Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
Vom Netzwerk:
Ruhe, Stille und vor allem Stillstand nur schwer aushalten. Normalerweise setze ich tagaus, tagein alles daran, Spaß zu haben und Problemen oder Konflikten aus dem Weg zu gehen. In dieser Beziehung bin ich nicht viel anders als die Nachtschwärmer, die hier flirten, lachen, sich betrinken oder vielleicht auch die eine oder andere Line ziehen … nur mit dem Unterschied, dass ich mindestens zwanzig Jahre älter bin.
    Noch vor drei Wochen hätte ich die Gelegenheit ergriffen und mit einer der Frauen hier eine tolle Nacht verbracht. Danach wäre ich abgereist, ihre Telefonnummer im Gepäck, jedoch ohne das geringste Bedürfnis, sie anzurufen. Wozu auch? In Hamburg hätten Frauen wie Amelie Künzelmann (die vermutlich immer noch sauer auf mich ist) auf mich gewartet. Und wenn nicht, wäre das auch okay gewesen. Dann wäre ich eben ein paar Runden mit meinem Alfa gefahren, hätte ein paar Runden
Golf gespielt, ein paar Runden geschlafen. Doch heute ist alles anders …
    Wieso hat Franca sich eigentlich noch nicht auf meine SMS von Donnerstag gemeldet?, frage ich mich zum wiederholten Male, während meine Laune allmählich in den Keller sinkt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor so viel an und über eine Frau (nach)gedacht zu haben. Seit ich Franca kenne, werde ich mir selbst immer fremder.
    War ihr Job-Notfall nur fingiert, weil ich ihren Erwartungen doch nicht entsprochen habe und sie nichts lieber wollte, als wieder nach Hause zu fahren?
    Eine Hälfte von mir weigert sich, das zu glauben, die andere fürchtet das Gegenteil.
     
    Nachdem ich die Tür zu meinem Loft in Hamburg geöffnet habe, eile ich zum Anrufbeantworter, um meine Nachrichten abzuhören. Doch seltsamerweise blinkt die Leuchtdiode nicht.
    Gab es während meiner Abwesenheit etwa einen Stromausfall?
    Ich checke hektisch die Anzeigen des DVD-Festplattenrekorders, des digitalen Weckers und der Telefonanlage - doch nichts deutet auf eine Unterbrechung der Stromzufuhr hin. Ein wenig geknickt lasse ich mein Gepäck im Flur liegen und sehe, statt auszupacken, in Windeseile die Post durch. Fast fürchte ich, einen Brief mit dem handgeschriebenen Absender »Franca Peters« vorzufinden. Doch sie hat mir weder eine SMS, noch einen Brief oder eine Karte geschrieben. Und auch keine Email,
wie ich kurz darauf mit einem bedauerndem Blick in meinen elektronischen Post-Account feststelle.
    »Bin wieder da!«, informiere ich Dominic telefonisch, denn ich brauche eindeutig jemanden zum Reden. »Hast du kurz Zeit auf einen Kaffee, oder braucht dich deine family ?«
    »Wir sind gerade auf dem Weg zum Hafen«, entgegnet Dominic zu meiner Enttäuschung. »Carlas Schwester Elena und ihr Schwager Giancarlo sind zu Besuch und wollen eine Hafenrundfahrt machen. Aber komm doch einfach mit! Lucia würde sich riesig freuen, dich zu sehen. Und ich mich natürlich auch.«
    Ich denke nach. Habe ich jetzt wirklich Lust, auf einem Fährschiff die Elbe entlangzuschippern und mir das Geschwafel eines rhetorisch mäßig begabten Kapitäns mit gekünsteltem Hamburger Dialekt anzuhören?
    Andererseits wäre das vielleicht eine willkommene Ablenkung von meiner eigenen Misere, und ich könnte bei der Gelegenheit meinem Patenkind das mallorquinische Mitbringsel geben.
    »Gut, überredet! Wo treffen wir uns?«
     
    Eine Stunde später bin ich an Bord des Mississippi-Dampfers - der Touristenattraktion schlechthin -, ein Softeis in der einen, Lucia an der anderen Hand. Die italienische Sippe hat es sich auf dem Mitteldeck an einem Tisch bequem gemacht, Dominic holt währenddessen am Bord-Kiosk Getränke und Kuchen für alle.
    Plötzlich entdeckt Lucia drei Marienkäfer, die auf dem weißen Plastik entlangspazieren.

    »Guckt mal, die haben alle unterschiedlich viele Punkte. Der eine ist zwei, der andere vier und der dritte sieben Jahre alt. Lustig, oder?« Carla lacht und zieht ihre Tochter an sich.
    »Schätzchen, die Anzahl der Punkte bedeutet nicht, dass die Käfer so alt sind, sondern nur, dass es sich dabei um verschiedene Arten handelt.« Doch die kleine Nachhilfestunde in Biologie scheint Lucia eher mäßig zu interessieren. Stattdessen kommt ihr etwas Neues in den Sinn :
    »Onkel, lass uns zum Kapitän gehen!«, verlangt sie, die Flamenco-Puppe an ihre Brust gedrückt.
    Widerstrebend lasse ich mich von ihr zum Bug zerren und frage mich, ob man den Kapitän einfach so überfallen darf. Natürlich kann ich Lucias Wunsch nachvollziehen. Als Kind wollte ich bei Ferienflügen ebenfalls

Weitere Kostenlose Bücher