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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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mit meinen Cousins und Cousinen. Ich will sie gar nicht kennenlernen.
    Aber ich kann es nicht umgehen, dass ich die Wölfe kenne. Wenn wir uns verwandeln, dann sind wir ein Rudel.
    Ich will nicht in einem Rudel zusammen mit Pete sein.
    »Dann ist das alles wirklich deine Familie?«, fragt er.
    »Ja, die sind alle wirklich meine Familie.«
    »Aber die sind doch alle weiß.«
    Ich verdrehe die Augen. »Du hast vielleicht bemerkt, dass meine Großmutter weiß ist und mein Dad schwarz. Das ist doch nicht so schwer herauszufinden.«
    »Aber von deinen Cousins ist keiner schwarz?«
    »Nein.«
    »Also sind nicht alle Wölfe schwarz?«
    »Wölfe. Nein. Wieso sollten sie? Du bist ein Wolf. Du bist weiß.«
    »Ich dachte, sie wären alle schwarz wie du.«
    »Ich bin der einzige schwarze Werwolf, den ich kenne.«
    »Aha«, sagt der Junge. »Wie bald werde ich wieder ein Wolf?«
    »In ungefähr einem Monat. Ein paar Tage hin oder her.«
    »Warum dauert es so lang?«
    »Das ist immer nur einmal im Monat. Sie haben sich alle gerade zurückverwandelt, du hast es also knapp verpasst.«
    »Oh«, sagt er. Ich merke, dass er enttäuscht ist. Seine Stimme klingt ganz matt.
    »Du musst warten«, erkläre ich ihm.

    »Kann ich die Pferde sehen?«
    Ich führe ihn zu den Ställen und überlege, was ich tun soll. Er ist so jung und so dumm. So zurückgeblieben. Das hier ist das größte Abenteuer seines Lebens. Für ihn war es aufregend, eine Kuh zu sehen, und jetzt die Pferde. Er ist noch nie aus der Stadt herausgekommen. Er hat noch gar nichts gesehen oder gemacht.
    Meine jüngste Cousine, Lilly, mistet gerade einen der Ställe aus mit einer Schaufel, die fast größer ist als sie selbst. Sie ist ein Wolf, aber noch jung. Ihre erste Verwandlung hat noch ein paar Jahre Zeit. »Das hier ist Pete«, sage ich zu ihr. »Magst du ihm die Pferde zeigen?«
    »Klar«, sagt sie. »Du bist auch ein Wolf? Ich hab noch nie einen Wolf kennengelernt, der kein Wilkins ist.«
    Ich lasse die beiden allein und laufe so schnell wie möglich zum Haus zurück. Ich werde die Oldies überreden, dass sie ihn doch nicht töten.

FAMILIENGESCHICHTE
    Gerne würde ich euch erzählen, dass ich schöne Erinnerungen an Jordan habe. Aber das wäre nur eine Lüge. Es gibt keine einzige. Alles, was ich euch von ihm erzählt habe, was ich beschrieben habe, es stimmt alles.
    Er war ein Scheißkerl. Ein egoistischer kleiner Jammerlappen. Ich werde nie verstehen, warum meine Eltern ihn so sehr geliebt haben.

    Sein Tod hat nichts an ihrer Liebe geändert und nicht dazu geführt, dass sie anfingen, mich mehr zu lieben.
    Nein, sie feiern immer noch jeden Geburtstag mit einem kunstvollen Kuchen in Form eines Dinosauriers, weil er Dinosaurier so gerne hatte.
    Hatte er aber gar nicht. Als er sechs war, hatte er die Dinos weit hinter sich gelassen und war zu Piraten übergegangen. Als er starb, waren es dann die Superhelden, vor allem Batman. Wenn meine Eltern ihn so sehr geliebt haben, warum können sie sich das nicht merken?
    Einmal hatten sie ihm einen Kuchen in Form eines Fußballs gemacht, weil er mal Fußball gespielt hatte. Aber sie hatten vergessen, dass er nur ein halbes Jahr Fußball gespielt hatte, und das auch noch schlecht. Sehr schlecht.
    Es gab immer Kuchen, ganz gleich, ob wir es uns leisten konnten oder nicht. Ich musste meinem toten Bruder zum Geburtstag gratulieren, seinen bescheuerten Kuchen essen und so tun, als würde er mir schmecken.
    Noch schlimmer ist der Jahrestag seines Todes.
    Sie tragen nicht schwarz. Mom meint, das würde Jordan zu traurig machen. Als ob Jordan je bemerkt hätte, was irgendjemand anhatte. Stattdessen ziehen sie helle, fröhliche Kleidung an und zwingen mich, dasselbe zu tun. Ziehen mir eins von Moms Sommerkleidern über, die zu kurz und zu weit für mich sind. Wir essen sein Lieblingsessen: Hotdogs, die sind wenigstens billig. Dann erzählen wir uns unsere Erinnerungen an den geliebten Jordan. Sprechen darüber, wie sehr wir ihn vermissen. Was wir am meisten vermissen.
    Ich vermisse gar nichts, deswegen muss ich jedes Jahr etwas Neues erfinden. Aber sie beobachten mich genau,
um sicherzugehen, dass ich es auch ehrlich meine. Aber ihr könnt mir glauben, dass ich nicht halb so wilde Lügen auftische wie sie. Er hat nicht gesungen wie ein Engel und er konnte weder Französisch noch Klavier spielen. Er hatte überhaupt keine besonders wertvollen Eigenschaften oder Begabungen.
    Sie lieben ihn, obwohl er tot ist, weit mehr als sie mich je

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