Lübeck
nördliche Klostertrakt wurde 1906 zum Gymnasium Johanneum . Später kam auch der südliche Flügel in den Besitz dieser Traditionsschule, in dem zurzeit etwa 940 Schüler schwitzen. Einem ehemaligen Zögling ist sogar eine Gedenktafel gewidmet: Herbert Ernst Karl Frahm aliasWilly Brandt drückte hier als Teenager die Schulbank, ein Karriereeinstieg, dem andere Politiker (z. B. Björn Engholm) und Journalisten (z. B. Peter VoÃ) folgen sollten.
Spaziergang 2:
St.-Annen-Museum, St. Aegidien und Hüxstraße
Dr.-Julius-Leber-Straße
Die
Umbenennung einer Straße – zum Leben und Wirken von Dr. Julius Leber (1891–1945)
Lübeck ist keine Stadt, die gern ihre Straßen umbenennt. Während des
Dritten Reichs gingen die Uhren anders: Die freie Fläche vor dem
Holstentorplatz wurde zum obligatorischen Adolf-Hitler-Platz … Besser machte
man es 1946, indem man die Johannisstraße in Dr.-Julius-Leber-Straße
umtaufte. Warum? Es galt bei der Umbenennung, den Vorsitzenden der Lübecker
Sozialdemokraten zu ehren, der übrigens auch den jungen Willy Brandt
förderte. Die Lübecker Zeit des weitsichtigen Doktors der Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften begann 1921 als Chefredakteur des Lübecker Volksboten und
Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Der gebürtige Elsässer und Sohn eines
Maurers war der nationalsozialistischen Bewegung sehr bald ein Dorn im Auge.
Zum ersten Mal verhaftete man den streitbaren Politiker am 2. Februar 1933. Der
Inhaftierung war eine nächtliche Messerstecherei vorausgegangen: Ein SA-Mann
war aus Notwehr von einem Begleiter Lebers getötet worden. Auf die
„Schutzhaft“ reagierte die Arbeiterschaft mit Streik, weswegen der beliebte
Redner sehr schnell entlassen wurde. Einmal in den Fängen der
Terrormaschinerie, kam er aber nicht mehr heraus: Im März desselben Jahres
nahmen ihn die Nazis vor der Berliner Kroll-Oper fest. So verhinderten sie die
Stimme des Reichstagsabgeordneten gegen das Ermächtigungsgesetz. Vier Jahre
verbrachte Leber daraufhin im Gefängnis und in den Konzentrationslagern
Esterwegen und Sachsenhausen.
Widerstandsaktionen in den Jahren 1937–43 blieben wirkungslos, obgleich er
in den Kreisen der Regimegegner noch immer als Autorität galt: In
Stauffenbergs Nachkriegsregierung war Leber sogar als Innenminister vorgesehen.
15 Tage vor dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde der populäre
Vollblutrepublikaner jedoch erneut verhaftet und am 5. Januar 1945 von den
Schergen des in seinen letzten Zuckungen liegenden Dritten Reichs in
Berlin-Plötzensee erhängt.
Die einstige Johannisstraße, die nächste Parallelstraße zu Hüx- und
Fleischhauerstraße, ist nahezu komplett denkmalgeschützt und vereint viele
Stile in sich:Besonders hervorzuheben ist
der hervorragend renovierte Haasenhof (Nr. 37–39), ein kleines
Schmuckstück für sich. Magdalena Elisabeth Haase stiftete in ihrem Testament
einen großzügig angelegten Hof für bedürftige Kaufmanns-, Krämer-, Brauer-
und Schifferwitwen – vielleicht, weil sich die Witwe eines Weinhändlers gut
in die Betroffenen einfühlen konnte. Ein Blick hinter die barocken Fassaden
der 1726–29 errichteten 13 Wohnungen lohnt sich, und das nicht nur wegen der
Katzen, die wie in jedem der Lübecker Höfe auch hier herumstrolchen.
Sogar der Heimatstil ist in der Straßenzeile vertreten. Hinter dem
vierstöckigen Bau mit dem Adler über der Eingangstür (Nr. 23) befand sich
im 18. Jh. ein hochherrschaftliches Haus: Elf Zimmer, ein Saal, zehn Kammern
und ein historischer „Fuhrpark“ für ehemals zehn Pferde dienen jetzt einer
Druckerei. Ein Haus weiter öffnet das Volkstheater Geisler dem
Komödienfreund die Tore (→ Kultur und Nachtleben). Das Highlight der
Dr.-Julius-Leber-Straße ist allerdings – eine Apotheke.
Spaziergang 2:
St.-Annen-Museum, St. Aegidien und Hüxstraße
Löwen-Apotheke
Erich
Mühsam (1878–1934)
Der in Berlin geborene und in Lübeck aufgewachsene Schriftsteller, Pazifist
und Anarchist passte eigentlich so gar nicht in die ehrenwerte Kaufmannsstadt.
Er engagierte sich bereits als Schüler für seine (linken) Ideale, was ihm
prompt einen Rauswurf aus dem Katharineum einbrachte. Es sollte nicht die
einzige Sanktion bleiben. Während seines zu kurzen Lebens erlitt der
polemisch-geistreiche Bühnenautor („Die Psychologie der Erbtante“, 1905)
und witzig-skurrile Dichter („Der Revoluzzer“, 1907) vier Inhaftierungen,
von denen die letzte im KZ Oranienburg nach monatelanger
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