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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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treff ich... äh... gewisse pharmazeutische Vorkehrungen, und wenn ich dann wach werd, haben wir Dienstag. Also seh ich dich strenggenommen morgen. Jedenfalls ist dann für mich morgen.«
    »Ach so«, sagte ich zweifelnd. »Und wo treffen wir uns?«
    »Ich hol dich von der Arbeit ab. Ich befrei dich aus den Fallstricken der Bürokratie, Lucy, aus den Fängen der Finanzhaie.«
    »Gut.«
    »Wie war das noch?«, hatte er mit unsicherem Lächeln gefragt, wobei er mich an den Oberarmen hielt und an sich zog, »Cavendish Crescent 54, und sie lassen dich um halb sechs laufen...«
    »Nein, Gus, nicht Cavendish Crescent, sondern Newcastle Square, und die Hausnummer ist 6«, hatte ich ihm geantwortet.
    Ich hatte es ihm sogar mehrfach gesagt und es obendrein auf einen kleinen Zettel geschrieben, aber es war ein langer Tag gewesen, und er hatte ziemlich viel getrunken.
    »Ach ja?« hatte er gefragt. »Wie komm ich bloß auf Cavendish Crescent? Was spielt sich da deiner Ansicht nach ab?«
    »Keine Ahnung,«, hatte ich munter gesagt. Ich war nicht bereit, mich Spekulationen darüber hinzugeben, was im Gebäude Cavendish Crescent 54 vor sich ging, immer vorausgesetzt, es gab diese Adresse überhaupt. Ich hatte reichlich damit zu tun, das Gespräch in die richtige Bahn zu lenken und dafür zu sorgen, daß sich Gus merkte, wo, wann und wie wir uns treffen wollten.
    »Wo hast du den Zettel mit der Adresse, den ich dir grade gegeben hab?« hatte ich gefragt, und mir war klar, daß ich wie eine Mutter oder eine Lehrerin klang, aber was sein muß, muß sein.
    »Ich weiß nicht«, hatte er gesagt, meine Arme losgelassen, in seinen sämtlichen Taschen gekramt und sich auf die Jacke geklopft. »Mensch, Lucy, ich glaub, ich hab ihn verloren.« Also hatte ich ihm die Adresse noch einmal aufgeschrieben.
    »Versuch es dir zu merken«, hatte ich mit nervösem Lächeln gesagt, als ich ihm das Stück Papier gab. »Newcastle Square sechs, um fünf Uhr.«
    »Fünf Uhr? Hast du nicht gerade halb sechs gesagt?«
    »Nein, Gus, fünf Uhr.«
    »Tut mir leid, Lucy, ich kann mich nie an was erinnern. Ich würde sogar meinen eigenen Namen vergessen – das ist sogar schon ziemlich oft vorgekommen. Ich weiß nicht, wie oft ich schon zu jemand sagen mußte, ›Bedaure, ich hab meinen Namen nicht verstanden‹. Ich hab ein Gedächtnis wie ein... wie ein, du weißt schon, eins von diesen runden Dingern mit den vielen Löchern.«
    »Sieb.« Die Besorgtheit hatte mich schroff werden lassen.
    »Ach, Lucy, sei doch nicht sauer«, hatte er mit leisem Lachen gesagt. »Es war nur ein kleiner Witz.«
    »In Ordnung.«
    »Ich glaub, jetzt weiß ich es«, hatte er mit einem Lächeln gesagt, das mir ein Kribbeln im Magen verursachte. »Fünf Uhr in Newcastle Crescent 56...«
    »... nein, Gus...«
    »... ach nein, natürlich nicht. ’tschuldige, Cavendish Square.«
    Er kann nichts dazu, hatte ich gedacht, während ich versuchte, mich zu beruhigen. Er gab sich große Mühe, und jeder andere, der so viel getrunken hatte wie er, wäre ebenso verwirrt und unfähig gewesen, sich zu konzentrieren.
    »... ach ja, natürlich. Sei nicht böse, Lucy. Newcastle Square 56 um fünf Uhr.«
    »Sechs.«
    Auf seinem gequälten Gesicht lag Verwirrung.
    »Du hast gerade fünf gesagt!« beschwerte er sich. »Aber von mir aus, Lucy, es ist das Vorrecht der Frauen, es sich anders zu überlegen, also tu das ruhig, wenn dir danach ist.«
    »Nein, Gus, ich hab es mir nicht anders überlegt. Ich meinte, fünf Uhr, Haus Nummer sechs.«
    »Aha. Mal sehen, jetzt weiß ich’s«, hatte er gelächelt. »Fünf Uhr, Haus Nummer sechs. Fünf Uhr, Haus Nummer sechs. Fünf Uhr, Haus Nummer sechs.«
    »Bis dann, Gus.«
    »Nicht um sechs Uhr vor Haus Nummer fünf?« hatte er gefragt.
    »Nein«, hatte ich beunruhigt geantwortet. »Ach, ich verstehe, es ist nur ein Witz...«
    Er hatte eine Hand zum Abschied gehoben und wie ein Papagei vor sich hingebrabbelt: »Fünf Uhr, Haus Nummer sechs, fünf Uhr, Haus Nummer sechs, ’tschuldige Lucy, aber ich kann dir nicht auf Wiedersehn sagen, weil ich es sonst vergeß, fünf Uhr, Haus Nummer sechs, fünf Uhr, Haus Nummer sechs, bis dann, fünf Uhr...«
    Und während er die Straße entlanggezogen war, hatte ich ihn sagen hören »... Haus Nummer sechs, fünf Uhr, Haus Nummer sechs, fünf Uhr...«
    Ich hatte in der Haustür gestanden und ihm durch die dunkle Straße nachgeschaut. Ich war enttäuscht, daß er nicht versucht hatte, mich zu küssen. Ach was, hatte ich mich

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