Lucy Sullivan wird heiraten
die!«
»Wirst du dich jetzt anständig benehmen?« donnerte ich voll heiligem Zorn. Er aber achtete nicht mehr auf mich, da er der hübscheren der beiden jungen Frauen am Nebentisch verliebte Blicke zuwarf und seine übliche Schau abzog. Er sah sie an, bis sie errötete und den Blick abwandte. Darauf wandte er den Blick ab, und sie sah unauffällig wieder her. Dann sah er hin, fing ihren Blick auf und lächelte sie an. Daraufhin lächelte sie zurück, und ich rempelte ihn kräftig.
»Hör mal, du Idiot, ich wollte von Anfang an nicht mit dir ausgehen!«
»Verzeih, Lucy! Ich bitte tausendmal um Verzeihung.«
»Schluß damit, verstanden? Ich hab keine Lust, den ganzen Abend zuzusehen, wie du dich über meine Schulter hinweg unterhältst.«
»Hast recht. Entschuldige.«
»Du wolltest unbedingt mit mir herkommen, dann bring auch so viel Anstand auf, dich mit mir zu unterhalten. Wenn du mit einer anderen flirten willst, hättest du mich nicht einzuladen brauchen.«
»Entschuldige, Lucy, du hast ja recht, verzeih mir bitte.« Seine Worte klangen nach aufrichtiger Reue, aber er sah nicht so aus, als ob er es ernst meinte.
»Und zu grinsen wie ein kleiner Junge, der sich schlecht benommen hat und es nie wieder tun will, beeindruckt mich überhaupt nicht«, fuhr ich fort. »Du kannst es dir also sparen.«
»Tut mir leid.«
Gregor brachte zwei ziemlich große Gläser mit einer leuchtendgelben Flüssigkeit. Zwar sah sie aus, als käme sie geradewegs aus Tschernobyl, aber es schien mir unhöflich, das zu sagen.
»Mann, das sieht ja ziemlich radioaktiv aus«, sagte Daniel mit Zweifel in der Stimme und hielt sein Glas gegen das Licht.
»Halt den Rand«, sagte ich. »Alles Gute zum Geburtstag.« Wir stießen miteinander an und stürzten den Wodka hinunter.
Sofort spürte ich seine Wirkung. Eine warme Glut sandte von meinem Magen ihre Kreise in mir aus.
»Ach du liebes bißchen«, kicherte ich.
»Was?«
»Es ist radioaktiv.«
»Aber ganz angenehm.«
»Unbedingt.«
»Noch was davon?«
»Warum nicht?«
»Wo ist Gregor?«
»Da kommt er schon.« Er war in unserer Richtung unterwegs, und Daniel winkte ihn zu sich.
»Noch mal zwei davon, Gregor, danke«, sagte Daniel. Gregor machte ein zufriedenes Gesicht, sofern es möglich ist, daß jemand gleichzeitig ganz und gar zu Tode betrübt und zufrieden dreinschauen kann.
»Rosa bitte«, meldete ich mich.
»Erdbeere?« fragte Gregor.
»Ist das rosa?«
»Ja.«
»Also Erdbeere.«
»Außerdem sollten wir mal anfangen zu überlegen, was wir essen wollen.«
»Prima«, sagte ich und nahm mir die Speisekarte vor. Die rosa Wodkas kamen und waren so vorzüglich, daß wir beschlossen, noch einmal zwei zu nehmen. Ich meinte: »So klein wie die sind, können sie kaum großen Schaden anrichten.«
Der Wodka kam – diesmal war es schwarze Johannisbeere –, und wir leerten die Gläser.
»Das Zeug hält nicht lange vor, was?«
»Noch mal?« wollte Daniel wissen.
»Noch mal.«
»Was zu essen?«
»Wär wohl ganz vernünftig. Da kommt ja Dmitri. Dmitri, von mir aus können Sie allmählich die rohen Steckrüben auffahren«, sagte ich gönnerhaft. Ich merkte, daß mir die Sache großen Spaß machte.
»Ich muß dir was sagen, Lucy.« Daniel wurde mit einem Mal ganz ernst.
»Nur zu«, sagte ich. »Einen Augenblick lang dachte ich schon, die Sache würde mir allmählich Spaß machen, aber es wird Zeit, daß der Spaß aufhört.«
»Entschuldige, ich hätte das nicht sagen sollen. Laß gut sein.«
»Dafür ist es zu spät, Schwachkopf. Jetzt mußt du es mir sagen.«
»Wie du willst. Aber es wird dir nicht gefallen.«
»Fang schon an.«
»Es ist wegen Ruth.«
»Sag schon.«
»Ich hab mit ihr Schluß gemacht. Nicht sie mit mir.«
Ist das alles?, dachte ich, leicht benommen. Dann fiel mir ein, daß ich Daniel eigentlich kleinhalten wollte.
»Du verdammter Schweinehund! Wie konntest du nur?«
»Sie hat mich so unvorstellbar gelangweilt. Es war der reinste Alptraum.«
»Aber sie hatte doch unwahrscheinliche Titten.«
»Ja und?«
»Heißt das, du hast sozusagen ›Danke für die Milchdrüsen‹ gesagt?« fragte ich und brach in haltloses Gelächter aus. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen ich mich unwiderstehlich witzig fand.
»Genau«, sagte Daniel und stimmte in mein Lachen ein.
»Und jetzt bist du ruthlos und ratlos«, fuhr ich fort und fand mich immer noch zum Brüllen komisch.
»Stimmt.«
»Außerdem bist du ausgesprochen herzlos.«
»Das ist nicht
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