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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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liebsten bitten, mir gleich die ganze Kanne zu überlassen.
    Ich habe heute Nacht nur zwei Stunden geschlafen und fühle mich wie gerädert. Daran ändert auch das kleine Kissen nichts, das ich seit einer geschlagenen Stunde unter meinem Kopf hin und her schiebe, in der Hoffnung, endlich eine Position zu finden, in der ich noch ein wenig dösen kann. In meinem Kopf und in meinem Herzen herrscht gleichermaßen Chaos, ich bin so überdreht, dass ich Mühe habe, die Plastiktasse gerade zu halten.
    Ich spüre noch die vielen Küsse auf meinen Lippen, meine Haut duftet nach Oliver, und ich sehne mich so sehr nach ihm, dass es wehtut. An sich wäre alles wunderschön, wenn ich mich nicht wieder einmal über mich selbst ärgern würde. Oder über das Zimmermädchen, das in unser erotisches Intermezzo geplatzt ist und damit einen perfekten Moment zerstört hat.
    Nachdem Juanita mit hochrotem Kopf, spanische Entschuldigungen murmelnd, den Rückzug angetreten
hat, war es leider mit meinem Mut vorbei. Und mit Olivers Erregung.
    Doch anstatt über den Vorfall zu lachen und nach einer kleinen Pause wieder da anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben, überfiel mich dummerweise wieder die Angst und ließ mich nicht mehr los. Ich versteifte mich unter Olivers zärtlichen Berührungen und scheiterte schließlich an der Beantwortung der Frage nach einem Kondom. Das hatte ich im Eifer des Gefechts völlig vergessen.
    Sollte ich ins Badezimmer gehen und die nagelneue Packung holen?
    Sollte ich sie anbrechen und vortäuschen, dass ich regelmäßig Sex habe? Oder würde es so aussehen, als sei ich grundsätzlich leicht zu haben?
    So attraktiv, wie Oliver ist, hat er doch bestimmt andauernd Sex, und die Frauen zieren sich nicht lange, bevor sie mit ihm ins Bett steigen.
    Blockiert von dieser Vorstellung habe ich mich dem Liebesspiel schließlich entzogen, was wiederum Oliver irritiert hat.
    Nachdenklich schaue ich aus dem Fenster und sehe Wolkenberge an mir vorüberziehen. Noch knapp neunzig Minuten bis zur Landung in Hamburg. Wieso heißt es eigentlich immer, dass von oben alles einfacher aussieht?, frage ich mich und hadere mit mir und der Welt. Ich wünschte, ich könnte leichtfüßiger durchs Leben gehen. Denn vielleicht habe ich mir tatsächlich wieder einmal viel zu viele Gedanken gemacht und mich damit um eine schöne Erfahrung gebracht.
    Wie ich es auch drehe und wende - ich bin unzufrieden
mit mir! Außerdem habe ich schlechte Laune, weil ich früher nach Hause zurückmuss, wo nicht nur ein kranker Sohn auf mich wartet, sondern auch noch mieses Regenwetter.
    »Pack dich lieber warm ein, hier herrschen Temperaturen wie im Herbst«, hat meine Mutter mir geraten, als ich ihr die Uhrzeit meiner Landung durchgegeben habe.
     
    In Fuhlsbüttel zieht es bereits auf dem Parkplatz wie Hechtsuppe. Leider kann meine Mutter mich nicht abholen, weil sie auf Sammy aufpasst, und Mia muss natürlich arbeiten.
    Da ich absolut keine Lust habe, mit dem Airport-Express zu fahren, gönne ich mir ausnahmsweise ein Taxi.
    »Wohin wollen Sie?«, fragt der ältere Fahrer und wuchtet meinen Koffer in den Gepäckraum. Ich nenne meine Adresse und sehe Enttäuschung in seinen Augen. Noch jemand, der mit den Widrigkeiten des Lebens ringt: Der Taxifahrer träumt von einer lukrativen Langstreckentour - und ich von einer unkomplizierten Beziehung. Scheinbar ist beides momentan schwer zu haben.
    Als ich die Tür zum Hausflur aufschließe, halte ich einen Moment inne und atme tief durch. Dann gehe ich hinein.
    »Da bist du ja!«, ruft meine Mutter in einem Ton, als sei ich ein Jahr im Kongo gewesen. Dabei ist sie doch diejenige, die pausenlos durch die Weltgeschichte gondelt. Ich begrüße sie mit einem Küsschen auf die Wange, stelle meinen Koffer in der Diele ab und gehe direkt in Sammys Zimmer.

    »Armer Hase!«, entfährt es mir, als ich seinen über und über mit Pusteln übersäten Körper sehe. Mein Sohn verzieht wehleidig das Gesicht und presst ein Stoffkänguru an seine Brust. Plötzlich wirkt er nicht wie fast neun, sondern wie drei.
    »Hallo, Mom«, sagt er mit matter Stimme.
    »Halt lieber ein bisschen Abstand«, warnt meine Mutter mich, doch meine Liebe ist größer als die Angst vor Ansteckung. Ich knuddle und küsse Sammy - es tut so gut, ihn zu sehen!
    »Bis zu deinem Geburtstag nächste Woche bist du wieder fit«, versuche ich ihn zu trösten, denn ich weiß, dass das momentan seine größte Sorge ist.
    Nachdem ich noch eine Weile am Bettrand gesessen

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