Lügennetz: Thriller (German Edition)
Dich an seine befreundeten Drogenhändler verkaufen wie die anderen. Ich wollte dich gerade schnappen, als ich sah, wie du das Haus verlassen hast.
Ich bin dir den ganzen Tag gefolgt, habe gesehen, wie du dich am Strand verletzt und dein Haar gefärbt hast. Ich wusste nicht, was du da treibst, bis du zum Übersee-Highway gegangen bist, um von der Bühne abzutreten. Deswegen habe ich angehalten und dir eine Mitfahrgelegenheit angeboten. Aber dann hast du diese Nummer mit dem Mercedes abgezogen und bist mir entwischt. Zuerst wusste ich nicht, was ich tun sollte. Aber es sah ohnehin nicht so aus, als würdest du zurückkommen, deswegen habe ich einfach gelogen und gesagt, ich hätte dich getötet. «
Der Wattebauscheffekt des Betäubungsmittels ließ nach und wurde durch einen dumpfen Schmerz ersetzt, der vom Kopf bis zu den Zehen reichte. Ich bewegte meinen rechten Arm, doch die Handschellen hielten ihn bereits nach dreißig Zentimetern auf. Die massiven Pfosten am anderen Ende der Handschellen waren verkratzt und abgenutzt, als hätte jemand darauf herumgekaut. Oh, Gott, nein! Die Spuren stammten von den an ihren Fesseln zerrenden vermissten Frauen.
Als ich den Blick wieder zum Fallschirmmörder wandte, pulte er mit dem kleinen Finger in seinen perfekt überkronten Zähnen.
» Ich hätte Peter die Wahrheit sagen sollen, aber ich hatte ehrlich Angst « , erzählte er. » Mich hältst du für einen schlechten Menschen? Peter ist der Tony Soprano von Key West, außer dass ihm der Sinn für Humor fehlt. « Der Fallschirmmörder zuckte mit den Schultern. » Aber diese Seite hat er dir sicher nicht gezeigt. Mir drohte er schon mit dem Tod und schlug mich, wenn ich was vergessen hatte, aber dich nicht. Du hast in einer Welt voller Blumen, Regenbogen und Liebesbriefen gelebt. «
Er erhob sich und gähnte.
» Sieh mal, Jeanine, Frauen, sogar Ehefrauen, kommen und gehen, aber Freunde bleiben für immer. Die besten Freunde jedenfalls. Wir waren gemeinsam bei den Rangers. Wenn er jemanden brauchte, der ihm den Rücken freihält, war ich derjenige, den er anrief. Ich muss zugeben, dass er wirklich nicht mit mir zufrieden war, nachdem er dich in New York gesehen hatte. Aber schließlich gab er nach und bot mir eine zweite Chance, dich auszuschalten. In deinem Hotelzimmer hatte ich dich beinahe schon erwischt. «
Der Fallschirmmörder ging zur Tür und öffnete sie.
» Aber keine Sorge. Diesmal werde ich es nicht vermasseln. Wenn die Typen da drin mit dir fertig sind, werde ich dir vor deiner Seebestattung zwei Kugeln in den Schädel jagen, damit du diesmal auch bestimmt tot bleibst. Endgültig. «
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Die Tür wurde geschlossen. Während die Elektrogitarre nebenan mit ihren Riffs das Hiphop-Bassgedröhne übertönte, fiel mir ein Sprichwort ein.
Wenn die Straße des Lebens dir zwei Wege zeigt, wähle den steinigen Weg.
Ob dieser Satz von einem Schriftsteller oder aus der Bibel stammte, wusste ich nicht mehr, sondern nur, dass ich ihn eigentlich nie verstanden hatte. Warum sollte ein Mensch es sich unnötig schwer machen? Doch erst jetzt, während ich hier mit tränennassem Gesicht und nicht nur durch die Fesseln, sondern auch von Todesangst gelähmt auf dem Bett lag, wusste ich schließlich, was er bedeutete.
Es hieß, es gab keine Abkürzungen. Man musste für alles bezahlen. Manchmal gehörte es dazu unterzugehen, egal, wie ungerecht die Umstände waren. Peter zu begegnen hatte mir die Möglichkeit verschafft, meinem Schicksal zu entkommen, nachdem ich Ramón Peña getötet hatte. Zumindest bis jetzt. Heute würde ich für dieses Verbrechen samt Zinsen und Zinseszinsen bezahlen.
Mir fiel ein, wie schockiert ich gewesen war, dass sich Justin Harris damit abgefunden hatte zu sterben. Jetzt war ich nicht mehr schockiert.
Jemand klopfte an die Tür.
Doch statt mich mit soldatischem Heldenmut zu stählen wie Justin, wand und zuckte ich vor Widerwillen und Schrecken am ganzen Körper. Meine Sehnen fühlten sich an, als würden sie gleich reißen.
» Hola! « , grüßte mich jemand vergnügt, als er die Tür öffnete.
Der Mann, der eintrat, sah eher nach einem Franzosen als nach einem Mexikaner aus. Er hatte olivfarbene Haut und war groß und schlank, sein glänzendes, schwarzes Haar reichte ihm bis auf die Schultern, und aus seinem stoppeligen Gesicht ragte eine Zigarre heraus. In seinem gut sitzenden Nadelstreifenjackett, dem am Kragen offenen Hemd und der hübschen Jeans sah er europäisch aus, weltklug, wie ein
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