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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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und mir haarklein habe erzählen lassen, welche Bücher Oma vorgelesen hat und welche Filme er schauen durfte, wird Sammy mit einem Mal müde. Auch ich muss mich zusammenreißen, mich nicht sofort zu ihm ins Bett zu legen, denn die belebende Wirkung des Kaffees lässt allmählich nach.
    Ich schleiche mich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer und gehe in die Küche.
    »Was hat Oliver denn dazu gesagt, dass du so früh abreisen musstest?«, erkundigt sich meine Mutter und stellt einen großen Becher grünen Tee vor mich auf den Tisch. Doch so wichtig ich es auch finde, dass sie Anteil an meinem Leben nimmt, so sehr widerstrebt es mir momentan, mit ihr über Oliver zu sprechen. Meine Mutter weiß ja noch nicht einmal, dass ich beim Speed-Dating eiskalt gelogen habe. Viel lieber würde ich jetzt mit Mia …

    Als wären wir durch ein telepathisches Band miteinander verbunden, klingelt in diesem Moment mein Handy. Mia!
    »Hast du Zeit?«, fragt sie. »Ich will alles, aber auch wirklich alles über deinen Urlaub wissen.« Vor meinem Rückflug habe ich Mia noch kurz angerufen, um zu sagen, dass ich früher als geplant zurück bin.
    »Du meinst, was während der mickrigen zweieinhalb Tage passiert ist? Also, theoretisch könnten wir uns gleich morgen sehen«, schlage ich vor und wende mich meiner Mutter zu. »Könntest du auf Sammy aufpassen?«, will ich wissen. Ich unterdrücke das ungute Gefühl, eine Rabenmutter zu sein - kaum da, schon wieder auf dem Sprung.
    »Ich hatte sowieso vor, so lange zu bleiben, bis er wieder gesund ist«, antwortet sie fröhlich.
    Wir verabreden uns für zwanzig Uhr im Nil, einem angesagten, aber nicht ganz preiswerten Restaurant am Neuen Pferdemarkt.
    »Es gibt was zu feiern, du bist eingeladen«, sagt Mia geheimnisvoll und erweist sich Nachfragen gegenüber resistent.
    »Mach dich einfach ein bisschen schick, und sei pünktlich«, erklärt sie und beendet das Gespräch.
    Gedankenverloren packe ich meinen Koffer aus und stecke den Badeanzug, ein Strandkleid und ein großes Badetuch in die Waschmaschine zu Sammys T-Shirts, Unterhosen und Jeans. Während ich Pulver in die dafür vorgesehene Kammer fülle, zieht sich mein Herz zusammen. Ich könnte heulen, ich habe die Chance meines Lebens verpasst!

    Allerdings fühle ich mich nicht nur elend, weil ich selbst dazu beigetragen habe, mein Glück zu torpedieren, sondern auch weil Sammy sich mit seiner Erkrankung keinen unpassenderen Zeitpunkt hätte aussuchen können. Da will ich einmal seit Jahren ohne ihn Urlaub machen und dann so was!
    Die Waschmaschine setzt sich rumpelnd in Gang, und ich lasse mich vor ihr auf den Boden gleiten. Ich bleibe eine Weile auf dem kühlen Linoleum sitzen, während mir unaufhaltsam Tränen übers Gesicht laufen. Wie gut, dass sich die Maschine in einer separaten Kammer befindet und viel Lärm macht. Auf diese Weise bekommen weder meine Mutter noch mein Sohn mit, dass ich mir gerade die Augen ausheule.
    Als meine Nase zu laufen beginnt, wische ich sie mit dem Ärmel ab. Meine Güte, was ist auf einmal los mit mir? Bekomme ich meine Tage, oder warum fühle ich mich, als würde ich von einer schweren Depression überrollt?
    Komm, Franca, reiß dich zusammen!, ermahne ich mich und rapple mich schließlich mit steifen Knien auf. Ich müsste dringend wieder Sport treiben - ich bin unbeweglich wie ein Brett.
    Als ich in den Flur gehe, höre ich Sammy mit dünnem Stimmchen nach mir rufen. Er ist wieder wach und will Mensch ärgere dich nicht mit mir spielen, obwohl er dieses Spiel eigentlich nicht mehr mag. »Zu babymäßig!«, hat er mir erst neulich gesagt, als ich es wieder einmal hervorkramen wollte. Doch die Windpocken scheinen aus dem sonst eher coolen Sammy wieder ein bedürftiges Kleinkind zu machen.

    Voller Langmut hocke ich mit meinem Sohn auf dem Fußboden. Die Würfel verfangen sich immer wieder im Flokati, der sich denkbar schlecht als Spielunterlage eignet. Aber um mit uns am Tisch zu sitzen, ist mein Sohn offenbar zu schlapp.
    »Hier, probiert’s mal damit«, schlägt meine Mutter vor und breitet einen gefalteten Umzugskarton auf dem Teppich aus. Gute Idee!
    Auf diese Weise verbringen wir zu dritt fast zwei Stunden damit, uns gegenseitig rauszuschmeißen, wieder neu zu formieren und zu versuchen, unsere Figuren ins Ziel zu bringen. Ich bin so abgelenkt, dass ich die ganze Zeit nicht an Oliver denke.
    Dafür trifft mich der Gedanke an ihn mit voller Wucht, als das Spiel weggeräumt ist und sowohl Sammy als auch

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