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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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es gar nicht so schlecht, einen Freund zu haben, einen Menschen, der mich verstand, bei dem ich mich geborgen fühlte, dem ich mich mitteilen konnte.
    Alte Sehnsüchte kamen wieder hoch. Ich begann, etwas vom Leben zu erwarten, und das war immer ein Fehler.
    Aber all das stand mir noch bevor, als mein Wecker klingelte. Dabei glaubte ich schon in dem Augenblick, daß ich mich elend fühlte. Nur gut, daß es wenigstens Freitag war.
     
    Als ich aufwachte, herrschte in meinem Zimmer das gleiche Chaos wie am Vortag. Da ich nach wie vor nicht gewaschen hatte und daher immer noch keine saubere Unterwäsche hatte, mußte ich die Boxershorts anziehen, die Steven bei seinem fluchtartigen Aufbruch vor etwa drei Wochen zurückgelassen hatte. Ich wollte sie ihm irgendwann zurückgeben und hatte sie daher gewaschen, damit sie wenigstens sauber waren.
    Der Schokoladenautomat am U-Bahnhof erwies sich als heimtückisch – er funktionierte schon wieder! Augenscheinlich konnten mich Maschinen nicht leiden. Er spuckte einen Nußriegel mit Trockenfrüchten aus, und meine Willenskraft reichte nicht aus, ihn nicht zu essen. Immer mehr gelangte ich zu der Überzeugung, daß ich an Eßstörungen litt. Schokolinsen haben nur 170 Kalorien, ein Nußriegel mit Trockenobst aber 267. Oder sind es 269? Auf jeden Fall mehr. Es wurde schlimmer statt besser. Am nächsten Tag würde ich vermutlich versuchen, eine von den riesigen Familientafeln aus dem Automaten zu holen, überlegte ich, und noch eine Woche später würde ich eine Zweikiloschachtel Pralinen zum Frühstück in mich hineinstopfen.
    Unser Bürogebäude erreichte ich mit einer Verspätung, die sogar nach meinen Maßstäben beträchtlich war.
    Während ich am Empfang vorbeirannte, hätte mich fast Mr. Simmonds umgerannt, während er im Sturmschritt der Herrentoilette entgegeneilte. Dabei hopste sein Hinterteil etwa drei Meter hinter ihm her und gab sich die größte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Er wirkte erregt und hatte leicht gerötete Augen. Hätte ich diesem Mann menschliche Empfindungen zugetraut, ich hätte geschworen, daß er weinte. Offensichtlich war er aufgewühlt. Meine Stimmung besserte sich schlagartig.
    Munter lächelte ich Caroline am Empfang zu. Das war dringend angesagt, denn sie war ziemlich mimosenhaft und würde mir keine Privatgespräche mehr durchstellen, wenn sie sich von mir gekränkt fühlte. Sie lächelte fröhlich zurück. Während ich an ihr vorüberhastete, hörte ich, wie sie mir etwas nachrief – es klang verdächtig nach »Glückwunsch« –, aber ich war zu neugierig darauf, welche Katastrophe über Mr. Simmonds hereingebrochen war, als daß ich weiter darauf geachtet hätte.
    Als ich die Tür zum Büro aufriß, machte ich mir keine großen Sorgen mehr wegen meiner Verspätung. Schließlich hatte Mr. Simmonds offenbar Wichtigeres zu tun, als sich damit abzugeben.
    Megan trug rechts an Kinn und Mund einen weißen Verband. Ihre Abschürfungen schienen gut verheilt zu sein. Dann blieb ich wie angewurzelt stehen: Megan und Meredia stritten sich nicht, sondern sprachen liebenswürdig miteinander. Das steigerte meine Verwirrung noch mehr.
    Waffenstillstand, dachte ich. Wie ungewohnt. Aufgeregt tuschelten die beiden in der Ecke miteinander, wo die Bürokekse standen und wo auch sonst immer eine gewisse Eintracht herrschte.
    Es war kaum anzunehmen, daß sie sich über Megans Verletzungen oder Meredias Geschlechtsleben unterhielten. Um die beiden an einen Tisch zu bringen, war mehr nötig.
    Das konnte nur bedeuten, daß es um etwas Schwerwiegendes ging. Herrlich! Meine Stimmung hob sich noch mehr. Aufregung gefiel mir. Vielleicht hatte man Mr. Simmonds gekündigt, oder seine Frau war ihm davongelaufen. Irgend etwas Angenehmes in der Richtung mußte es sein.
    Ich sah mich rasch um. Wo war denn die eifrige Hetty?
    »Lucy!« rief Meredia mit dramatischer Stimme, wie es so ihre Art war. »Gut, daß du endlich da bist. Es gibt was, was du unbedingt wissen mußt.«
    »Hat es mit dir und Shane geklappt?« fragte ich, während mich prickelnde Vorfreude überlief.
    Ein Schatten überzog Meredias Gesicht. »Darüber reden wir später«, sagte sie. »Nein, es hat was mit hier zu tun.«
    »Ach ja?« stieß ich erregt hervor. »Ich dachte mir schon, daß was passiert sein mußte. Auf dem Gang bin ich gerade an Ivor dem Schrecklichen vorbeigekommen, und er war...«
    »Lucy, es ist besser, du setzt dich«, unterbrach mich Megan.
    »Wo brennt’s denn?« fragte ich. Ich

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