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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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natürlich. Fast täglich. Seine Eltern haben schon Liebesbriefe von vollkommen Fremden bekommen.
Massenweise. Liebesbriefe an einen toten Jungen von Menschen, die ihn nie gekannt haben. Das ist viel perverser als alles, was ich getan habe, oder?
    Reporter sind mir zur Schule und wieder nach Hause gefolgt.
    Menschen, die ich gar nicht kannte, haben auf mich gezeigt und getuschelt.
    Meine Eltern mussten ihr Telefon abmelden. Das war einer der Gründe, warum sie so wild entschlossen waren, mich auf die Farm zu schicken. Die Reporter haben die Farm nie gefunden. Keiner hat sie je gefunden.
    Und die Gerichtsverhandlung?
    Die Gerichtsverhandlung war das Schlimmste von allem.
    Ihr fragt euch, warum ich davon noch gar nichts erzählt habe?
    Das hätte nur abgelenkt und trägt nicht wirklich was zur Geschichte bei. Denn die handelt von Zach und mir und meinem Wolfsein.
    Yayeko hat verstanden – versteht, meine ich.
    Deswegen besucht sie mich so oft.

DIE WAHRHEIT ÜBER MICH
    Das Apartment ist klein. Ein winziger Raum. Die Küche ist an einer Wand, das Bett an der anderen und ein Schreibtisch und Regal an der dritten. Es gibt einen Blick auf einen Park und keinen Käfig, der als Schreibtisch getarnt ist.
    Ich bin nicht mehr in der Stadt, aber es ist ein gutes College in einer guten Stadt und ich muss keinen Cent bezahlen.
    Ich laufe, so wie Zach es mir vorgeschlagen hat. Ich laufe nie mit höchster Geschwindigkeit. Jedenfalls nicht, solange einer zuschaut. Ich muss es nicht.
    Die Hormone, die ich jetzt nehme, sind genauer eingestellt, als es die Pille je war. Ich injiziere sie einmal alle drei Monate. Keine Angst mehr, dass ich die Pille vergessen könnte. Ich besuche die Oldies, selbst wenn alle sich verwandelt haben, ohne auch nur das leiseste Jucken in meinen Handflächen zu verspüren. Ich habe Großmutter und Großtante Dorothy von meiner Forschung erzählt. Sie sagen, sie sind stolz auf mich, vor allem Großmutter, aber sie wünschten, ich würde auf der Farm bleiben.
    Der weiße Junge, Pete, freut sich immer, mich zu sehen. Er hat gelernt zu lächeln.
    Er hat sich verändert. Er ist größer, gesünder, und er hat Fleisch auf den Knochen, nicht nur Haut.
    Mit meinen Eltern habe ich seit dem Tag, an dem sie mich verlassen haben, nicht mehr gesprochen. Meine Mutter schreibt mir Briefe, die sie an die Oldies schickt. Ich schreibe nicht zurück.
    Ich verweigere ihre Besuche. Das ist etwas, das noch in meiner Macht steht.
    Ich habe einmal gesehen, dass Dad mir bei einem Wettlauf zugesehen hat. Ich habe mir nicht anmerken lassen, dass ich ihn gesehen habe. Er sah älter aus, grauer und ausgezehrter im Gesicht. Ob das wohl an mir liegt?
    Ich bin nicht bereit für meine Eltern. Ich weiß nicht, wann ich es sein werde. Vielleicht nie.

    Tayshawn und ich sind weiterhin in Kontakt. Er hat es zum MIT geschafft. Er will Roboter bauen. Sarah ist nach Harvard gegangen. Ich habe sie seit dem Schulabschluss nicht mehr gesehen. Sie schreibt nicht.
    Ich habe hier Freunde. Andere Läufer und ein paar aus meinen anderen Fächern. Aber sie wissen nicht, wer oder was ich bin.
    Also, ja, ich lüge noch immer, aber nie gegenüber Yayeko oder den Oldies und auch nicht gegenüber Pete.
    Das ist ein Anfang.

VERSPRECHEN EINGELÖST
    Ich hab’s also getan. Ich hab euch die Wahrheit erzählt, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. So wie ich es gesagt habe. Seid ihr jetzt stolz auf mich?
    Ihr solltet es sein.
    Obwohl ich den Verdacht habe, ihr seid es nicht.
    Ich habe den Verdacht, dass ihr in euch hineinmurmelt: »Werwölfe? Wirklich? Sie erwartet, dass ich an Werwölfe glaube?«
    Ihr haltet mein Happy End für übertrieben. Zu unwahrscheinlich. Ein Mädchen, das so schnell läuft, dass sie Weltrekorde bricht – Weltrekorde der Männer ? Ohne jedes Training. Das glaubt ihr doch auch nicht, oder?
    Ihr seid beleidigt, dass ich euch für so naiv gehalten habe, dass ihr mir diese dreisten Lügen glaubt. Ihr habt
euch nie reinlegen lassen. Ihr könnt zwischen den Zeilen lesen, den ganzen Werwolf-Scheiß beiseitelassen und sehen, was übrig bleibt.
    Ihr glaubt nicht, dass es das schöne Bild ist, das Micah, die Lügnerin gemalt hat?
    Ihr glaubt, ihr wisst, was wirklich geschehen ist, wer ich wirklich bin und was ich wirklich getan habe.
    Ihr glaubt, ich habe es zwei Mal getan. Vielleicht noch öfter? Vielleicht fünf Mal.
    Ihr glaubt nicht an meine Zähne und Krallen. Ihr glaubt an meine Hände und mein Messer. Ihr glaubt nicht, dass ich das

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