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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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Schulsystem. Verpasst ein Gymnasiast knapp das Leistungsziel und wechselt zur Realschule, kann er sich dort (wahrscheinlich) in der besseren Hälfte der Klasse etablieren. Erfolg: Beide Klassen sind im Schnitt besser geworden, ohne dass auch nur ein Schüler seine Leistungen persönlich verbessert hätte.
    Will Rogers wird auch ein Satz zugeschrieben, der diesen überraschenden Effekt auf den Punkt bringt: »Alles wird besser, obwohl sich nichts verändert.« Allerdings ist das beim Will-Rogers-Phänomen nicht immer so. Wir werden weiter unten zwei Beispiele anführen, bei denen gewissermaßen alles schlechter wird, obwohl jeder Beteiligte sein Bestes gegeben hat.
    Wenn Sie einmal Ihren Blick dafür geschärft haben, entdecken Sie wahrscheinlich bald: Oklahoma ist (fast) überall. Etwa im Fußball: Versetzt der Trainer einen relativ schwachen Spieler aus der A-Mannschaft in die B-Mannschaft, wird bei beiden Mannschaften die durchschnittliche Spielstärke steigen. Bei der Neuordnung von Wahlkreisen kann eine Partei den Trick zwar nicht nutzen, um ihre Gesamtstimmenzahl zu erhöhen. Aber die geschickte Verschiebung eines Dorfes von einem Wahlkreis in den Nachbarwahlkreis kann bewirken, dass das prozentuale Ergebnis einer Partei in beiden Wahlkreisen ansteigt – und ihr vielleicht ein zusätzliches Direktmandat einbringen. 2
    Vertrackt wird das beschriebene Phänomen dadurch, dass es oft nicht bösartig benutzt wird, sondern sich quasi natürlich ergibt. So ist es bei dem erwähnten Fall des Gymnasiasten in der Realschule. Hans-Peter Beck-Bornholdt und Hans-Hermann Dubben zeigen einen Fall in der Medizin auf: Eine verbesserte Diagnostik bei Tumoren kann auch direkt zu einer (scheinbaren) Verbesserung der Heilungschancen führen – wenn nämlich, wie üblich, die Tumore in kleine, mittlere, große und sehr große eingeteilt werden. Dann führen die feineren Diagnosen rechnerisch zu höheren Heilungschancen in allen Gruppen. Das kommt so zustande: Wurde früher ein Tumor der Gruppe der kleinen Tumoren zugeordnet und gehörte dort zu den größeren, also gefährlicheren, erkennt die neue Diagnostik noch Ränder; deshalb fällt der gleiche Tumor jetzt in die mittlere Gruppe, wo er zu den kleineren zählt. Somit verliert die Gruppe der kleinen Tumoren diejenigen mit den schlechtesten Prognosen, und die mittlere Gruppe gewinnt Tumoren mit überdurchschnittlich guten Prognosen hinzu.
    Den interessierten Fachmann verweisen wir hier aber lieber an die Fachleute 3 und widmen uns einem fiktiven Fall, bei dem das Phänomen nach hinten losging: Ein Diätinstitut hatte so viele Anmeldungen zum Frühjahrskurs, dass es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in drei Gruppen einteilte: in Gruppe 1 alle unter 90 Kilogramm, in Gruppe 2 alle von 90 bis 120 Kilogramm und in Gruppe 3 alle über 120 Kilogramm. Man versprach sich davon homogenere Gruppen und den Anreiz, bei Gewichtsabnahme in eine tiefere, also bessere Gruppe wechseln zu dürfen. Um den Anreiz zu verstärken, konnten die Teilnehmer im Internet den Gewichtsverlust verfolgen. Aus Datenschutzgründen nicht von jedem Einzelnen, sondern nur im Durchschnitt der jeweiligen Gruppe. Toll, wie der
von Woche zu Woche sank! Bis es dann so weit war und die erste Teilnehmerin den Sprung von Gruppe 3 nach Gruppe 2 schaffte. Die Leichteste der letzten Gruppe wurde plötzlich die Schwerste der mittleren Gruppe, und beide Durchschnitte sprangen nach oben. Dumm gelaufen! Hier gaukelt das Will-Rogers-Phänomen eine Verschlechterung vor, obwohl jeder und jede Beteiligte das Gewünschte, die Gewichtsabnahme, erreicht hatte.
    Wenn Sie demnächst lesen, dass die gut Verdienenden sowohl in den gesetzlichen als auch in den privaten Krankenversicherungen Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, bleiben Sie skeptisch. Auch hier könnte »Will Rogers« zugeschlagen haben. Bekommt nämlich ein gut verdienender gesetzlich Versicherter ein paar Euro mehr, steigt sein Gehalt knapp über die Beitragsbemessungsgrenze, und er wechselt in die private Krankenversicherung. Dort wird er zu den »Ärmeren« zählen. Erfolg: Das Durchschnittseinkommen der gesetzlich Versicherten sinkt durch den Weggang eines Gutverdieners, und das der privat Versicherten sinkt durch den Zugang eines Aufsteigers, der nur knapp die Hürde genommen hat. Hier wird ein Absinken der Einkommen vorgegaukelt, obwohl die Einkommen in Wirklichkeit gestiegen sind.
    Ist Ihnen schon schwindelig? Dann nutzen Sie den Vorteil, den ein Buch gegenüber einer

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