Lukianenko Sergej
sagen – sondern
um mir Auf Wiedersehen zu sagen!«
Trix blickte verlegen zu Boden.
»Hab ich also recht«, stellte der Baron fest. »Weiß der
Herzog Bescheid?«
»Er würde mich nie gehen lassen«, gestand Trix.
»Und was wird er sagen, wenn er hört, dass du verschwunden bist?«
»Ihr müsst es ihm erklären«, bat Trix. »Er respektiert
Euch. Ich kann nicht länger hier im Schloss hocken! Hier
gibt es nichts, was ich tun kann!«
Paclus strich sich über den Bart. »Annette!«, rief er.
Die Fee kroch unter dem Schal hervor. Sie trug eine
winzige Strickmütze auf dem Kopf, die sie sich bei
irgendeiner Puppe ausgeliehen hatte, die im ungenutzten
Schlafgemach der weiblichen Thronfolgerinnen vor sich
hin staubte.
»Pass auf ihn auf!«, befahl Paclus. »Verstanden?«
Annette nickte und zog sich ins Warme zurück.
»Schaffst du es bis zum Einbruch der Dunkelheit zu
Baron Galan?«
»Niemals.« Trix schüttelte den Kopf. »Aber auf halbem
Weg liegt ein ziemlich großes Dorf, dort werde ich in einer Schenke übernachten. Und Galan … vielleicht werde
ich gar nicht bei ihm vorsprechen. Er gefällt mir nicht!«
»Hast du Geld?«, fragte Paclus sachlich.
»Ja.«
»Egal!« Der Baron knüpfte einen schmalen Beutel von
seinem Gürtel. »Das meiste ist Silber … Aber Geld ist
Geld.«
»Danke, Sir Paclus«, sagte Trix. Er hatte wirklich
Geld dabei, durfte den Ritter aber nicht beleidigen, indem
er das Geld zurückwies.
Paclus nickte, schlug Trix mit seiner schweren, behandschuhten Hand auf die Schulter und stapfte zurück
zu seinen Kürassieren. Auf halbem Weg drehte er sich
noch einmal um und rief: »Richte einen Gruß aus!«
»Mach ich!«, versprach Trix und saß wieder auf.
Eine Reise im Winter ist kein Zuckerschlecken, selbst
dann nicht, wenn du ein gutes Pferd und Geld im Beutel
hast. Selbst dann nicht, wenn die Wege passierbar sind
und durch ungefährliche Gegenden führen. Selbst dann
nicht, wenn du ein echter Zauberer bist – denn davon
hast du nicht viel, es sei denn, du verstehst dich auf Teleportationsmagie.
Und die beherrschte Trix nicht. Deshalb erreichte er
den Turm des Zauberers Radion Sauerampfer in der Nähe
des Städtchens Bossgard erst am Mittag des letzten Tages
des alten Jahres.
Je näher er dem Turm kam, desto weniger winterlich
wirkte die Gegend. Sicher, es war auch hier kalt. Aber es
gab kaum noch graue Wolken, dafür aber einen klaren
blauen Himmel und eine strahlend gelbe Sonne. Obwohl
irgendwann kein Schnee mehr am Boden lag, wirbelte er
noch durch die Luft, bis auch das aufhörte. Das erstaunte
Pferd lief wieder über Gras, erst gelbes und vertrocknetes, dann grünes und saftiges. Hundert Meter vorm Turm
weigerte sich das Tier strikt weiterzugehen, bevor es etwas gegessen hatte.
Trix saß ab, band die Zügel an einen Baum, um den
herum es genug Gras gab, und ging zu Fuß zum Turm.
Am Eingang stand sein alter Bekannter, der graue Minotaurus Xeno. Zu Trix’ Verblüffung schien er sich zu
freuen, als er ihn sah.
»Sei grü … dnk«, röchelte er, als Trix näher kam.
»Guten Tag, Xeno«, erwiderte Trix. »Wofür willst du
mir danken?«
»Zane … Zone … Zon …«
»Für deinen Sohn?«, erriet Trix. »Wieso … Ach so!
Doch nicht dafür!«
Wie entschieden wurde, welche Arbeit Zauberwesen
bei dem Zauberer, der sie gerufen hatte, zu verrichten
hatten, wusste Trix nicht. Aber offenbar musste es da
Familientraditionen geben: Xeno und sein Sohn, beide
arbeiteten sie als Wächter.
»Ist dein Herr zu Hause?«, fragte Trix. Xeno nickte
energisch. Trix seufzte und nahm allen Mut zusammen.
Wenigstens war Annette bei ihm …
»Mein Lieber, ich werde wohl erst noch eine Kleinigkeit zu mir nehmen«, sagte die Fee, die unter dem Schal
hervorgekrochen kam und über die blühende Wiese flog.
Einmal mehr argwöhnte Trix, dass sie seine Gedanken
las – aber mit einem Familiar zu streiten brachte natürlich rein gar nichts. Er schickte ihr einen kläglichen Blick
hinterher und ging zum Turm.
Obwohl der Aufzug immer noch knarzte und gefährlich schaukelte, brachte er Trix unversehrt nach oben. Trix
zog die warme Felljacke aus, klopfte den Dreck von den
Stiefeln, strich sich über die Haare, nahm allen Mut zusammen und begab sich in Sauerampfers Studierzimmer.
Der Zauberer arbeitete an einem Zauberspruch.
Er saß an seinem Schreibtisch, kaute an der Feder und
beobachtete die verschwommenen Bilder, die sich in der
Kristallkugel drehten. Dann schrieb er einige Worte auf
ein
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