Lucy Sullivan wird heiraten
langsam, um die Spannung aufzubauen, »und ganz ernst gesagt, ›Ich weiß das zu schätzen, Lucy‹. Dann hat er noch gesagt, ›Es ist mir selbst zuwider, kein Geld zu haben, Lucy‹, und, hör gut zu, Dennis, › vor allem, wenn ich jemandem wie dir begegne ‹. Was hältst du davon?«
»Was hat er damit gemeint?«
»Er hat gesagt, daß ich wunderbar sei und man mich an schöne Orte mitnehmen und mir schöne Dinge schenken müsse.«
»Nur, daß du sie nicht von ihm kriegst.« Dennis nahm selten ein Blatt vor den Mund.
»Hör doch auf«, sagte ich. »Er hat gesagt, er würde mich liebend gern zu einem schicken Abendessen mit Wein und allem Drum und Dran ausführen und mir Blumen, Pralinen, Pelzmäntel, Einbauküchen und Elektromesser schenken, außerdem einen von diesen kleinen Fusselsaugern für das Sofa und auch sonst alles, was mein Herz begehrt.«
»Und was begehrt dein Herz?« fragte Dennis.
»Gus.«
»Ich habe nicht den Eindruck, daß wir da von deinem Herzen sprechen.«
»Du bist so ordinär. Denkst du eigentlich je an was anderes als Sex?«
»Nein. Was hat er dann gesagt?«
»Daß man mit diesen kleinen Staubsaugern sogar Fusseln aus Manteltaschen holen kann.«
»Für mich klingt er wie eine Zuckerdose, der das zugehörige Meißen-Service fehlt«, schnaubte Dennis. »Elektromesser, Fusselsauger und Pelzmäntel, also wirklich!«
Aber er wußte nicht mal die Hälfte von dem, worum es letztlich ging, und ich zögerte, es ihm zu erzählen. Ich wollte keine herabsetzenden Kommentare hören, sondern Jauchzen und Frohlocken, denn das paßte zu meiner Stimmung.
Danach war die Unterhaltung mit Gus nämlich ein wenig ins Schlingern geraten.
»Magst du Blumen?« hatte er gefragt.
Ich hatte geantwortet: »Ja. Blumen sind herrlich, aber ohne sie ist mein Leben nicht unbedingt unvollständig.«
Dann hatte er gefragt: »Und Schokolade?«
»Die mag ich sehr, aber an der fehlt es mir nicht.«
»Tatsächlich?« Besorgnis legte sich auf seine Züge, und er schien mit einem Mal in tiefe Niedergeschlagenheit zu verfallen.
»Was hab ich auch erwartet?« sagte er mit Leichenbittermiene. »Eine schöne Frau wie du. Wie konnte ich nur so blöd sein zu glauben, ich wäre der einzige Mann in deinem Leben? Ja, ja. Hochmut kommt vor dem Fall!« hatte er mit melodramatischer Stimme gesagt. Unterdessen hatte ich ihn schweigend angesehen und überlegt, was jetzt schon wieder los sein mochte.
»Man hatte mich gewarnt. Ich müßte lügen, wenn ich das Gegenteil behauptete. Mehrfach haben mich Leute gewarnt, die es gut mit mir meinen. Zügle deinen Stolz, Gus, haben sie gesagt. Und hab ich auf sie gehört? Nein, nein! Ich mußte einfach drauflos und mir einbilden, daß eine Göttin wie du Zeit für jemanden wie mich hat. Dabei hast du wahrscheinlich an jedem Finger zehn Freier, die dir sklavisch ergeben sind und sich nach einem freundlichen Blick von dir verzehren.«
»Hör bitte auf, Gus. Wovon redest du? Nein, es ist alles in Ordnung«, hatte ich zu dem Kellner gesagt, der auf Gus’ Ausbruch hin herbeigeeilt war. »Nein, wirklich, alles ist in bester Ordnung. Vielen Dank.«
»Sie können mir bei der Gelegenheit gleich noch was von dem Zeug bringen«, hatte sich Gus zu Wort gemeldet und dem Kellner mit einer Peroni-Flasche vor der Nase herumgewedelt. (Das dürfte seine neunte gewesen sein.) »Ich spreche natürlich von dir, Fräulein Lucy Göttin Sullivan – ich vermute jedenfalls, daß Fräulein richtig ist...?«
»Ja.«
»... und den Freiern, die dich mit Schokolade versorgen.«
»Gus, ich habe keine Freier, die mich mit Schokolade versorgen.«
»Aber hast du nicht gesagt...?«
»Ich hab gesagt, daß es mir daran nicht fehlt. Das tut es auch nicht. Aber ich kauf sie mir selbst.«
»Ach so«, hatte er gedehnt gesagt. »Du kaufst sie dir selbst. Ich verstehe...«
»Da bin ich aber froh«, sagte ich.
»Eine unabhängige Frau. Du willst ihnen nicht verpflichtet sein, und damit hast du auch recht. ›Dir selbst sei allweil treu‹, wie mir unser Freund Billy Shakespeare immer gesagt hat.«
»Äh, wem will ich nicht verpflichtet sein?«
»Den Freiern.«
»Gus, es gibt keine Freier.«
»Keine Freier?«
»Nein. Jedenfalls nicht im Augenblick.« Ich wollte nicht, daß er mich für eine völlige Versagerin hielt.
»Wieso nicht!!?«
»Ich weiß nicht.«
»Aber du bist schön.«
»Danke.«
»Ich habe noch nie gehört, daß die Engländer kurzsichtig sind, aber das müssen sie wohl sein. Eine andere
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