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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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partout zum Piloten ins Cockpit, was meinem Vater zum Glück auch einmal gelungen ist.
    Doch bevor ich ihrer Bitte nachkommen kann, ertönt eine weibliche Stimme, die meinen Namen ruft. Ich drehe mich verwundert zur Seite und sehe Francas Freundin Mia eng umschlungen mit einem Typen Mitte fünfzig mit Halbglatze an der Reling stehen.
    »Was machst du denn hier?«, frage ich verwundert. Lucia sieht interessiert von ihr zu mir, während ihr Eis mittlerweile auf meine Schuhe tropft.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, grinst Mia und deutet auf den Mann neben sich. »Darf ich bekannt machen? Julius Humbert - Oliver Kramer! Und du bist bestimmt die kleine Lucia?«, mutmaßt sie und beugt sich zu meinem Patenkind herab.

    Mein Gott, hoffentlich verrät sie mich nicht!, schicke ich ein flehentliches Stoßgebet zum Himmel.
    »Stimmt genau«, antwortet Lucia keck und streckt Mia das Eis entgegen. Offenbar hat sie genug davon und sucht nach einem Weg, die tropfende Süßigkeit elegant loszuwerden.
    »Äh, nein danke«, stammelt Mia und sieht für einen kurzen Moment irritiert aus.
    »Julius und ich wollen schauen, ob sich das Schiffsrestaurant für unsere Hochzeitsfeier eignet«, erklärt sie in einem Ton, als erwartete sie, dass ich ihr gleich vor Begeisterung um den Hals falle und frage, ob ich Trauzeuge werden darf.
    »Super Idee«, stottere ich.
    »Onkel, komm!«, quengelt Lucia und zieht an meiner Hand. Ich bin froh, dass sie ihren Wunsch, dem Kapitän Guten Tag zu sagen, noch nicht aufgegeben hat.
    »Onkel?«, wiederholt Mia und zieht die Stirn kraus, während Julius Humbert eher unbeteiligt aussieht. Wahrscheinlich will er lieber mit seiner Braut in spe alleine sein.
    »Äh, das ist so ein Spiel zwischen Lucia und mir«, erkläre ich hastig, während sich auf meiner Stirn Schweißperlen bilden. »Sie nennt mich seit Neuestem immer ›Kleiner Onkel‹, weil Pippi Langstrumpfs Pferd so heißt und sie immer auf mir herumreitet. Albern, ich weiß, aber so sind Kinder nun mal … ich hoffe, die Phase gibt sich bald, und sie nennt mich wieder Oliver.«
    Ob Mia mir das abkauft?
    »Oliver, kooomm jetzt. Mir ist langweilig!«, ruft
Lucia, und ich zucke scheinbar bedauernd mit den Achseln.
    »Tja, ihr hört es selbst, mein Typ ist gefragt. Ich muss mit Lucia zum Kapitän. Also: Herzlichen Glückwunsch, und grüß Franca von mir, wenn du sie sprichst.«
    Ohne mich nochmals umzudrehen, folge ich meinem Patenkind. Das war knapp!
    »Wer ist Franca?«, will Lucia wissen, während ich an die Tür des Schiffsführers klopfe. Wir werden mit einem fröhlichen »Moin« begrüßt, und wie sich herausstellt, sind für den guten Mann solche Besuche nichts Neues.
    »Ich wäre beleidigt, wenn eines Tages niemand mehr vorbeikommen würde«, sagt er mit einem Augenzwinkern und erklärt uns seine Aufgaben mit einer Engelsgeduld. Dabei stellt sich heraus, dass die Ansagen für die Passagiere gar nicht von ihm gesprochen werden, sondern vom Tonband kommen.
    »Ach, heutzutage ist doch alles nur noch Luuuch und Truuuuch«, hamburgert Jens Tönissen höchst übertrieben, weshalb ich annehme, dass das gar nicht sein richtiger Name ist. Auch sein schlohweißer Bart könnte gut und gern aus einem Theaterfundus stammen.
    Rund um den Hamburger Hafen tut man des lieben Geldes wegen eben alles, um Touristen vorzugaukeln, dass Seemanns Braut immer noch die See ist, man in dieser Stadt über den spitzen Stein stolpert und die Damen des horizontalen Gewerbes alle das Herz auf dem rechten Fleck haben.
    Selbst der Typ, der an der Anlegestelle Schifferklavier spielt, tut nur so als ob und lässt unter dem Tischchen,
auf dem seine Mütze liegt und auf Scheinchen wartet, einen CD-Spieler mitlaufen.
    Lug und Trug, List und Tücke, Schein und Sein - das ist weiter verbreitet, als man glaubt …

23
    Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit …
    FRANCA PETERS - MONTAG, 14. JUNI
     
    »Schätzchen, geht’s dir besser? Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Wie durch Watte vernehme ich die Stimme meiner Mutter. Mein Mund ist trocken, meine Lippen sind rau wie Sandpapier. Ich bin nass geschwitzt, und meine Haare kleben an der Stirn.
    Meine Mutter schiebt mir ein digitales Fieberthermometer zwischen die Zähne, und ich danke Gott in diesem Moment, dass ich kein Kleinkind mehr bin, bei dem derlei Messungen an anderer Stelle vorgenommen werden.
    »Achtunddreißig neun«, erklärt sie, nachdem das Thermometer aufreizend laut gepiepst hat, und verabreicht mir zwei fiebersenkende

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