das etwa? Litt er an Todessehnsucht?
    Die Kellnerin sah ihn angewidert an. Offenkundig wußte sie genau, wann sie es mit einem Geizkragen zu tun hatte.
    Er würde ja wohl nicht erwarten, daß auch ich Leitungswasser bestellte? Das sollte mir leid tun, aber dann konnte er zum Teufel gehen, denn ich wollte etwas Ordentliches trinken.
    Man soll so anfangen, wie man weitermachen möchte.
    »Bacardi und Cola light«, sagte ich und bemühte mich, die Bestellung so klingen zu lassen, als sei sie vernünftig.
    Die Frau ging, und Chuck beugte sich über den Tisch. »Ich wußte gar nicht, daß Sie Alkohol trinken«, sagte er.
    Vielleicht würden wir einander doch nicht das gebrochene Herz heilen.
    Er hatte das mit solchem Abscheu und Widerwillen gesagt, als werfe er mir vor, kleine Jungs zu verführen.
    »Ab und zu trink ich ganz gern ’nen Schluck«, sagte ich mit einem Anflug von Trotz in der Stimme. »Warum auch nicht?«
    »Mir soll’s recht sein«, sagte er gedehnt.
    »Trinken Sie etwa nichts?« fragte ich.
    »Doch«, sagte er.
    Na also. Gott sei Dank.
    »Wasser«, fuhr er fort. »Ich trinke Mineralwasser, das genügt mir. Das beste Getränk auf der ganzen Welt ist ein Glas eiskaltes Wasser. Da brauch ich keinen Alkohol.«
    Ich machte mich auf die Fortsetzung gefaßt. Wenn er mir jetzt sagt, daß ihm das Leben als solches jeden Kick gibt, den er braucht, geh ich, nahm ich mir vor. Aber leider kam es

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