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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nicht sie seinen Sturz gebremst? Außerdem war sie bei dem ganzen Drama so tapfer gewesen, daß sie eine Belohnung verdient hatte.
    »Jetzt seid ihr an der Reihe«, meinte Megan. »Demnächst wird sich die Voraussage an dir und Hetty erfüllen.«
    »Kennst du den Ausdruck ›Sankt Nimmerleinstag‹?« fragte ich sie lachend.
    »Zweifle nur immerzu«, sagte Meredia. »Aber du mußt zugeben, daß es merkwürdig ist.«
    »Ich denk nicht dran«, sagte ich. »Sei bloß nicht albern! Wer sich genug Mühe gibt, kann alles so hindrehen, daß es zu beliebigen Voraussagen paßt.«
    »So jung und schon so zynisch«, sagte Meredia und schüttelte betrübt den Kopf.
    »Hat jemand mein Funkgerät gesehen?« krächzte Shane, der wieder zu Bewußtsein gekommen war. »Ich muß mit meiner Einsatzzentrale sprechen.«
    »Pst, Schätzchen, ist ja schon gut«, sagte Meredia tröstend und drückte seinen Kopf auf ihre Schulter.
    Er murmelte irgend etwas Abwehrendes, was ihm aber nichts nützte.
    »Warte nur«, drohte mir Meredia über Shanes verwirrten Kopf hinweg. »Du wirst schon sehen. Alles wird eintreffen, und dann wird dir dein Mißtrauen leid tun.«
    Ergeben lächelte ich zu Megan hinüber. Doch statt zurückzulächeln, wie ich das erwartet hatte, nickte sie zu meiner großen Bestürzung Meredia bestätigend zu.
    Großer Gott, dachte ich, während sich mein Magen vor Schreck zusammenkrampfte, könnte ihr Gehirn gelitten haben? Immerhin war Megan der womöglich zynischste Mensch, dem ich je begegnet war, mich nicht ausgenommen, und ich hatte, was Zynismus anging, verdammt hohe Maßstäbe. An manchen Tagen brachte ich es spielend fertig, die besten Zyniker weit und breit zu übertreffen.
    Megan war ähnlich zynisch wie ich und mochte nicht einmal Daniel. »Mir kann der mit seinem feinen Getue und seinem guten Aussehen nichts vormachen«, hatte sie gesagt, nachdem sie ihn kennengelernt hatte.
    Was also war mit ihr passiert? Sie konnte doch unmöglich glauben, daß die ihr und Meredia gemachten Voraussagen eingetroffen waren oder gar, schlimmer noch, daß deshalb auch die eintreffen würden, die Mrs. Nolan Hetty und mir gemacht hatte?
     
    Als es schließlich soweit war, daß weder Herzinfarkt-Patienten noch andere dem Tode nahe Menschen behandelt werden mußten, nähte man Megans Wunde. Shanes Diagnose lautete, daß er keine Gehirnerschütterung habe, aber zu gewissenhaft sei. Endlich durften wir alle gehen.
    »Wo wohnst du?« erkundigte sich Meredia bei Shane, als wir auf dem Parkplatz des Krankenhauses standen.
    »In Greenwich«, sagte er vorsichtig. Das lag im Süden Londons. Weit im Süden.
    »Was für ein glücklicher Zufall«, sagte Meredia rasch. »Wir können gemeinsam ein Taxi nach Hause nehmen.«
    »Aber...« wollte ich einwenden und Meredia daran erinnern, daß sie fern von Greenwich in Stoke Newington lebte, im Nordosten der Stadt.
    Sie aber bedachte mich mit einem so mordlüsternen Blick, daß ich verstummte.
    »Ich muß mich aber um mein Rad kümmern«, protestierte Shane und wich furchtsam vor ihr zurück. »Außerdem muß ich diese Papiere wirklich noch zustellen.«
    »Ach was«, sagte Meredia voll falscher Munterkeit. »Dazu ist auch morgen noch Zeit. Komm. Gute Nacht! Bis morgen im Büro – wenn ich dann noch gehen kann«, murmelte sie halblaut. Wohl aber laut genug, daß Shane es hören konnte, denn er zuckte zusammen.
    »Ihr wißt schon«, sagte sie mit anzüglichem Blick und einer unzweideutigen Handbewegung. Mit einem letzten bedeutungsvollen Zwinkern ging sie davon und zog den völlig verschreckten Shane am Arm hinter sich her. Er warf Megan und mir einen flehenden Blick zu. Sein Gesicht war ein einziger Hilferuf, aber wir konnten nichts für ihn tun.
    Ein unschuldiges Lamm wurde zur Schlachtbank geführt.

10
    A ls Megan und Meredia am folgenden Tag aller Welt mitteilten, daß ich heiraten würde, brach die Hölle los. Eigentlich sagten sie es nicht aller Welt, sondern lediglich Caroline, der Empfangsdame in unserem Bürogebäude. Das war aber genausogut, als wenn sie es aller Welt gesagt hätten – fast noch besser.
    Obwohl ich zur Zeit keinen Freund hatte, waren sie überzeugt, daß sich Mrs. Nolans Voraussage bei mir ebenso bewahrheiten würde wie bei ihnen.
    Natürlich entschuldigten sie sich später und sagten, sie hätten es nicht böse gemeint, es sei nur ein Scherz gewesen, usw. usw, aber da war der Schaden schon geschehen und der Gedanke hatte sich in meinem Kopf festgesetzt – schließlich wäre

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