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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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doch im nüchternen kalten Licht des Tages hätte das schon problematisch werden können.
    So liefen wir Hand in Hand los, und die kalte Luft rötete uns das Gesicht.
    Wir räkelten uns auf einer Bank, hielten weiter Händchen und sahen den im Park hin und her springenden und kletternden Eichhörnchen zu.
    Obwohl ich mich ein bißchen gehemmt fühlte, konnte ich den Blick nicht von Gus wenden. Mit seinem glänzenden Haar, den leuchtendgrünen Augen und dem Stoppelkinn (er hatte wohl den Rasierer nicht gefunden, mit dem sich Karen die Beine epilierte) sah er im Licht des kalten Wintertages unglaublich gut aus. Es war so schön, mit ihm zusammen zu sein.
    »Hier ist es herrlich. Ich bin richtig froh, daß du mich mitgeschleppt hast.«
    »Freut mich, daß es dich freut, kleine Lucy Sullivan.«
    »Und die Eichhörnchen sind wirklich gut«, sagte ich. »Sieh nur, wie begeistert sie spielen. Ich seh ihnen richtig gern zu, wie sie rumtollen und die Bäume rauf- und runterrennen.«
    Gus setzte sich ruckartig auf und sah mich mit aufgerissenen Augen an.
    »Ist das dein Ernst?« fragte er. Er wirkte ziemlich beunruhigt.
    Was ist denn nun schon wieder, fragte ich mich besorgt. Kommt jetzt wieder einer seiner Anfälle? Es sah ganz danach aus.
    »Ich muß schon sagen, typisch London«, brach es aus ihm heraus. »Wenn sich die armen Tiere des Feldes mit verbotenem Glücksspiel vergnügen müssen, stehen ja wohl die Barbaren vor den Toren der Stadt. Als nächstes rauchen sie wahrscheinlich Crack!«
    Er schien übergeschnappt zu sein. Ich konnte seine Worte nicht ernst nehmen und mußte so heftig lachen, daß ich kaum ein Wort herausbrachte.
    »Ich hab gesagt, daß sie vergnügt spielen. Was ist daran schlimm?«
    »Das fragst du noch?« giftete er. »Was spielen sie denn? Karten? Blackjack? Bingo? ›Zweiundsechzig für die lieben kleinen Eichhörnchen!‹ Roulette? Rien ne va plus – das stimmt nur zu sehr! Es gibt keine Natürlichkeit mehr, Lucy Sullivan! Nichts Unverdorbenes. Der bloße Gedanke, daß die kleinen Eichhörnchen spielen, bricht mir das Herz. In Donegal gäb’s so was nicht. Was spricht dagegen, daß sie Nüsse sammeln? Wahrscheinlich nicht spannend genug... Kommt alles vom Fernsehen.«
    Er sah mich an. Ihm schien es zu dämmern. »Oh«, sagte er und verzog beschämt das Gesicht, »du meinst wohl spielen wie kleine Kinder spielen, nicht spielen wie um Geld?«
    »Ja.«
    »Oh, oh! Tut mir leid. Ein Mißverständnis. Bestimmt findest du, daß ich nicht frei rumlaufen sollte. Ab mit Gus in die Gummizelle.«
    »Nein, ich finde dich zum Brüllen komisch.«
    »Sehr anständig von dir«, sagte er. »Die meisten Leute behaupten einfach, ich wär verrückt.«
    »Wieso denn das?« fragte ich belustigt, denn das hätte ich gern gewußt.
    »Was weiß ich?« sagte er und sein Koboldgesicht war das Urbild scheinheiliger Unschuld. »Wenn die meinen, daß ich verrückt bin«, fuhr er fort, »sollten sie erst mal den Rest unserer Familie sehen.«
    Tja! Mir schwanten unangenehme Enthüllungen, aber ich ging die Sache entschlossen an.
    »Wie sind die denn?«
    Er grinste mich von der Seite an und sagte: »Na ja, mit dem Wort verrückt geh ich eigentlich ziemlich zurückhaltend um, aber...«
    Zwar bemühte ich mich, meine Besorgnis zu verbergen, doch muß sie mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein, denn er platzte vor Lachen.
    »Arme kleine Lucy. Du solltest mal sehen, was für ein bekümmertes Gesicht du machst.« Ich versuchte tapfer zu lächeln.
    »Aber beruhige dich, ich hab dich auf den Arm genommen. Sie sind nicht wirklich verrückt...«
    Ich seufzte erleichtert.
    »Wohl aber äußerst leicht erregbar,« fuhr er fort. »Das wäre wohl die angemessenste Formulierung.«
    »Wie darf ich das verstehen?« Ich beschloß, der Sache an Ort und Stelle auf den Grund zu gehen.
    »Ich trau mich nicht richtig, dir das zu erklären, weil du mich sonst vielleicht für total bekloppt hältst. Wenn du hörst, aus was für ’ner Familie ich komm, rennst du wahrscheinlich schreiend davon.«
    »Red keinen Quatsch«, beruhigte ich ihn. Trotzdem hatte ich einen flaues Gefühl im Magen. Bitte, lieber Gott, laß es nicht zu schrecklich sein. Ich hab ihn doch so gern.
    »Bist du sicher, daß du es hören willst, Lucy?«
    »Ganz sicher. So schlimm kann es auch wieder nicht sein. Leben deine Eltern noch?«
    »Ja. Alle beide. Ein zusammengehöriges vollständiges Paar.«
    »Du hast gesagt, daß du ’nen Haufen Brüder hast...?«
    »Fünf

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