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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Inneres zu deinem Äußeren paßt.«
    »Tatsächlich?« Es war mir peinlich. »Kein Wunder, daß du meinst, ich bin reif für die Klapsmühle.«
    »Stimmt doch gar nicht«, sagte er. Ich lächelte ihn an. Er lächelte ein wenig angestrengt zurück.
    »Du bist erstaunlich«, sagte er. Das brachte mich völlig aus der Fassung.
    Eine lange Pause trat ein. Ich suchte nach einem unbeschwerten und – für ihn oder mich – kränkenden Spruch, mit dem ich die Spannung verscheuchen konnte. Aber mir fiel nichts ein. Ich war verstummt. Ich war mir ziemlich sicher, daß er das ›erstaunlich‹ als Kompliment gemeint hatte, wußte aber nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
    »Komm vom Fenster weg«, sagte er schließlich. »Sonst erschlägt dich noch der Blitz.«
    »Wenn das jedem passieren kann, kann es auch mir passieren«, sagte ich, und beide lachten wir betont herzlich. Allerdings hielten wir uns auch betont voneinander fern. Er schloß die Fenster, und das Toben des Gewitters wurde leiser.
    Nach wie vor toste und grollte über uns der Donner. Es goß in Strömen, und schon um fünf Uhr nachmittags war der Himmel fast nachtschwarz. Nur, wenn ein Blitz aufleuchtete, wurde es im Zimmer einen Augenblick lang blendend hell. Wasser lief in Bächen an den Scheiben herunter.
    »Das dürfte das Ende des Sommers sein«, sagte Daniel. Einen Augenblick lang war ich traurig. Ich hatte immer gewußt, daß er nicht endlos dauern und daß die Zeit weitergehen würde.
    Außerdem mochte ich den Herbst. Es war die Jahreszeit für neue Stiefel.
    Schließlich hatte das Gewitter ausgetobt, und der Regen fiel gleichmäßig, beruhigend, hypnotisierend, geradezu heimelig. Ich lag unter einer Daunendecke auf dem Sofa und genoß das Gefühl der Behaglichkeit, Sicherheit und Geborgenheit.
    Ich las mein Buch und aß Schokolade.
    Daniel saß im Sessel, knabberte Salzstangen, arbeitete die Sonntagszeitungen durch und verfolgte das Fernsehprogramm bei heruntergedrehtem Ton. Ich glaube, wir haben zwei Stunden lang kein Wort miteinander gewechselt.
    Gelegentlich drehte ich mich seufzend um und sagte: »Ach, ist das herrlich« oder »Schäl mir noch ’ne Traube, Kopernikus«. Dabei lächelte Daniel zu mir her, aber das zählt wohl nicht als Konversation. Erst der Hunger zwang uns schließlich, miteinander zu sprechen.
    »Daniel, ich muß dringend was essen.«
    »Na weißt du...«
    »Und sag mir nicht, daß ich den ganzen Nachmittag Schokolade gegessen hab und deswegen keinen Hunger haben kann.«
    »Das hatte ich nicht vor.« Er wirkte überrascht. »Ich weiß, daß du für Kekse und Süßigkeiten einen getrennten Magen hast. Soll ich dich zum Essen ausführen?«
    »Muß ich dazu vom Sofa aufstehen?«
    »Aha, ich verstehe«, sagte er. »Möchtest du eine Pizza?«
    »Mit Knoblauchbrot?« fragte ich hoffnungsvoll.
    »Und Käse?« fragte er geschickt zurück.
    Was für ein Mann!
    Er zog in seiner Regalwand eine Schublade auf und nahm einen ganzen Stapel Reklame-Blättchen von Pizza-Lieferanten heraus.
    »Sieh die durch und sag, was du haben möchtest.«
    »Muß ich?«
    »Nur, wenn du willst.«
    »Und woher weiß ich dann, was es gibt?« Also las er mir alles vor.
    »Dünner Boden oder dicker Boden?«
    »Dünner Boden.«
    »Normaler Teig oder Vollkornteig?«
    »Normal!« Was für eine abscheuliche Vorstellung – Vollkorn!
    »Klein, mittel oder groß?«
    »Klein.« Er schwieg.
    »Also von mir aus mittel.«
    Sobald die Frage des Essens geklärt war, erstarb unser Gespräch wieder.
    Wir sahen fern, aßen, sprachen kaum. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so glücklich gefühlt hatte.
    Das allerdings hatte nicht viel zu bedeuten, denn schließlich hatte ich schon seit Wochen Selbstmordgedanken.
    Im Verlauf des Abends klingelte das Telefon zweimal, doch als Daniel abnahm, wurde am anderen Ende aufgelegt. Vermutlich war es eine von den Hunderten seiner früheren Freundinnen. Das verursachte mir ein unbehagliches Gefühl, denn ich mußte daran denken, wie ich das mit Männern zu tun pflegte, die mir das Herz gebrochen hatten. Hätte ich Gus’ Nummer gewußt, ich hätte wahrscheinlich zehnmal am Tag bei ihm angerufen.
     
    Später brachte mich Daniel nach Hause. Ich wollte, daß er mich an der Ampel aussteigen ließ. »Nein«, sagte er. »Du wirst ja klatschnaß.«
    »Bitte, Daniel«, bat ich ihn. »Ich hab Angst, daß Karen dein Auto sieht.«
    »Und was ist dagegen einzuwenden?«
    »Sie wird mir das Leben zur Hölle machen.«
    »Wir haben

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