Luegst du noch oder liebst du schon Roman
trommelt.«
Dankbar gehe ich in meiner Rolle als stolze Mutter auf, kann seine Frage aber nicht beantworten, sondern lediglich Vermutungen anstellen.
Den Rest des Abends plaudern wir entspannt, und ich
bin verwundert, als der Kellner schließlich ungefragt die Rechnung bringt. Ich schaue mich um und stelle fest, dass wir die Letzten im Restaurant sind.
»Das ist mir schon ewig nicht mehr passiert«, sage ich erstaunt, während Tobias zahlt. Soll ich mich wirklich von ihm einladen lassen?
»Beim nächsten Mal bin ich aber dran«, erkläre ich, als wir gehen und Tobias, ganz der vollendete Gentleman, mir an der Garderobe in meine Jeansjacke hilft.
»Gibt es denn ein nächstes Mal?«, entgegnet er mit jungenhaftem Augenaufschlag, und jetzt werde ich doch ein wenig nervös. Gute Frage!
»Doch, warum nicht?«, antworte ich und sehe aus dem Augenwinkel, wie ein leises Lächeln Tobias’ Lippen umspielt. Während wir zu seinem Wagen gehen, legt er plötzlich den Arm um mich. Erstaunlicherweise fühlt sich diese Geste sehr vertraut an - irgendwie kuschelig. Ich schmiege mich an ihn, und so gehen wir den Rest des Wegs im Gleichschritt, durchaus keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich kaum kennt.
»Ich habe übrigens deine Frage von vorhin noch nicht beantwortet: Ja, ich glaube an Seelenverwandtschaft«, sagt Tobias unvermittelt, und ich halte kurz den Atem an. »Allerdings glaube ich, dass sie keine besonders gute Voraussetzung für eine Liebesbeziehung ist.«
Ich bleibe stehen.
»Und wieso nicht?«, frage ich verwundert.
»Akute Gefahr von zu viel Symbiose«, antwortet Tobias und bleibt ebenfalls stehen. Der Mond scheint auf sein Gesicht und verleiht ihm ein sanftes Strahlen.
Ob ich ihn einfach küsse?
»Ist Symbiose in deinen Augen etwas Negatives?«
»In einer Überdosis schon.«
Okay, ich halte mich besser erst einmal zurück.
»Habe ich dich erschreckt?«, fragt Tobias und zieht mich an sich. Sein Brustkorb ist viel schmaler als Olivers, und er duftet auch ganz anders. Weniger maskulin, wenn auch sehr gut.
»Ich glaube fest daran, dass zwei Menschen verschieden sein müssen, damit sich eine dauerhafte Anziehung entwickeln kann. Leidenschaft entsteht nur durch dieses Feuer der Gegensätzlichkeit.«
»So nach dem Motto: Reibung erzeugt Wärme?«
Tobias nickt.
Ich grüble. Was will er mir damit sagen? Dass wir uns zu ähnlich sind? Ich bin verwirrt. So ein Gespräch habe ich noch nie mit einem Mann geführt.
Ich beschließe, es für den heutigen Abend dabei bewenden zu lassen. Mein Leben ist auch so schon kompliziert genug!
Auf der Fahrt nach Hause schweigen wir. Im Gegensatz zu sonst fühlt sich dieses Schweigen angenehm und nicht bedrohlich an. Ich finde es beinahe schade, dass die Fahrt eine Viertelstunde später zu Ende ist. Soll ich ihn noch auf einen Kaffee hineinbitten?
»So, da wären wir«, sagt Tobias und hält in einer Parklücke vor meinem Haus, was an ein Wunder grenzt. Ist das jetzt ein Zeichen?
»Ja«, antworte ich lahm und krame umständlich in meiner Tasche, als suchte ich meinen Schlüssel.
»Ja, ja, Frauen und die unergründlichen Tiefen ihrer Handtaschen«, grinst Tobias und sieht mir zu. Er wirkt nicht gerade so, als hätte er Ambitionen, noch mit zu mir zu kommen.
»Hast du noch Lust auf einen Kaffee oder einen Schluck Baileys?«, höre ich mich plötzlich fragen. »Ich habe leider keinen Grappa oder so was da, nur dieses Mädchengetränk.«
»Willst du nur plaudern oder herausfinden, ob wir zu sehr seelenverwandt sind?«, lächelt Tobias provokativ und äußerst charmant.
»Keine Ahnung«, gebe ich ehrlich zu. »Momentan weiß ich gar nichts, außer dass ich nicht möchte, dass du jetzt nach Hause fährst.«
»Wenn das so ist, komme ich sehr gerne mit.«
Als ich die Tür zu meiner Wohnung aufschließe, bin ich auf einmal doch nervös. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass unser Abend einen solchen Verlauf nimmt. Tausend Fragen türmen sich in meinem Kopf: Welche Unterwäsche trage ich eigentlich? Wie lange ist es her, seit ich meine Beine rasiert habe? Wo habe ich die Packung Kondome hingetan, die ich für Mallorca gekauft habe? Und brauche ich sie überhaupt?
Doch all diese Fragen erübrigen sich, als Tobias mich bereits im Türrahmen küsst. Eine Minute später landen wir auf der Couch, und es fühlt sich alles vertraut an. Es fühlt sich vertraut an, ihn zu berühren und von ihm berührt zu werden. Und er ist wirklich verantwortungsbewusst. Wie durch
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