Lukes Verwandlung (German Edition)
verschwinden zu lassen.
Luke war genau wie sein Vater das Opfer eines Despoten, der sich mit Macht und Geld ein Leben nach seinem Geschmack erkaufte. Aber einer solchen Niederlage würde er sich nie wieder stellen. Nie wieder würde Luke Donavan das Opfer sein.
1
Molly schloss leise die Tür hinter sich. Sie trat ein paar Schritte in den Raum und blieb dann stehen. Sie war schon oft hier gewesen, doch nie, um Madam Valerie um etwas zu bitten. Sie hoffte, dass ihr ihre Chefin nicht böse sein würde, wenn sie gleich darum ersuchte, aus ihren Diensten entlassen zu werden.
Molly hatte in den letzten Wochen viel über ihre Zukunft nachgedacht, und war schließlich zu einer Entscheidung gelangt. Sie konnte nicht ihr ganzes Leben für Madam Valerie und ihre Mädchen die Hausarbeit machen. Auch wenn alle noch so freundlich zu ihr waren, und sie sich wohl fühlte. Es war nicht so, dass sie sich zu schade für diese Arbeit war, oder etwas dagegen hatte hinter anderen herzuräumen. Sie wollte es nur nicht mehr ausschließlich für andere tun. Sie wollte eine Familie haben, einen Mann und Kinder, dann wäre ihr nichts von dem, was sie jetzt tat eine Last.
Ihre Absicht sich diesem Wunsch ein Stück mehr zu nähern, stand nur hier unter keinem guten Stern. Eine junge Frau, die als Hausmädchen für eine stadtbekannte Kurtisane arbeitete, zog kaum einen anständigen Mann an. Auch wenn Molly nicht der Arbeit nachging, die die Mädchen in Madams Haus verrichteten, wurde sie doch nur nach dem Tätigkeitsgebiet ihrer Arbeitgeberin beurteilt. Dabei bediente sie keine Kunden, sondern sorgte nur für Sauberkeit und Ordnung.
Und darum war ihr derzeitiger Job die denkbar schlechteste Voraussetzung, sich ihren Traum zu erfüllen. Selbst eine andere Arbeit würde ihr niemand geben. Die Empfehlungen einer Bordellbesitzerin hatten leider kein Gewicht. Darum sah Molly ihr Glück darin, in den Westen zu gehen, um dort nach einem Mann zu suchen.
Frauen waren im Westen Mangelware, so hatte sie es wenigstens gehört. Und viele Kirchengemeinden in den entlegenen Teilen des Landes kümmerten sich darum, dass eine willige junge Frau, einen anständigen Mann bekam. Schließlich wollten die Städte im Westen wachsen.
Molly hatte nichts zu verlieren. Ihre Mutter war schon bei ihrer Geburt gestorben und ihr Vater hatte all seine Energie darauf verwendet, sich zu Tode zu trinken. Ein Vorhaben, das er schließlich vor mehr als einem Jahr zu Ende gebracht hatte.
Es hatte Molly nicht gekümmert, dass auf Grund des schlechten Rufes ihres Vaters als Trunkenbold, ihre einzige Möglichkeit, ihren Unterhalt zu verdienen, in einem Freudenhaus zu finden war. Ob sie für Madam Valeries Mädchen putzte, oder hinter den verzogenen Gören aus besserem Hause hinterher räumte, spielte für sie keine große Rolle. Oder vielleicht doch, da die Freudenmädchen sie nie von oben herab behandelten oder für ihre Tätigkeit verspotteten.
Sie hatte schnell gelernt, dass diese Frauen mehr Herz besaßen, als manch eine Dame, die sich so scheinbar selbstlos für Bedürftige einsetzte. Eine Tätigkeit die nur dazu diente, sich einen guten Ruf in der Gesellschaft zu sichern.
Molly wollte nicht undankbar gegenüber ihrer Chefin sein, da diese sie nie dazu überreden wollte, in ihrem Geschäft eine andere Aufgabe zu übernehmen als sauberzumachen. Aber als Mädchen für alles in einem Bordell, sah sie für sich einfach keine strahlende Zukunft.
Zudem hatte sich in den letzten Monaten das Klientel in Madam Valeries Etablissement ein wenig geändert, und der Ton war rauer geworden. Ein Grund, warum Molly fürchtete, dass ihre Tätigkeit vielleicht bald nicht mehr nur auf Hausarbeit beschränkt sein könnte. Nicht dass ihre Chefin von ihr forderte, sie müsste einem Kunden auf ein Zimmer folgen, aber im angetrunkenen Zustand, konnten die Grenzen sich in den Augen der vergnügungssüchtigen Männer vielleicht verwischen. Und sie wollte nicht von einem Hausmädchen zu einem Freudenmädchen aufsteigen.
Molly war sich sicher, dass ihre Chefin von dem zunehmend gröberen Kunden nicht begeistert war. Aber Geschäft war nun einmal Geschäft. Und die Frau des Hauses war Profi genug, um auch diese Sache zu händeln. Doch sie selbst wollte sich nicht darauf verlassen, und lieber ihr Glück in ihrer persönlichen Zukunft suchen.
Madam Valerie, die in ihrem dekadent eingerichteten Arbeitszimmer vor einem großen Spiegel saß, warf dem Mädchen einen undurchschaubaren Blick zu.
Weitere Kostenlose Bücher