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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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nimmt, wenn er hört, dass eine Frau alleinerziehende Mutter ist?
    Ehe ich es mich versehe, ist es vier Uhr nachmittags, und ich bin nach wie vor zu keinem Ergebnis gekommen. Außerdem habe ich vergessen, den Tisch für heute Abend zu reservieren.
    »Wir nur noch Platz in Raum, wo man auf Boden sitzen«, erklärt mir ein freundlicher Kellner, als ich im Balutschi anrufe. Da er nicht besonders gut Deutsch spricht, vermute ich zunächst, dass es sich bei der Sache mit dem
Boden um ein sprachliches Missverständnis handelt. Ich nenne meinen Namen sowie die gewünschte Uhrzeit und gehe hoffnungsfroh davon aus, dass Samira und ich später wie geplant pakistanisch essen gehen.
    Irgendwie passt mir die Verabredung heute gar nicht, denke ich, nachdem ich mich endlich zu einer Dusche und einer längst überfälligen Rasur aufgerafft habe. Obwohl ich mich eigentlich auf das Date freuen müsste, fühle ich momentan nichts als Wut darüber, mich wieder mit dem Thema Franca herumschlagen zu müssen. Ich hatte sie doch endlich losgelassen, wieso ist sie also heute präsenter als je zuvor?
    Weder Musik noch eine Meditations-CD bringen den gewünschten Entspannungseffekt, meine Gedanken sind stets bei Franca und dem mir unbekannten Sammy.
    Wenn ich es recht bedenke, wundert es mich eigentlich gar nicht, dass sie Mutter ist. Ich habe doch von Anfang an gespürt, dass sie einen guten Draht zu Kindern hat, deshalb hat sie sich auch so oft nach Lucia erkundigt. Und die blöde Ausrede mit der Kinderkassette, die ihre Mutter angeblich abgespielt hat … Das war natürlich Samuel, der in den Hörer gequatscht hat, bevor Franca es verhindern konnte.
    Nachdem ich mir einen Tee gekocht habe, versuche ich es erst mit Atemübungen und danach mit einem der Bücher von Thich Nath Hanh - beides ohne Erfolg.
    Also beschließe ich zu guter Letzt, die Dinge im buddhistischen Sinne so zu nehmen, wie sie sind: Dann ist Franca eben wieder Bestandteil meines Lebens, wenn auch nur in gedanklicher Form. Ich werde diese Tatsache
akzeptieren, mich aber trotzdem nicht davon abhalten lassen, wie geplant einen schönen Abend mit der verführerischen Samira zu verbringen.
    Habe ich eigentlich noch Champagner?, frage ich mich und durchforste mein Weinregal. Zuletzt habe ich welchen getrunken, als ich mit Franca an der Elbe picknicken war …
    Ich wische jeglichen Gedanken an diesen romantischen Abend weg und stelle eine Flasche Sancerre in den Kühlschrank. Bestimmt ist es energetisch günstiger, ein anderes Getränk zu nehmen, wenn das mit Samira und mir klappen soll.
     
    »Guten Abend, mein Herr. Bitte mir folgen!«
    Ich durchquere das gut besuchte Balutschi und folge dem dunkelhäutigen Kellner mit den traurigen schwarzen Knopfaugen. Hinter einer kleinen, aus Holz gedrechselten Wand befindet sich ein Podest, das mit orientalischen Teppichen und zahllosen bunten Kissen bedeckt ist. Wie bei einem Wagen sind die Holztischchen allesamt tiefergelegt. Fassungslos betrachte ich dieses Szenario, das zwar kuschelig aussieht, es aber mit Sicherheit nicht ist. Auch hier scheint die Devise zu gelten: Der Schein trügt.
    »Bitte Schuhe ausziehen, mein Herr«, fordert Knopfauge mich lächelnd auf und deutet auf die vielen Schuhpaare, die vor dem Treppchen zum Podest stehen.
    »Seien Sie mir nicht böse, aber das möchte ich nicht«, sage ich so bestimmt wie möglich. Ich kann es schon nicht leiden, wenn ich bei Leuten zu Besuch bin und die
Schuhe ausziehen muss, weil Kleinkinder über den Boden robben, man Gefahr läuft, das edle Parkett aus Tropenholz zu ruinieren, oder die Nachbarn von unten Alarm schlagen, weil es zu laut ist. Keiner dieser Gründe ist in meinen Augen akzeptabel. Lieber suche ich das Weite, bevor ich mich in bereitgestellten Gästesocken oder Filzpantinen zum Affen mache.
    »Wenn nicht ausziehen Schuhe, dann leider kein Platz hier«, sagt der Kellner mit bedauerndem Schulterzucken und deutet auf den Raum, in dem kein einziger Tisch mehr frei ist. Warum habe ich Idiot bloß nicht rechtzeitig reserviert?
    »Gibt es irgendein Problem?«, fragt Samira (na endlich!) und lächelt fröhlich. Ich erkläre ihr kurz, was Sache ist, und hoffe auf eine Reaktion wie:
    »Dann lass uns eben woanders hingehen.«
    Pustekuchen!
    »Ach, nun hab dich nicht so«, lacht sie, und schwupps hat sie auch schon ihre roten Sandaletten abgestreift.
    »Hast du Socken mit Löchern an, oder warum guckst du so grimmig?«
    Der Abend fängt ja gut an …
    »Natürlich nicht«, grummle

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