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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Limonadenflaschen, Seilschlingen oder lebensgefährliches landwirtschaftliches Gerät.
    Die Sache hätte anders ausgesehen, wenn ich nicht so negativ drauf gewesen wäre – schließlich: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Allerdings hätte ich mich ohne meine negative Einstellung nicht umbringen wollen und hätte mir all diese Überlegungen sparen können.
    Ich ging die Liste meiner Möglichkeiten durch. Ich könnte eine Überdosis Gelonida nehmen. Aber ich war ziemlich sicher, daß das nichts nützen würde, jedenfalls nicht bei mir, denn ich hatte bei einem ziemlich schlimmen Kater schon des öfteren ein rundes Dutzend Tabletten genommen, ohne mich auch nur schläfrig zu fühlen – von Sterben ganz zu schweigen.
    Die Vorstellung, unter einem Kissen zu ersticken, schien mir nicht allzu furchterregend. Eigentlich ein angenehmer, friedlicher Weg, aus dem Leben zu scheiden, mit dem zusätzlichen Vorteil, daß man nicht einmal das eigene Bett zu verlassen brauchte. Aber es war ein bißchen wie Synchronschwimmen  – ziemlich sinnlos, wenn man es allein versuchte.
    Dann hörte ich, wie jemand aus dem Badezimmer kam, und erstarrte vor Schreck. Doch gleich wurde die Tür wieder verriegelt. Erleichtert atmete ich auf – noch brauchte ich nicht aufzustehen. Aber mir war klar, daß ich von geborgter Zeit lebte.
    Einstweilen aber durfte ich in der Horizontalen bleiben und mir überlegen, wie ich mich um die Ecke bringen konnte, obwohl ich genau wußte, daß ich das gar nicht wollte – sich das Leben zu nehmen, ist wider die Natur. Außerdem bringt es einen ganzen Haufen Ärger mit sich.
    Es war tatsächlich paradox – man will sterben, weil einem das Weiterleben nicht der Mühe wert ist – und dann soll man alle Kräfte mobilisieren, Möbel rumschieben, sich auf Stühle stellen, Seile mit komplizierten Knoten bombenfest aufhängen, bestimmte Gegenstände mit anderen verbinden, Stühle unter sich wegtreten, sich mit Rasierklingen, heißen Bädern, Verlängerungskabeln, elektrischen Geräten und Unkrautvernichter herumschlagen. Selbstmord ist eine komplizierte und anstrengende Angelegenheit, für die man vorher auch noch ins Haushaltswarengeschäft muß.
    Wenn man sich dann endlich aus dem Bett gequält und ins Gartenzentrum oder in die Apotheke geschleppt hat, ist das Schlimmste vorbei, und man kann genausogut zur Arbeit gehen.
    Nein, ich wollte mich nicht umbringen. Aber es war eine Sache, mich nicht umbringen und eine komplett andere, aufstehen zu wollen. Die Schlacht mochte ich gewonnen haben, aber den Krieg noch nicht.
    Karen platzte in mein Zimmer. Sie sah schick aus, sprühte vor Schaffenskraft, und ihr Make-up war vollkommen. Karen sah immer gepflegt aus, und ihre Haare kräuselten sich nie, nicht einmal im Regen. Manche Leute sind so. Ich gehörte nicht zu ihnen. Um diese frühe Stunde war das Ganze ein bißchen beängstigend.
    »Aufwachen, Lucy!« befahl sie. »Ich möchte mit dir über Daniel reden. War er schon mal verliebt, ich meine, richtig verliebt?«
    »Äh...«
    »Los, du kennst ihn schon seit Jahren.«
    »Nun...«
    »Er war noch nicht richtig verliebt, stimmt’s?«
    »Aber...«
    »Würdest du nicht sagen, daß es höchste Zeit ist, daß er sich mal verliebt?« wollte sie wissen.
    »Ja«, sagte ich. Es war einfacher, ihr beizupflichten.
    »Ich auch.«
    Sie ließ sich auf mein Bett fallen. »Rutsch mal ’n bißchen. Ich bin fix und foxy.«
    Schweigend lagen wir eine Weile nebeneinander. Wir konnten hören, wie Charlotte im Bad Somewhere over the Rainbow sang.
    »Dieser Simon muß ein ja Mordsding haben«, sagte Karen. Ich stimmte zu.
    »Ach, Lucy«, seufzte sie melodramatisch. »Ich möchte nicht zur Arbeit gehen.«
    »Ich auch nicht.«
    Dann spielten wir Gasexplosion.
    »Wäre es nicht super, wenn es jetzt eine Gasexplosion gäbe?«
    »Ja! Keine schlimme, aber...«
    »Gerade so, daß wir im Haus bleiben müssen...«
    »Aber nicht so schlimm, daß dabei jemand zu Schaden kommt...«
    »Genau, aber das Haus würde einstürzen, wir säßen tagelang hier fest und hätten nur den Fernseher und die Illustrierten. Wir müßten uns aus der Gefriertruhe ernähren und...«
    Deren Inhalt allerdings bot keinen Anlaß zum Jubel. Sie enthielt nie etwas anderes als einen riesigen Sack mit Erbsen, der schon vor vier Jahren bei Karens Einzug da gewesen war. Manchmal kauften wir eine Zwei-Kilo-Packung Eiscreme, um von Zeit zu Zeit ein bißchen davon zu löffeln, so daß eine Packung Monate vorhalten würde.

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