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Lübeck

Lübeck

Titel: Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erlangen Michael Müller Verlag
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vornimmt, lohnt ein Umweg über die Hundestraße. Dort, wo einst ärmere Leute lebten, zeigt sich inzwischen eines der nettesten Sträßlein Lübecks: in Kriegszeiten unzerstört, mit Häusern, die zum Teil skurrile Geschichten zu erzählen haben.

    Hinter dem klassizistischen Giebel vonNr. 17 (heute zur Stadtbibliothek gehörend) wohnten die erfolgsverwöhnten Bildschnitzmeister Tönnies Evers der Ältere (geb. um 1530, gest. nach 1580) undder Jüngere (1550–1613). Der Junge kreierte z. B. die Singechöre in Petrikirche (inzwischen abgebrochen) und Aegidienkirche (→ Spaziergang 2). Sein Vater hatte sich u. a. um die Vertäfelung des Ratssaales gekümmert, von der leider nur noch die zweiflügelige Renaissancetür erhalten ist (→ Spaziergang 5).

    Noch interessanter ist das Gebäude nebenan (Nr. 19–23). Hier wirkten zwischen 1554 und 1588 zwei Drucker. Johann Balhorn der Jüngere wurde dank zweifelhafter Korrekturen sogar unsterblich, sein Nachname geriet zur Floskel. Was war geschehen? Der Büchermacher veröffentlichte 1586 eine aktualisierte Fassung des Lübecker Stadtrechts. Man verteilte sie, wie üblich, an die umliegenden Städte. So weit, so gut – doch leider hatten zwei Ratsjuristen das Werk „verschlimmbessert“. Die allzu offensichtlichen Mängel kreidete man aber nicht ihnen, sondern Herrn Balhorn an: Sein Name prangte auf dem Cover … Noch heute verwendet man das schon damals sprichwörtliche „verballhornen“ (oder „ballhornisieren“), wenn ein Sachverhalt aus Unkenntnis oder zur Parodie entstellt ist.
    Einer der schönsten Straßenzüge: die Hundestraße
    Inzwischen hat sich ein Frauenhotel (samt Frauencafé) in jenen sprachgeschichtlich bedeutsamen Räumlichkeiten niedergelassen (→ Übernachten). Und ja, als Mann – auch wenn man nur für ein Reisebuch recherchiert – wird man hier schräg angesehen, als Frau jedoch allerliebst behandelt … Egal, die Idee ist gut und wird angenommen.

Spaziergang 3:
Günter-Grass-Haus, Willy-Brandt-Haus und Heiligen-Geist-Hospital
Stadtbibliothek

    In unmittelbarer Nähe, gegenüber der Parteizentrale der Linken, befindet
sich die Stadtbibliothek .Johannes Bugenhagen, der
für Lübeck ein Regelwerk der Reformation verfasste, empfahl 1531 eine erste
Sammlung. Doch erst knapp 100 Jahre später wurde die Bücherei auch
öffentlich – und enorm erweitert. Luthers Kollege würde es sicher freuen,
dass sich in der Zwischenzeit jährlich an die 20.000 Leser aus einem Bestand
von über 1,1 Mio. Exemplaren bedienen. Leider fehlen von den wertvollsten
Stücken noch etwa 20.000 Bände. Nach dem Bombenangriff von 1942 brachte man
28.000 Inkunabeln und alte Handschriften zur Sicherheit nach Sachsen-Anhalt.
Nach dem Krieg verschwanden sie auf verschlungenen Wegen in der UdSSR.
    Im Foyer befindet sich stets eine kleine Schaukastenausstellung zu
wechselnden (historischen und kulturellen) Lübecker Themen. Spannend sind
v. a. die historischen Räume der Bibliothek, allen voran der Scharbausaal. Hier eröffnete zwischen 1616 und 1622 die frühbarocke
„Bibliotheca publica“. Noch heute sind die kunstvoll geschnitzten
Eichenregale und ein Ausschnitt der mittelalterlichen Bodenfliesen zu sehen.
Einer der alten Bücherschätze ist das „Rudimentum novitiorum“, das 1475
bei Lukas Brandis in Lübeck herauskam. Der fast 1.000 Seiten starke Schmöker
der Welt- und Heilsgeschichte (ein Lehrbuch für angehende Mönche) war das
erste in Nordeuropa gedruckte Buch. Darin befindet sich die berühmte
Darstellung von Lübeck als Großbaustelle des Mittelalters; außerdem eine
Darstellung der Welt als Scheibe. Leider ist der mittelalterliche Kodex im
Handschriftenlager versteckt – und nur nach langwieriger Anmeldung zu
besichtigen …

    Kleine Idylle im Rosen-Gang
    Der Konsistorialsaal (mit 6.000 Bänden von Heinrich Scharbau), der Mantelsaal (mit seiner Galerie, die als inneres „Stahlkorsett“ zur
Stabilisierung dient) und der Kirchenvorraum (mit Engelmalereien im
Deckengewölbe) sind wie der Scharbausaal nur im Rahmen einer Führung
zugänglich. Lediglich der Willy-Pieth-Lesesaal ist ohne Umschweife zu
betreten. Selbstverständlich übermalten die Nationalsozialisten die
expressionistischen Fresken von Ervin Bossányi, einem ungarischen Meister, mit
– wie sollte es anders ein? – brauner Farbe. Heute sind die

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