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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Lukka einmal gesagt. Er hätte gerne Medizin studiert, aber sein Vater hatte ihm keine Wahl gelassen. Darüber hatte er einmal gesprochen, als sie gerade neunzehn wurde und kurz vor dem Abitur stand. «Überleg dir gut, wie du dich entscheidest, kleine Maus. Du musst es dein Leben lang tun. Wenn es dich nicht ausfüllt   …»
    Sie hatte nicht lange überlegen müssen, hatte wie er keine Wahl gehabt. Seit dem Tod ihrer Mutter wollte sie Psychologie studieren. Ihr Studium hatte sie abgeschlossen, verfügte über ein Diplom, das sie befähigte, als Therapeutin tätig zu werden. Aber in ihrem Leben war kein Platz für die Nöte und Probleme anderer. Sie wollte mit ihrem Wissen um auslösende Momente, Zusammenhänge und Reaktionen nur den eigenen Schmerz bewältigen, den Verlust ihrer Mutter und ihre Hoffnung auf einen Vater, der Zeit für sie hatte.
    Ihr Vater hatte diese Zeit nie gehabt. Er war ein biederes Gemüt, hatte sich mit Zähigkeit hochgearbeitet vom Möbelschreiner zum Antiquitätenhändler. Ein Vermögen hatte er gescheffelt, zwei Läden eingerichtet. Er beschäftigte vier Verkäufer und stand selbst in der Werkstatt, von morgens bis abends, weil er mit seiner betuchten Kundschaft nicht umgehen konnte.
    Auch als ihre Eltern noch verheiratet gewesen waren, hatte sie ihn oft tagelang nicht zu Gesicht bekommen. Ihre Mutter vermutete, dass er sich von Holzwürmern ernährte, weil er nicht mal zum Essen in der Wohnung erschien. Allein mit ihr am Tisch verging ihrer Mutter dann meist der Appetit, und statt zu essen, trank sie. Ein paar Mal musste sie zur Kur, versprach anschließend jedesMal, dass jetzt alles anders würde. Aber es änderte sich erst etwas, als Heinz Lukka in ihr Leben trat.
    Wann genau und wo ihre Mutter ihn kennen gelernt hatte, wusste Miriam Wagner nicht, vermutlich in irgendeiner Bar in Köln. Aber sie erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem ihre Mutter sie zum ersten Mal mitnahm nach Lohberg. Die Scheidung lief, ihre Mutter wollte für die Übergangszeit eine Wohnung in der Kleinstadt mieten. Heinz Lukka war ihr bei der Suche behilflich, er vertrat sie auch bei der Scheidung, die auf seine Initiative hin eingereicht worden war.
    An dem Tag sagte ihre Mutter bestimmt hundertmal: «Du wirst ihn mögen, Herzchen.» Sie schwärmte von seiner Bildung, den exzellenten Manieren, ein Kavalier alter Schule, der genau wusste, womit man eine Frau glücklich machte. Besuche in der Oper, der Philharmonie oder einem Museum, Kunst und Kultur, Aufmerksamkeit und ein geduldiges Ohr für sämtliche Nöte. Heinz Lukka bot alles, was der Holzwurm nicht bieten konnte.
    Die Wohnung, die er für sie ausgesucht hatte, lag nur zwei Straßen von seiner Kanzlei entfernt. Ein Auto brauchten sie nicht, um ihn zu besuchen, nachdem sie die leeren Räume besichtigt hatten. Am Abend fuhren sie in seinem Wagen ins Dorf.
    Seine Wohnung lag am Marktplatz neben Jensens Apotheke. Eine bescheidene Wohnung, nur zwei Zimmer, Küche, Bad und eine winzige Diele, aber die Einrichtung war exquisit. Und er hatte einen Hund, Harras, der ihn freudig begrüßte und sich von ihr kraulen ließ. Miriam wünschte sich schon so lange einen Hund. Bisher war ihr das verweigert worden.
    Sie blieben über Nacht, weil die Wohnung in Lohberg noch nicht möbliert war und ihre Mutter zu viel trank, um zurück nach Köln zu fahren. Heinz Lukka machteeigenhändig für Miriam ein Bett auf der Couch im Wohnzimmer und trug seinem Hund auf, sie zu beschützen. Am nächsten Morgen kam er sehr früh aus dem Schlafzimmer, wollte wissen, ob die Couch bequem gewesen sei, sie gut geschlafen und Harras gut aufgepasst habe.
    Er nahm sie mit in die Küche. Sie durfte den Napf für Harras füllen, während er den Tisch deckte für ein gemeinsames Frühstück. Aber zuerst musste der Hund noch ins Freie. Und sie durfte ihn begleiten, durfte sogar die Leine halten.
    «Wir haben Zeit für einen langen Spaziergang», sagte er. «Die Mami schläft noch fest.» Ihre Mutter schlief immer fest und lange.
    Sie gingen mit dem Hund vom Marktplatz zur Bachstraße und weiter bis zum Ortsrand. Dort zeigte Heinz Lukka ihr ein großes Grundstück, auf dem er ein Haus bauen wollte für sie, ihre Mutter und sich selbst natürlich.
    «Wir haben sogar Platz für ein Schwimmbecken», sagte er. «Der Garten ist riesengroß.»
    Es stand noch ein Haus an der Stelle, eine windschiefe Kate, in der eine uralte Frau lebte – ganz allein. «Das kann nicht mehr lange so weitergehen», sagte

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