Lucy und Olivia 04 - Die Vampirverschwoerung
Vampirbaby zurecht, das in ihrem Körper heranwuchs. Olivia und Lucy sind keine Monster. Sie sind Engel.
Das Monster bin ich. Ich habe bewusst die alten Traditionen missachtet und Susannah hat die Konsequenzen zu spüren bekommen.
Das Übel, das ich angerichtet habe, kann ich nicht rückgängig machen. Aber ich schwöre, dass ich meine Töchter mit derselben grenzenlosen Liebe aufziehen werde, die Susannah mir entgegengebracht hat. Meine Seele werde ich wohl nicht retten können, aber ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um die Mädchen zu retten.
Olivia ließ das Buch sinken und schloss die Augen. Sie brauchte einen Moment, um zu verdauen, was sie da gerade gelesen hatte. Unsere Mutter ist nicht bei einem Unfall gestorben, wie es in dem Nachruf aus Andover hieß, wurde ihr bewusst. Sie ist bei unserer Geburt gestorben. Und unser Vater gibt sich dafür die Schuld. Es war jedoch klar, dass er Lucy und Olivia ursprünglich nicht voneinander hatte trennen wollen. Er hatte vorgehabt, sie gemeinsam aufzuziehen. Was war also passiert?
Olivia blätterte schnell das Tagebuch durch. Es ging viel darum, wie es war, ein Menschen- und ein Vampirbaby gemeinsam aufzuziehen – »Olivia hat heute versucht, aus Lucys Flasche zu trinken, und ich habe
mich zu Tode erschreckt.« Und alle paar Absätze gab es wieder eine Bemerkung über ihre Mutter und deren Tod. Die Schuldgefühle ihres Vaters schienen immer schlimmer geworden zu sein.
Schließlich kam Olivia zum letzten Eintrag, der einen Tag vor ihrem ersten Geburtstag entstanden war. Sie holte tief Luft.
Ein Jahr lang habe ich mich selbst betrogen. Ich glaubte, Olivia und Lucy sicher gemeinsam aufziehen zu können. Ihre Mutter starb, weil sich ein Mensch und ein Vampir zusammengetan haben – könnte es einen deutlicheren Beweis für die Schrecken geben, die sie erwarten, wenn sie zusammenbleiben? Und doch habe ich sie gezwungen, als verwandte Seelen zu leben, gegen jede Vernunft, gegen die Natur, weil ich Trost in meinem Kummer suchte.
Vor allem um Olivia habe ich Angst. Selbst wenn sie bei mir ohne Zwischenfälle aufwachsen könnte, ist es einfach unmöglich, das Blutgeheimnis vor ihr zu bewahren. Sie wird unter Vampiren leben. Eines Tages wird sie vielleicht heiraten wollen. Sie wird meine Warnungen, sich nicht mit Vampiren einzulassen, in den Wind schlagen, genau wie ich die Warnungen meiner Eltern in den Wind geschlagen habe. Und was, wenn sie Kinder haben möchte?
Ich schwöre bei Susannahs Grab, dass ich denselben Fehler nicht zweimal machen werde. Ich muss Olivia aufgeben, damit sie in einer Menschenfamilie aufwachsen kann. Ich liebe sie mehr, als mein Herz er tragen kann. Meine Seele wehrt sich lautstark dagegen, sie wegzugeben, aber
ich werde nicht zulassen, dass mein Egoismus sie in Gefahr bringt. Nicht noch einmal.
Eine Träne tropfte auf die Seite, und Olivia stellte fest, dass sie weinte. Sie ließ das Tagebuch sinken und zahllose Tränen strömten über ihr Gesicht.
Er zieht nicht weg, um mir aus dem Weg zu gehen, dachte sie. Er versucht, mich zu schützen. Sie lächelte unter Tränen. Er liebt mich! Mein Vater liebt mich.
Sie schlug die allerletzte Seite des Tagebuchs auf, auf der sich nur ein paar Zeilen auf der ansonsten leeren Seite fanden.
Ich sage Lucy lieber, ich hätte sie adoptiert, als ihr jemals meine schrecklichen Geheimnisse anzuvertrauen. Sie wird nie von ihrer Mutter erfahren. Sie wird nie von ihrer Schwester erfahren. Nur so besteht Hoffnung, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen können. Es ist das Beste, was ich für unsere Töchter, und das Mindeste, was ich für meine Susannah tun kann, die in Frieden ruhen möge.
Olivia klappte das Tagebuch zu und legte ihren Kopf darauf.
Ich wünschte, Lucy wäre hier, dachte sie verzweifelt. Sie überlegte, ob sie sie auf dem Handy anrufen sollte, aber sie konnte Lucy nicht eine solche Nachricht mitteilen, während sie mit ihrem Vater im Einkaufszentrum war.
Es klingelte und Olivia sah auf die Uhr. Das sind
Sophia und Brendan, wurde ihr voller Schreck bewusst. Sie wischte sich schnell mit dem Ärmel ihres T-Shirts das Gesicht ab und stopfte das Tagebuch, das Holzkästchen und die anderen Dinge aus der Bibliothek zurück in den Umzugskarton, aus dem sie gefallen waren.
»Hallo. Alles in Ordnung?«, fragte Sophia, als Olivia die Haustür öffnete.
»Du siehst aus, als hättest du geweint«, bemerkte Brendan.
Es wäre nicht fair, es ihnen zu erzählen, bevor Lucy Bescheid weiß,
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