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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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wahr. Ich habe versucht, es ihr möglichst schonend beizubringen.«
    »Hat sie weinen müssen?«
    »Nein.«
    Daniel sah etwas verstört drein, fast, als kämen ihm die Tränen. Der Wodka hatte uns beide ein wenig rührselig gestimmt.
    »Jetzt tut es mir leid, daß ich es dir gesagt hab«, sagte er, ein wenig gekränkt. »Ich wußte ja, daß es dir nicht gefallen würde.«
    »Schon möglich. Aber damit muß ich fertig werden.«
    Ich lächelte ihm ein wenig zu. Mit einem Mal hatte ich den Eindruck, als gehe mir die Sache mit Ruth nicht mehr so nahe. Irgendwie schien das jetzt alles keine Rolle zu spielen.
    »Du nimmst das sehr gelassen, Lucy.«
    »Ich weiß. Ich fühl mich auch sehr gelassen.«
    »Komisch, ich mich auch.«
    »Was meinst du, woran das liegt? Vielleicht am Wodka?«
    »Das muß es wohl sein.«
    »Mir ist so sonderbar, Daniel. Ich bin ein bißchen traurig, wie immer, aber auch glücklich. Auf traurige Weise glücklich.«
    »Ich kenn das«, sagte er eifrig. »Genauso fühl ich mich auch, nur umgekehrt. Ich bin glücklich wie immer, aber auf glückliche Weise traurig.«
    »So geht es den Russen wohl dauernd«, kicherte ich. Ich merkte, daß ich ziemlich beschwipst war und wußte, daß ich Unsinn redete, aber es machte mir nichts aus. Es klang nicht wie Unsinn, sondern äußerst bedeutend und aufrichtig. »Was meinst du: trinken die so viel Wodka, weil sie zum Philosophieren neigen und sich elend fühlen, oder neigen sie zum Philosophieren und fühlen sich elend, weil sie so viel Wodka trinken?«
    »Schwer zu sagen.« Dann fuhr er in ernsthaftem Ton fort: »Warum lern ich nie die richtige Frau kennen?«
    »Keine Ahnung. Warum lern ich nie den richtigen Mann kennen?«
    »Ich weiß nicht. Ob ich immer einsam sein werde?«
    »Ja, Daniel. Und werde ich immer einsam sein?«
    »Ja, Lucy.«
    Eine kurze Pause trat ein, in der wir einander betrübt zulächelten, in bittersüßer Schwermut vereint. Wir genossen das richtig. Irgendwann kam das Essen. Vielleicht war es in dem Augenblick.
    »Sieh mal, Dan, es ist unerheblich, weil wir grundsätzlich wie Menschen fühlen. Leben ist Qual. Wollen wir noch was trinken?«
    »Welche Farbe?«
    »Blau.«
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und versuchte, einen der Kellner an den Rockschößen festzuhalten. »Die Dame will noch zwei von denen hier«, rief er und schwenkte ein Glas in der Luft. »Na ja, nicht zwei für sich selbst... oder vielleicht doch... Lucy, möchtest du zwei?«
    »Das gleiche noch einmal, der Herr?« fragte Gregor. Jedenfalls vermute ich, daß es Gregor war. Ich lächelte ihn wehmütig an, und er lächelte ebenso zurück.
    »Genau dasselbe noch mal«, sagte Daniel. »Aber zwei. Ach was, sagen wir vier. Und... ach ja«, rief er ihm nach, »blau!«
    »Wo waren wir stehengeblieben?« fragte mich Daniel mit munterem Lächeln. Mit einem Mal war ich froh, daß ich mitgekommen war. Ich hatte ihn richtig gern.
    »Wir haben über die Qual des Daseins gesprochen, oder?« fragte Daniel.
    »Ja«, sagte ich, »so ist es. Würde es mir gut stehen, wenn ich mir die Haare so zurechtmachte wie die Frau da?«
    »Welche?« fragte er und drehte sich um. »O ja, bestimmt. Du würdest sogar besser aussehen als sie.«
    »Gut«, kicherte ich.
    »Worum geht es, Lucy?«
    »Worum geht was?«
    »Alles, verstehst du? Das Leben, die Dinge allgemein, der Tod, die Haare.«
    »Woher soll ich das wissen, Dan? Was meinst du wohl, warum mir dauernd so verdammt mies zumute ist?«
    »Aber das hat doch auch was Gutes, oder?«
    »Was?«
    »Wenn einem mies zumute ist.«
    »Ja«, kicherte ich. Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Er hatte recht. Uns war beiden mies zumute, aber wir schwebten geradezu verzückt über all unsere Miesheit.
    »Erzähl mir die Sache mit dieser Heirat.«
    »Nein.«
    »Bitte.«
    »Nein.«
    »Möchtest du nicht darüber reden?«
    »Nein.«
    »Das sagst du bei allem, immer.«
    »Was?«
    »Daß du nicht darüber reden möchtest.«
    »Ich möchte auch nicht.«
    »Hat Connie durchgedreht?«
    »Komplett. Sie hat mir unterstellt, daß ich schwanger wäre.«
    »Arme Connie.«
    »Von wegen arme Connie.«
    »Du bist sehr hart zu ihr.«
    »Bin ich nicht.«
    »Weißt du, sie ist eine gute Seele. Sie will nur dein Bestes.«
    »Ha! Du kannst das leicht sagen, weil sie zu dir immer nett ist.«
    »Ich mag sie.«
    »Ich nicht.«
    »So was über seine eigene Mutter zu sagen ist furchtbar.«
    »Mir egal.«
    »Du kannst ganz schön dickköpfig sein.«
    »Ach, Daniel.« Ich lachte.

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